KAPITEL 8 | DEAN

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SYDNEY IST NERVÖSER als ich.

Wir befinden uns im Badezimmer, in dem sie seit ungefähr einer Minute in einer Schublade herumkramt. Ich weiß nicht ganz nach was sie sucht, aber ich schätze es ist eine Bürste oder eine Schere. Wenn ich daran denke, dass mir jemand nach Monaten wieder die Haare schneidet, dann ist Nervosität nicht das, was ich spüre. Eher Aufregung. Freude, dass sich jemand um mich kümmert, so seltsam das auch klingt.

Bei Gavin habe ich immer Zuflucht ─ und eine warme Dusche ─ bekommen, aber dass Sydney, die mich immer noch kaum kennt, bereit ist dasselbe zu tun, löst in mir den Knoten in meiner Brust ein wenig. In ihrer Nähe fühle ich mich unbeschwert und mehr wie ich selbst, genauso wie ich es vor Hollyns Tod gewesen bin.

Außerdem tut mir ihre Anwesenheit gut. Genau wie jetzt, denn sie steht immer noch vor mir und beugt sich jetzt so weit hinunter, dass ich den Blick von ihrem Hintern nicht nehmen kann, obwohl es wahrscheinlich besser gewesen wäre. Ich ignoriere die Dinge, die sie mit mir anstellt so gut es geht und beiße die Zähne fest aufeinander.

Sie dreht sich zu mir um und bemerkt, auf welchen Teil ihres Körpers ich gerade geschaut habe. Ihre Augenbrauen, die ein paar Nuancen dunkler sind als ihre Haare, schießen in die Höhe und sie sieht sichtlich überrascht aus.

Aus der Überraschung wird aber schnell Wut, jedoch mache ich zuerst den Mund auf. »Ja, es könnte sein, dass ich dir auf den Hintern geschaut habe, aber du musst zugeben, dass du es auch ein bisschen drauf angelegt hast, dass ich ─«

Sie unterbricht mich mit einem kleinen Lächeln. »Ach, halt die Klappe.«

»Halt du die Klappe«, gebe ich zurück.

»Zwing mich doch, wenn du kannst.«

Sie legt es wirklich immer wieder darauf an. »Das werde ich, Curly, aber du wirst dabei vielleicht auch ein bisschen stöhnen müssen.«

Die Grenze, bei der Sydney mir noch widersprechen kann, ist hiermit überschritten, denn sie dreht sich weg von mir, um die aufsteigende Röte zu verstecken. Sie ist so unglaublich süß und verklemmt, dann ist sie aber wieder aufbrausend und direkt. Und ich sitze hier und kann mich nicht entscheiden, welche Seite mir an ihr besser gefällt.

Als Sydney sich wieder zu mir umdreht, liegt ein Lächeln auf ihren rosa Lippen und ich muss mich zwingen ihr in die Augen zu schauen, die schelmisch funkeln. »Ich wäre dann soweit. Und du?«

Ich nicke und lasse zu, dass sie mir ein Handtuch um die Schultern legt. Als ich das Geräusch der Schere höre, von dem ich mir sicher bin, dass sie es extra ausgelöst hat, um mich nervös zu machen, muss ich sagen, dass es ihr vollkommen gelingt. Sydney würde ich vieles zutrauen, auch dass sie meine Haare extra schief schneidet, nur um mir eins auszuwischen.

Sie lacht plötzlich. »Beruhige dich, Dean. Wenn du so herumzappelst, kann ich nicht gerade schneiden.« Ihr Mund kommt meinem Ohr nahe, so nah, dass ich ihr Lächeln auf meiner Haut spüre. »Und das ist doch deine größte Befürchtung gerade, hab ich recht?«

»An deiner Stelle würde ich mich nicht so über mich lustig machen, Curly.« Meine Mundwinkel heben sich spöttisch. »Immerhin bin ich der Kriminelle von uns beiden, hab ich recht?«

Ich spüre, wie sie bereits anfängt zu schneiden und stelle mir dabei ihr konzentriertes Gesicht vor, während sie sich fragt, ob ich meine Worte gerade ernst gemeint habe. Sydney hat zu hundert Prozent keine Angst vor mir, was aber nicht bedeutet, dass sie mir automatisch vertraut.

Und das will ich unbedingt ändern. »Es war nicht ernst gemeint, das schwöre ich.«

»Ich weiß, Dean.« Sie fährt mir kurz durch die Haare, vielleicht um die Länge abzuschätzen, aber es verursacht eine Gänsehaut auf meinen Armen. »Kann ich dir eine Frage stellen?«

Dean Walker | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt