KAPITEL 19 | SYDNEY

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ICH HABE NOCH nie richtigen Liebeskummer am eigenen Leib erfahren und ich wünschte, es wäre mir für immer erspart geblieben.

Es fühlt sich nämlich scheiße an.

In den letzten zwei Tagen bin ich zu keiner meiner Vorlesungen gegangen, aber der Grund dafür ist nicht nur Dean gewesen. Es lag auch daran, dass ich Gavin und Kolin dort gesehen hätte und diese Begegnung will ich auf jeden Fall vermeiden, zumal Kolin sowieso noch einmal mit mir reden wollte, wie er letztens angedeutet hat. Hunter würde ich auch ständig zu Gesicht bekommen und obwohl ich noch kein Wort mit ihm gewechselt habe, jagt mir sein stechender Blick, den er mir ständig zuwirft, eine Heidenangst ein.

Weil ich sowieso nichts anderes zu tun habe, als auf der Couch zu sitzen, betrachte ich meine Hände und zähle dabei irgendwelche sinnlosen Dinge an meinen Fingern ab.

Eins steht für die Person, an die ich ununterbrochen denken muss ─ Dean.

Zwei steht für die Tage die vergangen sind, seit er sich wie das letzte Arschloch verhalten hat.

Drei steht für die Tafeln Schokolade, die ich seitdem gegessen habe.

Vier steht für die Menschen, auf die ich sogar noch wütender bin als auf Dean ─ Gavin, Kolin, Hunter und Xander.

Und fünf steht für die Frage, ob es mir bessergeht, die Bronwyn mir heute fünf Mal gestellt hat.

»Hat Liebeskummer eigentlich irgendeine Ablaufzeit?«, frage ich Bronwyn, die mir einen Tee und einen Teller mit einem Stück von ihrem leckeren selbst gebackenen Apfelkuchen in die Hand drückt.

Dann erst setzt sie sich nach ihrem langen Tag neben mich und deckt uns lachend zu. »Ist die Frage ernst gemeint?«

»Eigentlich nicht.«

»Das dachte ich mir schon«, entgegnet sie grinsend. Dann wirft sie mir einen besorgten Blick zu. »Ich kann dir aber sagen, dass es dir bessergehen wird, wenn du endlich wieder rausgehst. Du solltest dein Studium nicht wegen ihm vernachlässigen, Syd.«

Sie hat so Recht, aber ich habe trotzdem nicht vor auf sie zu hören.

»Außerdem warst du nie mit ihm zusammen«, fügt sie wenig empathisch hinzu. »Was nie begonnen hat, kann also auch nicht enden. So musst du das sehen.«

»Es ist ja nicht nur die Tatsache, dass er mich und meine Hilfe offensichtlich nicht will. Ich mache mir auch Sorgen um ihn, Bron, immerhin sind zwei Tage vergangen und er könnte weiß Gott wo sein. Ich kann ihn nicht erreichen, weil er kein Handy besitzt. Ich weiß nicht, ob er einigermaßen zurechtkommt. Ich weiß gar nichts. Und ich bereue die ganze Zeit, dass ich einfach gegangen bin. Ich hätte weiter nachbohren müssen ─ ich hätte ihn verdammt noch mal nicht stehen lassen sollen.«

Bronwyn schüttelt den Kopf. »Hör auf. Das tut dir nicht gut und macht die Dinge nicht einfacher.«

Ich vergrabe stöhnend das Gesicht in meinen Handflächen und wünsche mir sehnsüchtig, dass es an meiner Tür klopft und Dean davorsteht. Aber als ich die Hände von meinem Gesicht wieder entferne, sehe ich nur Bronwyn, die gerade einen Schluck von meinem Tee nimmt und sich die Zunge verbrennt.

»Ich glaube, ich sehe ihn nie wieder«, murmele ich.

»Das glaubst auch nur du. Der Kerl ist verrückt nach dir, Sydney, und das sieht jeder, der mit euch im selben Raum ist. Er wird sich beruhigen und dann hierherkommen, du wirst schon sehen.«

Da bin ich mir nicht so sicher. Dean denkt, er hätte es nicht verdient jemanden zu haben, der ihn unterstützt, vor allem jetzt nicht, nachdem sich herausgestellt hat, dass Ron Weasley ein Idiot ist. Sobald ich mich wieder aus der Wohnung traue, würde ich Gavin wehtun, das steht fest.

Dean Walker | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt