Kapitel 62-Was nun?

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Menschen, die sagen, dass ihnen Treue und Vertrauen in einer Beziehung wichtig sind, haben nicht kapiert, dass es Grundvoraussetzungen sind!

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René

Was mache ich nur falsch? Warum behandeln mich alle in letzter Zeit so schlecht?!

Nachdem mir erst Noel und dann auch noch mein eigener Freund so eine Ansage gemacht hat, wusste ich nicht mehr weiter. Eigentlich habe ich gedacht, dass ich mich immer auf Moritz verlassen kann. Aber das war anscheinend nur ein Wunsch. Ein sehr großer Wunsch, der in Sekundenschnelle zerplatzt ist. Einfach Peng!

Und was mich danach noch mehr geschockt hat! Dave hat sich einfach umgedreht und ist mit Paul ins Schlafzimmer gegangen! Sie haben mich einfach alle da so stehen gelassen!

Ich konnte nicht mehr. Eigentlich wollte ich ja stark sein. Den neuen René entdecken! Aber das geht wohl doch nicht... Es ist zu schwer.

Und was ich jetzt mache?!

Mitten in der Nacht habe ich meine Sachen gepackt und bin aus der Wohnung abgehauen. Wenn mich keiner mehr haben will, warum soll ich dann noch unnötig stören?!

Weder Paul, noch Dave haben etwas von meinem Auszug mitbekommen. Was hätten sie auch machen sollten? Vor meinen Augen jubeln und mich aus der Wohnung schieben?!

Jedoch sollte ich mir nicht mehr so viel Gedanken um alle machen. Vielmehr sollte ich mir überlegen, wo ich die nächsten Nächte verbringe! Denn ich kann ja wohl nicht unter der Brücke, oder auf einer Parkbank schlafen! Aber wo sonst?!

Zu Sarah und Stefan? Würden sie sich freuen?!

Vielleicht. Aber wenn, dann tauche ich erst morgen dort auf. Nicht mehr heute!

Doch dann!! Wie ein Gedankenblitz schießt es mir durch den Kopf! Wo war ich denn das letzte Mal, als Moritz mich betrogen hat?!

Genau!

In der alten Fabrik! Und genau darauf steuer ich auf direktem Wege drauf zu.

Jetzt kann ich nur hoffen, dass die Tür offen ist, oder wenigstens jemand da ist. Aber eigentlich will ich gerade alleine sein und meine Ruhe haben.

Es soll einfach nur offen sein! Hoffentlich mag mich der liebe Gott doch noch ein bisschen und lässt meinen Wunsch in Erfüllung gehen!

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Und ja. Er mag mich noch!

Denn als ich nach 20 Minuten endlich vor der großen Halle stehe, lässt sich das Tor problemlos zur Seite schieben.

Wie zu erwarten liegt jeder Winkel in absoluter Dunkelheit. Wer kommt auch schon mitten in der Woche und um diese Uhrzeit hier her?!

Na ja. Außer ich natürlich. Jedoch ist das eine Ausnahme!

Ich bin heute Abend ein Obdachloser. Und da ich die Leute kenne, die sonst hier so abhängen, penne ich einfach hier. Ist doch nichts dabei!

Vollkommen erschöpft schleppe ich mich zu dem großen Sofa und lasse mich einfach drauf fallen. Meine Tasche schmeiße ich unkontrolliert in die Ecke.

Heute ist einfach ein scheiß Tag. Eigentlich ja doch gar nicht. Der Vormittag mit Rico war einfach der reine Wahnsinn! Er ist so liebevoll und bringt mich ständig zum Lachen. So hätte ich ihn am Anfang gar nicht eingeschätzt! Beim Boxen hat er so hart und taff gewirkt. Als ob er zwei verschiedene Seiten an sich hat. Jetzt ist nur die Frage, welche mir besser gefällt...

"Na? Anstrengender Tag?"

Ziemlich erschrocken stemme ich mich blitzschnell hoch. Ich dachte ich bin alleine hier?!

Aber mit demjenigen, habe ich nicht gerechnet.

Noel.

"W...Was ....machst du den...n hier?!"

"Ich wollte ein bisschen alleine sein. Kann ich jetzt wohl vergessen."

"Ich kann auch gehen, wenn du willst?", schlage ich ihm vor, hoffe aber, dass er es ablehnt. Denn dann weiß ich echt nicht, wohin mit mir.

"Passt schon. Du wirst schon deine Gründe haben, warum du hier her gekommen bist."

Ohne mich richtig anzugucken, setzt er sich auf das andere Sofa und legt seufzend seine Beine auf den kleinen Tisch.

Anscheinend bedrückt ihn etwas. Soll ich ihn fragen? Aber das letzte Mal hat er mich so beleidigt!

"Los. Frag schon. Ich weiß doch, dass du mich was fragen willst!"

Er ist mein Bruder. Da hat auch der Streit und die Funkstille nichts dran geändert.

"Ja... Ist alles gut bei dir?"

Lachend schüttelt er den Kopf. "Glaubst du wirklich, dass alles gut bei mir ist?! Würde ich dann hier so sitzen?"

"Vermutlich nicht. Willst du mir sagen, was dich so beschäftigt?"

Zögernd steht er auf.

Was hat er jetzt vor?

Aber in der nächsten Sekunde beantworte ich es mir selbst. Noel setzt sich nämlich zu mir. Ziemlich nahe sogar. Warum tut er das?

"Hör zu. Seit Samstag geht es mir nur noch beschissen! Ich liebe dich so sehr! Aber ich kann das einfach nicht mehr."

"Was kannst du nicht mehr?", frage ich ihn vorsichtig und streichel ihm sanft durchs Haar.

"Dich! Uns! Das alles! Du machst mich einfach fertig."

"Aber..."

"Nein. René. Versteh das jetzt bitte nicht falsch. Ich will dich ständig um mich haben, aber das ist nicht gut. Nicht gut für MICH! Du wirst von jedem gemocht und angehimmelt. Ich selbst würde alles für dich tun! Aber ich habe das Gefühl, dass es dir am Arsch vorbeigeht. Und wenn ich jedes Mal eine gewisse Ablehnung von dir bekomme, fühle ich mich ein wenig ausgenutzt. Und als ich dich da mit Rico gesehen habe, konnte ich nicht anders. Ich habe mich wie das letzte Arschloch verhalten. Der einzige Grund war, dass ich mich nicht mehr so behandeln lassen wollte. Aber es war falsch von mir. Das ist mir klar! Und ich hasse mich so dafür, dass ich dir all diese Wörter an den Kopf geschmissen habe! Ich liebe dich doch!"

Wir sind beiden den Tränen nah. Wie kann er nur so etwas denken?! Ich würde ihn doch nie im Leben ignorieren, oder ausnutzen. Er ist mein Bruder. Mein Ein und Alles!

"Noel. Schatz. Das würde ich doch niemals machen! Nie in meinem gottverdammten Leben würde ich dich verletzten. Oder auch nur daran denken! Und wenn es dir so vorkam, dann tut es mir von ganzem Herzen leid! Du weißt doch, dass ich dich liebe."

Ich muss ihn jetzt einfach in den Arm nehmen. Dieser Moment tut so wahnsinnig gut. So sehr habe ich ihn die letzten Tage vermisst. Mein Zwillingsbruder ist einfach immer im richtigen Moment da, wenn ich ihm am dringendsten brauche. Ich habe keinen Schimmer, woher er das immer ahnt. Doch solange er es tut, ist es mir auch herzlich egal. Hauptsache er ist immer an meiner Seite.

Sweety (boyxboy)Where stories live. Discover now