BONUS (4)

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Wir bogen um die Ecke und erreichten die Gegend wo die superreichen in New York leben. Ich habe schon immer diese Villen bewundert und auch diesmal sah ich erstaunt durch die Gegend. Gerade fuhren meine Mutter und ich zu Carolins Haus und wollen ihre Mutter besuchen. Mein Herz pochte leicht und ich wackelte nervös mit meinem Bein. Denn es könnte sein dass ich dort eine bestimmte Person treffen könnte, wovor ich sehr Angst habe.

Nachdem Frühstück mit meinem Vater heute morgen zog ich mir ein weißes Sommerkleid und dazu passende Ballerinas an. Danach fuhren wir auch schon direkt los.

„Wir sind da.", sagte meine Mutter und tatsächlich konnte ich das prachtvolle Anwesen der Lopéz erkennen. Uns wurden die Tore geöffnet und wir fuhren durch den Hof. Das Auto stoppte meine Mutter in der Ecke und sie schaltete den Motor aus.

„Bist du aufgeregt?", fragte meine Mutter mich und blickte zu mir. Ich zuckte leicht mit den Schultern und biss mir auf die Unterlippe. Sie lag ihre Hand auf meine und sah mich ermutigend an. Dann stieg sie aus und ich folgte ihr. Zusammen liefen wir durch den Hof und gingen die Stufen hoch zur Haustür. Diese wurde uns sofort von Bediensteten geöffnet und wir betraten in das Innere. Ich blickte mich um und bemerkte sofort dass sich nichts geändert hatte. Es sah genau so aus wie vor zwei Monaten. Plötzlich kam Clarissa, die Mutter von Carolin, und öffnete ihre Arme.

„Ihr seid endlich da!", sagte sie und umarmte meine Mutter. Beide lächelten und umarmten sich lange. Nachdem sie sich gelöst hatten blickte sie zu mir.

„Hallo, Mrs. Lopèz.", sagte ich und lächelte leicht. Vielleicht hasst sie mich ja weil ich ihren Sohn verlassen habe. Aber sie lächelte breit und nahm mich ebenfalls in eine Umarmung.

„Es ist schön dich wieder zu sehen.", sagte sie während wir uns wieder lösten. Ich lächelte was sie sofort erwiderte.

„Lass uns draußen in Ruhe einen Café trinken. Du kannst zu Carolin hoch ins Zimmer gehen, liebes.", sagte sie und ich nickte einverstanden. Während die beiden dann in den Garten liefen, lief ich die Treppen hoch ins zweite Stock. Dabei sah ich mich um und viele Erinnerungen kamen wieder hoch. Ich habe in diesem Flur mehr erlebt als ich es lieb habe. Vor Carolins Tür blieb ich stehen und blickte kurz zur Seite. Ricardos Zimmer war am Ende des Flures und die Tür war geschlossen. Ob er wohl zu Hause ist?

Ich klopfte leicht an Carolins Tür und öffnete diese langsam. Als ich reinblickte sah ich Carolin auf ihrem Fensterbank sitzen und weinen. Sofort trat ich ins Zimmer und schloss wieder die Tür. Als sie mich sah erblickte sie überrascht zu mir und wischte ihre Tränen schnell weg. Ich ging auf sie zu und setzte mich neben ihr.

„Ich bin mit meiner Mutter hier.", klärte ich sie auf und sie nickte verstehend. Ich lächelte sie warm an und legte meine Hand auf ihre. Sie schluckte schwer und versuchte ihre Tränen zurück zu halten. Plötzlich hob sie mit der anderen Hand ein Bild hoch und zeigte es mir. Auf diesem Bild war ihr Vater und sie als Kind drauf, wie er sie hochtrug und wie beiden überaus glücklich in die Kamera lächelten.

„Es ist mein Lieblingsbild mit ihm.", sagte sie und legte ihren Kopf auf meine Schulter.

„Es ist ein wunderschönes Bild.", sagte ich und sah das Bild lächelnd an.

„Er ist schon wochenlang weg und trotzdem heule ich ihm wie ein Baby hinterher.", sagte sie und seufzte.

„Und daran ist auch nichts schlimm, Carolin. Bist du traurig? Willst du weinen? Dann tu es. Denn daran ist nichts verkehrt.", sagte ich beruhigend. Sie blickte zu mir hoch und lächelte traurig.

„Zum Glück bist du wieder da. Ich glaub ich könnte die Beerdigung morgen ohne dich garnicht durchstehen.", sagte sie. Als ich ihr antworten wollte, klingelte plötzlich ihr Handy. Sie sah mich kurz entschuldigend an und ging dann ran. Während sie mit jemanden telefonierte blickte ich wieder auf das Bild und sah es mir genauer an. Mir wurde erst jetzt bewusst wie sehr sich tatsächlich Ricardo seinem Vater ähnelte. Genauso wie es der Vater mal war ist auch Ricardo ein echt gut aussehender Junge. Es ist mir immer noch ein Rätsel wieso Ricardo mit mir zusammen sein wollte. Mit seinem Aussehen könnte er jede haben. Aber er wollte mich.

„Ich gehe mal kurz auf die Toilette.", gab ich kurz Carolin Bescheid die immer noch telefonierte. Sie nickte und ich verließ darauf hin das Zimmer. Die Toilette war am Ende des Flures und war zu den Treppen gerichtet. Ich lief dorthin und drückte den Klingel runter. Doch als ich eine Gestalt die Treppen hoch kommen hörte stoppte ich und drehte mich um.

Die braunen verwuschelten Haare, diese hellbraunen Augen und diese geprägten Kieferknochen kamen mir sofort bekannt vor. Seine angsteinflößende Größe und diese breiten Schultern könnte ich auch im Dunkeln wieder und wieder erkennen. Genauso wie ich ihn sprachlos ansah, sah er mich ebenfalls geschockt an. Er stieg die letzte Stufe hoch und blieb zwei Metern vor mir stehen. Ich schluckte schwer und blickte zu ihm. Sein Blick durchbohrte mich, weshalb es mir plötzlich so warm wurde. So standen wir dort, sagten kein Wort und sahen uns nur in die Augen.

Doch sein verletztes und überraschtes Gesichtsausdruck zerfiel und er sah mich eiskalt an. Er ging einfach an mir vorbei und lief den Flur runter in sein Zimmer. Als er seine Tür laut zu schlug zuckte ich zusammen und blinzelte stark. Erst jetzt bemerkte ich wie ich die ganze Zeit meinen Atem gestoppt hatte. Ich brauchte erst eine Weile um mich wieder zusammen zu reißen und mich wieder zu bewegen. Bevor ich in die Toilette ging blickte ich wieder zu Ricardos Tür und schluckte schwer. Ich kann es nicht fassen dass ich ihn wieder gesehen habe. Dass ich wieder in seine Augen sehen konnte und seine Präsens spüren konnte.

In der Toilette wusch ich meine Hände mit kaltem Wasser um mich wieder zu beruhigen und sah mich im Spiegel an. Was er gerade wohl denkt? Ob er überhaupt gerade an mich denkt. Ich seufzte und verließ wieder die Toilette. Schon wieder mach ich mir einfach nur unnötige Gedanken. Plötzlich öffnete sich Carolins Tür und sie stürzte heraus. Als sie mich sah nahm sie mich am Arm und zog mich die Treppen runter.

„Die anderen sind hier.", sagte Carolin aufgeregt und sprintete die Treppen runter. Ich stürzte ihr nach und musste aufpassen das ich nicht auf meine Fresse flog.

„Wer ist hier?", fragte ich verwirrt als wir unten ankamen. Denn weit und breit war niemand außer uns zwei hier. Doch dann ging die Tür auf und als ich sah wer durch diese trat, weiteten sich meine Augen.

RICARDOWhere stories live. Discover now