Epilog

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Into The Darkness

Epilog

Ich musste draußen warten. Sie wollte mich nicht dabei haben. Ich war zwar der Vater, doch das war ihr nicht wirklich wichtig. Zumindest durfte Chester dabei sein und hielt mich per Nachricht stets auf dem laufenden. Ich war nervös. Zwar durfte ich beim letzten Mal auch nicht dabei sein, doch Chester genauso wenig und wir hatten beide brav in einem kleinen separaten Zimmer gewartet, so wie ich jetzt. Nervös fuhr ich mir durch die Haare. In den letzten Monaten war wieder alles glatter gelaufen als davor. Elliott und ich hatten keine wirklich Affäre mehr, manchmal treffen wir uns noch auf einen Kaffee und reden einfach nur zusammen, aber mehr auch nicht. Ich glaube Chester war insgeheim ziemlich froh darüber. Und mir ging es von Tag zu Tag besser und wir gingen auch wieder mehr in die Öffentlichkeit, hatte auf ein paar mehr oder minder wichtigen Festivals gespielt und hatten ein kleines Minialbum aufgenommen. Die Fans freuten sich natürlich darüber, doch wir hatten erklärt, dass sie sowohl auf die nächsten größeren Touren und auf ein richtiges Album warten mussten. Weil wir wieder Eltern wurden. Und deshalb wartete ich auch hier.

Die Geburt dauerte nun schon eine ganze Weile und musste bald soweit sein. Neugierig sah ich auf als sich die Tür zum Kreissaal quietschend öffnete. Mein Mann schob sich aus der Tür heraus, doch er hatte nichts im Arm und lehnte sich an die leere Wand. Dann nahm er seine Flasche Wasser vom Tisch und trank einen Schluck.

„Wie lange dauert es noch?" ,fragte ich schließlich.

„Die Hebamme meinte es dauert nicht mehr lange. Der Muttermund ist wohl schon weit genug offen." ,meinte er trocken und nahm noch einen Schluck.

„Dann sollte ich mir jetzt wohl keinen Kaffee holen." Der Brünette mir gegenüber schmunzelte.

„Vielleicht verpasse ich es gerade jetzt auch." ,grinste er.

„Vielleicht." Er nahm noch einen Schluck und stellte die Flasche gerade weg. Dann beugte er sich zu mir herunter und gab mir einen kurzen Kuss, wuschelte durch meinen Bart dabei.

„Ist ihr zufällig rausgerutscht was es wird?" ,fragte ich dann. Tobi und ich hatten immer noch ein ziemlich ambivalentes Verhältnis: Sie tolerierte mich, weil ich Chesters Ehemann bin und ich toleriere sie, weil sie Chesters Schwester ist. Sie hatte uns nie gesagt, welches Geschlecht unser Kind haben würde, so als würde sie mich damit ärgern wollen, aber vielleicht wollte sie uns einfach nicht überraschen.

„Sie benutzt andauernd männliche Pronomen. Ich glaube das Kind ist ein Junge." ,grinste er mich an.

„Das wäre schön. Naja eigentlich wäre es mir egal, aber es wäre wirklich schön."

„Wegen Florence, nicht?" ,fragte er mich und sah nachdenklich aus dem Fenster. Ich nickte und sah müde auf.

„Das wird schon, Mike. Ich geh wieder rein, ja?" Ich nickte erneut und sah zu Boden. Meine Vorfreude auf das Kind war mal wieder wie weggeblasen während Chester wieder hinter der milchigen Glastüre verschwand. Es war erstaunlich schwer für mich zu akzeptieren, dass das Kind bald kam und wir Florence irgendwie ersetzten. Aber das Leben musste nun einmal weitergehen, sagte Chester immer. Und das stimmte irgendwie auch. Ich war lange genug in meiner Melancholie gefangen gewesen, wegen dem Unfall, Florence tot und Chesters Amputation. Es war alles schwer gewesen, doch ich war daran gewöhnt und hatte mich sogar an die Prothese und alles gewöhnt. Um ehrlich zu sein, stand die Chester sogar ziemlich gut.

Ich hörte von Nebenan eine lauten Schrei und erschrag. Dann hörte ich etwas ganz anderes Schreien. Das Baby war bestimmt da! Ich stand schon auf, wollte hinüber gehen, doch dann kam mir schon Chester entgegen mit einem pastellgelben Handtuch in den Armen. Darin lag ein kleines, schrumpeliges Baby, die Nabelschnur war mit einer Klemme abgebunden, so wie es schon bei Florence gewesen war. Der kleine Junge sah mich mit seinen großen, dunkelbraunen Augen an. Er wirkte etwas erschöpft und schloss wieder die Augen. Schade. Ich hätte sie gerne länger gesehen. Chester legte ihn mir vorsichtig in die Arme.

„Hallo Ezra." ,lächelte ich ihn sanft an und drückte ihn sorgsam auf meine Brust.

„Ich mag den Namen." ,flüsterte der Brünette leise und drückte sich an meine Seite.

„Deshalb haben wir uns ja darauf geeinigt." Meine Ehemann lächelte mich schüchtern an und gab mir dann einen Kuss. Ziemlich bald wurde unsere Ruhe dann aber von der Hebamme gestört.

Mit ihr zusammen wog und maß ich Ezra. Dann wuschen wir ihn vorsichtig, trotzdem beschwerte er sich lauthals so als ob das Schreien förmlich in Chesters Familie lag und er bekam eine Windel und einen Anzug mir kleinen Wolken und Regenbögen angezogen, den wir für ihn mitgebracht hatten. Anschließend durfte ich ihn füttern und trug ihn dann zu Chester und Tobi.

Die beiden waren bereits in einem kleinem Zimmer untergebracht. Mein Mann saß bei ihr auf dem Bett und sie unterhielten sich über etwas, doch verstummten, als ich hereintrat und zu ihnen ans Bett kam. Vorsichtig legte ich den kleinen in Chesters Arm und setzte mich dann ans Bett.

„Du möchtest ihn sicherlich auch mal halten." Gierig nickte sie und bekam den Kleinen sofort von Chester überreicht. Sorgsam wog sie ihn in seinen Armen.

„Wie heißt er denn nun?"

„Ezra." ,sprachen Chester und ich wie aus einem Mund. Sie grinste.

„Und ich dachte schon ihr nennt ihn nach Mikeys Lover."

„Ich hab doch keinen Lover." ,meinte ich nur gruselig und sah weg.

„Tut mir leid, er ist da etwas empfindlich." ,entschuldigte sich Chester für mich.

„Schon in Ordnung. Und Ezra ist schon ein schöner Name. Passt zu Florence." ,lächelte sie und gab Chester das Baby zurück.

„Nun ja Tobi. Vielen Dank für alles. Das ist uns alles viel wert. Danke." ,bedankte sich Chester.

„Ja vielen Dank. Das ist echt nett." Chester sah genervt zu mir herüber - mein Danke, war aber auch nicht sonderlich gut. Den restlichen Tag verbrachten wir zu dritt und gegen Abend ließen wir Tobi und Ezra alleine, er musste schließlich noch ein paar Tage zur Kontrolle da bleiben, bis wir ihn mit nach Hause nehmen konnten.

Ein paar Tage später wurde Ezra dann aus dem Krankenhaus entlassen, Tobi ebenfalls. Wir hatten ihr angeboten noch ein paar Tage bei uns zu bleiben, doch sie hatte Angst eine zu enge Bindung zu dem Jungen aufzubauen und so nahm sie recht zügig den Zug nach Phoenix. Eigentlich Schade, denn wir wollten Ezra ja auch nicht seine Herkunft verschweigen oder gar den Kontakt zu seine leiblichen Mutter verbieten. Seine Eltern sind schließlich wir.

Ich hatte ihn gerade ins Bett gebracht und stand noch vor seiner Wiege, beobachtete den kleinen schlafenden Jungen. Über ihm drehte sich leise das Mobile im Wind. Wir hatten an Florence Zimmer kaum etwas verändert, nur etwas neue Kleidung gekauft, die ganzen Geschenke, die wir zu Geburt und Taufe bekommen hatten, sicher in Kisten verpackt und auf dem Dachboden eingelagert hatten. Außerdem hatten wir noch die Möbel umgestellt und ein paar kleinere, eher belanglose Details ausgetauscht.

„Kommst du, Schatz?" Ich drehte mich um und sah Chester an. Er lehnte lächelnd in der Türe. Ich erwiderte sein lächeln und sah ihn an.

„Ich mach noch schnell das Babyphon an." ,strich ich noch einmal durch das dichte, dunkle Haar des Jungen und schaltete das besagte Gerät dann an.

„Zieh noch mal die Spieluhr auf." ,meinte Chester. Ich folgte seiner Bitte und verließ dann den Raum, schloss die Türe hinter mir. Langsam ging ich nach ihm ins Schlafzimmer und legte mich, nachdem ich kurz im Bad gewesen war, neben meinen Ehemann ins Bett. Zufrieden nahm ich ihn in den Arm und drückte mich an seinen Rücken. Er roch ziemlich gut, naja eigentlich wie immer. Ich legte meinen Arm um seinen Bauch und streichelte über diesen. Er seufzte leise. Wie ein kleines Baby, das half Ezra auch immer, wenn er nicht schleifen konnte.

„Hab dich lieb, Mikey." ,seufzte er und schmieg sich näher an mich heran und legte eine Hände auf meine.

„Ich dich auch." ,küsste ich seinen Nacken.

„Du gehst diese Nacht, wenn er schreit." ,meinte er.

„Gute Nacht." ,grummelte ich und biss ihm neckisch in den Nacken. Er gluckste nur.

„Dir auch, Arsch."

„Selber Arsch." 

Into The DarknessWhere stories live. Discover now