KAPITEL 11 | DEAN

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GERADE EBEN IST Gavin noch in sein Videospiel vertieft gewesen, doch jetzt schleudert er die Konsole weg und kommt direkt auf mich zu. »Ich finde, wir sollten uns heute eine Auszeit gönnen. Candice hat mir eine Adresse geschickt, wo heute eine Party steigen soll.«

Ich will gerade in mein Sandwich beißen, da schnappt Gavin es mir vor der Nase weg und isst es selbst. Nur weil er derjenige gewesen ist, der die Lebensmittel besorgt hat, lasse ich es ihm durchgehen und mache mir mies gelaunt noch eins. »Ich habe nach der letzten Party eigentlich keine Lust mehr auf noch eine.«

»Candice kommt heute extra für dich. Fast so wie in alten Zeiten.«

Dass Candice, Gavin und ich in der Highschool befreundet gewesen sind, hat absolut nichts damit zu tun, dass sie genau weiß, wo ich mich befinde. Es liegt daran, dass Gavin bei jedem anderen die Klappe halten kann, ihr aber sofort alles erzählt hat und das seit meiner Flucht. Wenigstens kann sie dichthalten.

»Du hockst in dem alten Schuppen meines Onkels schon viel zu lange, Dean. Ein bisschen Spaß haben wird uns beiden guttun. Außerdem kommen dort so viele Leute, dass du überhaupt nicht auffallen wirst.«

Ich habe immer noch keine Lust.

»Sydney kommt übrigens auch.«

Gespielt gleichgültig lehne ich mich zurück. »Wie sicher bist du dir deswegen?«

»Bronwyn meinte heute zu mir, dass sie Sydney zwingen wird und sie gar keine andere Wahl hat«, antwortet Gavin. »Ich bin mir also sehr sicher.«

»Dann gehe ich jetzt duschen.« Schon bin ich auf den Beinen und höre Gavin hinter mir lachen. Es freut mich, dass er es amüsant findet, wie fixiert ich auf Sydney bin, denn ich gebe mir ja nicht einmal besonders viel Mühe, es zu verstecken. Trotzdem bin ich misstrauisch. »Was ist so lustig, Gavino?«

Er verstummt sofort. »Meinen richtigen Namen wirst du nie wieder in den Mund nehmen. Es reicht schon, dass meine Mom mich so nennt.«

Grinsend schnappe ich mir ein Handtuch.

»Ich lache nicht, weil ich die Vorstellung von dir und Sydney absurd finde.« Gavin wird plötzlich ernst und sieht mich ehrlich an. »Es ist einfach ungewohnt dich so zu erleben. Ich kann mich nicht an das letzte Mal erinnern, als du so vernarrt in ein Mädchen warst.«

Ich kann mich auch nicht erinnern, weshalb ich darauf nichts zu erwidern habe.

Bevor wir am späten Abend gehen, setze ich mir aus Gewohnheit die Baseball-Kappe auf und ziehe sie mir so tief ins Gesicht, dass die Hälfte davon verdeckt wird. Während der Autofahrt, die mir länger vorkommt als sonst, sehe ich mich fast schon paranoid um, obwohl kein einziges Polizeiauto in der Nähe ist. Trotzdem beäuge ich jedes vorbeifahrende Auto genauestens. Neben uns ist ein Typ am Steuer, der gerade über irgendetwas lacht, das seine Freundin neben ihm gesagt hat. Dass ich furchtbar eifersüchtig auf die Unbeschwertheit bin, die ihn umgibt, muss ich wohl gar nicht erwähnen, aber ich versuche dieses Gefühl zu verdrängen.

Seufzend lehne ich den Kopf zurück und atme ein paar Mal tief durch, während ich mir Dinge vorstelle, die mich ablenken und die jedoch nicht in meinem Leben vorhanden sind.

Ich weiß nicht, warum ich aufgeregter bin. Wegen der viel zu hohen Chance aufzufliegen und erneut Xander zu begegnen oder wegen Sydney.

»DEAN!«

Wir befinden uns bereits vor Candices Haustür, als plötzlich ein Mädchen aus dem Gebüsch kommt und mich mehr erschreckt, als sie denkt. Für eine Sekunde dachte ich, dass Xander hier wäre, aber da ist sie mir doch lieber.

Dean Walker | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt