BONUS (2)

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Schlecht gelaunt lief ich die Stufen runter und zwängte mich durch die Studenten die sich aufgeregt verabschiedeten. Wir haben nur zwei Wochen Ferien und sie benehmen sich als ob sie sich nie wieder sehen würden. Müde gähnte ich und stoß aus Versehen gegen einen Jungen. Trotz dass ich mich entschuldigt habe, motze er mich an und ging schimpfend weg. Ich zuckte mit den Augen und knirschte mit den Zähnen. Gerade wollte ich auf ihn losgehen da packte mich zwei starke Arme und hielten mich zurück.

„Ruhig, Tiger.", sagte Samuel und hielt mich lachend zurück. Ich riss mich von seinen Armen und strich meine wild gewordenen Haaren zur Seite. Erst lachte Samuel noch, doch als er mich näher ansah, zerfiel dieses. Er kam mir näher und legte seine Hand an meine Wange.

„Was ist passiert?", sagte er und sah mich besorgt an.

Was passiert ist? Ich habe gestern mitbekommen dass der Vater meiner alten besten Freundin und meiner ersten große Liebe gestorben ist und ich deswegen die ganze Nacht nicht schlafen konnte. Ich habe ein schlechtes Gewissen und konnte kein einziges Mal mein Auge zu machen. Zudem konnte ich mich bei der Klausur nicht einmal konzentrieren und mein Professor hat mich dazu noch provokant angeschaut. Jetzt habe ich eine lange Fahrt bis nach New York vor mir und muss mich den Leuten stellen vor den ich einfach so abgehauen bin.

Bin ich bereit dazu? Nein, ganz und garnicht...

„Mariah?", fragte Samuel und strich mir eine Strähne zur Seite. Ich schluckte schwer und schüttelte leicht mit den Kopf.

„Ein Bekannter ist gestorben und ich werde jetzt mit meiner Mum mit dem Auto nach New York fahren.", sagte ich und er sah mich überrascht an. Langsam wurde es leerer auf dem Campus da sich die Studenten verteilten und nach Hause gingen. Nur Samuel und ich standen noch wie zuvor da.

„Oh, das tut mir leid.", sagte er traurig und runzelte mit der Stirn. Ich lächelte leicht und blickte auf dem Boden.

„Mach nicht so ein Gesicht, kleines. Auch wenn es Zeiten gibt die man so schnell wie möglichst los werden will, enden sie irgendwann.", sagte er und versuchte mich aufzuheitern. Ich sah ihn dankend an und nickte mit dem Kopf.

„Komm her.", sagte er und drückte mich zu sich. Er umarmte mich und ich legte meinen Kopf auf seine Brust. Ich genoss seine Wärme und legte meine Arme um seine Brust. Er streichelte mir beruhigend auf den Rücken und versteckte seinen Kopf in meine Haare. Plötzlich hupte ein Auto und wir trennten uns von der Umarmung. Ich bemerkte meine Mutter die im Auto auf mich wartete.

„Pass auf dich auf in New York. Ich werde dich vermissen.", sagte Samuel.

„Ich werde dich anrufen.", sagte ich und küsste ihn auf seine Wange. Er lächelte breit und nickte.

„Das hoffe ich doch.", sagte er grinsend. Ich drehte mich dann um und lief durch den Campus zum Auto. Bevor ich einstieg drehte ich mich nochmal um und winkte Samuel zu. Dieser winkte zurück und ich stieg ein. Dann fuhr meine Mutter los und ich sah vom Spiegel aus wie Samuel immer weiter verschwand.

„Das sah nicht so aus als ob zwischen euch nichts läuft.", sagte meine Mutter plötzlich und grinste mich schief an.

„Wir sind nur gute Freunde.", sagte ich und schnallte mich an. Sie nickte dann und blickte wieder auf die Straße. Dann schaltete ich den Radio an und lehnte mich zurück. Denn die Fahrt wurde lange dauern und ich muss immer noch den Schlaf von gestern nachholen.

————

„Steh auf, Süße. Wir sind da.", weckte mich meine Mutter auf und rüttelte leicht an meiner Schulter. Tatsächlich konnte ich schlafen und habe die ganze Fahrt verschlafen. Ich blickte verschlafen auf und erkannte mein altes Haus. Als ich mich an die alten Erinnerung an diesem Haus erinnerte, lächelte ich leicht. Da es schon dunkel war konnte ich zwar nicht viel erkennen aber trotzdem fühlte mich sofort wieder zu Hause.

„Komm und hilf mir mit den Taschen.", sagte meine Mutter und stieg aus dem Auto. Ich folgte ihr und als ich ausstieg dehnte ich mich erst. Dann half ich ihr die Taschen die Stufen hoch zur Haustür zu tragen.

„Dein Vater hat gerade Spätschicht weshalb er erst morgen früh zum Frühstück kommen wird.", sagte meine Mutter während sie die Haustür aufmachte.

Bevor ich mit meiner Mutter wegzog lebte ich eigentlich mit meinem Vater. Dieser aber war sehr oft in der Arbeit da er ein sehr wichtiger Arzt in unserem Krankenhaus ist. Deswegen nahm er es mir auch garnicht übel als ich mit meiner Mutter wegzog. Im Gegensatz, er war sogar erleichtert darüber dass er mich nicht mehr alleine zu Hause lassen muss.

„Ich mache schnell den Strom an.", sagte meine Mutter und sprintete runter zum Keller. Ich blickte mich derweil im alten Haus meiner Mutter um und realisierte erst wie sehr ich es doch vermisst hatte. Zwar war die Trennung meiner Eltern am Anfang ziemlich schwer für mich aber ich kam am Ende ganz gut damit klar.

Plötzlich gingen die Lichter wieder an und meine Mutter kam wieder zu mir. Sie lächelte und seufzte erleichtert auf.

„Lass uns jetzt lieber schlafen gehen. Es war schließlich eine lange Fahrt.", sagte sie und ich nickte einverstanden. Dann liefen wir jeweils mit den Taschen in unser Zimmer. In meinem Zimmer angekommen schaltete ich das Licht und die Heizung an. Dann wechselte ich schnell die Bettwäsche und ordnete meine Kleidungen im Schrank. Unsere Nachbarin war so lieb und hat etwas sauber gemacht vor unserer Ankunft, weshalb es garnicht dreckig oder staubig hier war.

Da ich auf der Fahrt die ganze Zeit geschlafen habe war ich garnicht müde und wollte auch nicht schlafen gehen. Auch musste ich die ganze Zeit an Carolin denken. Wie es ihr gerade geht und was sie macht.

Ich öffnete mein Fenster und setzte mich ans Fensterbank. Die frische Luft genießend blickte ich auf die Sterne und schloss meine Augen. Nachdem ich lange mit mir diskutiert habe, nahm ich all meinen Mut und entschloss mich dazu sie anzurufen. Die Nummer von ihr hatte ich noch und ich kann nur noch hoffen dass sie es nicht gewechselt hat. Und natürlich das sie jetzt nicht schläft. Sonst wäre das ziemlich peinlich.

Ich schluckte schwer und wählte ihre Nummer. Als nach paar mal piepen keiner ranging wollte ich schon auflegen als es plötzlich aufhörte.

„Hallo?" sagte plötzlich eine weibliche Stimme. Mein Herz raste wie wild und mein Hals fühlte sich plötzlich so trocken an.

„Mariah?", sagte Carolin vorsichtig und mir kamen die Tränen hoch.

„Hallo Carolin.", sagte ich und es lag eine Stille zwischen uns. Ich hatte Angst dass sie sauer auf mich ist und wieder auflegen würde aber sie sprach weiter.

„Es ist so schön deine Stimme wieder zu hören.", sagte sie weshalb ich auf lächelte. Ich nickte obwohl sie es garnicht sehen konnte.

„Ich weiß es ist schon spät und wahrscheinlich bist du müde. Aber ich bin gerade in New York angelangt und wollte dir besch-.", sprach ich, doch sie unterbrach mich.

„Lass uns jetzt treffen.", sagte sie weswegen ich verstummte.

„Natürlich wenn du willst.", stottert sie und wurde leise.

„Natürlich will ich.", sagte ich lächelnd.

Dann machten wir aus wann wir uns treffen würden und lagen dann auf. Mit einem rasenden Herz zog ich mir einen Pullover über und machte mir einen Zopf. Dann schlich ich mich aus dem Haus und machten mich auf dem Weg.

Auf dem Weg meine beste Freundin nach langer Zeit wieder zu sehen.

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