Chapter Nine

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Am nächsten Tag wachte ich erst gegen Mittag auf. Mein Kopf brummte und gerade noch rechtzeitig schaffte ich es zu der Toilette und fing an mich zu übergeben. Ich würgte mir alles aus dem Leib und würgte weiter, als nichts mehr kam. Mir wurde während ich mich übergab, schlecht und somit übergab ich mich durch das Übergeben. Es war viel zu kompliziert und doch so simpel. Ich lehnte mit dem Kopf an die Fliesen, neben der Toilette, und betätigte die Spülung, bevor ich mit Magenschmerzen vom Boden aufstand und mir den Mund ausspülte. Ich würde keinen Alkohol mehr anrühren. Nicht in diesen Mengen.

Ich durchsuchte sämtliche Schränke nach Schmerztabletten und fluchte, als ich keine finden konnte.

Mein Bett war verwüstet, die Kissen lagen überall auf dem Boden. Aber nicht einmal dafür hatte ich Kraft. Ich zog mir eine Strickjacke über und öffnete meine Balkontüre, um frische Luft zu bekommen. Mein Zimmer war stickig und der Geruch ließ mein Magen ein drittes Mal umdrehen.

„Guten Morgen, Party-Girl."

Erschrocken schaute ich zu Kyle, der rauchend auf seinem Balkongelände lehnte und mich schief angrinste. Party-Girl?

Ich erinnerte mich, wie ich den Abend mit Kyle verbracht hatte, und stöhnte leicht auf. Es war mir so unendlich peinlich, dass er mich nach Hause begleiten musste. Doch ab da waren meine Gedanken wie ausgelöscht.

Panik stieg in mir auf. Es waren nicht die möglichen Szenarien, sondern die Erinnerung meiner letzten Gedächtnislücken.

„Ich erinnere mich nicht", hauchte ich und sah unschlüssig zu Kyle herüber. Dieser schnippte seinen Zigarettenstummel über den Balkon hinweg und runzelte die Stirn.

„Woran?"

„Schon gut." Immer noch fassungslos und überfordert schaute ich schließlich zu Boden. „Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast." Und das meinte ich auch so. Kyle war wirklich zuvorkommend und kein bisschen böse. Wie sehr ich dieses Wort verabscheute. Doch er war dennoch nervig mit seinem Dauer-Grinsen und seinen Sprüchen.

Er nickte und schien plötzlich unwohl. Wieso war ihm unwohl? Ich hatte einen Grund mich unwohl zu fühlen! Ich konnte mich an den gesamten Abend nur verschwommen erinnern.

Er zündete sich eine weitere Zigarette an und stieß den Rauch aus.

„Du siehst ziemlich mitgenommen aus."

Ich setzte mich auf meinen Stuhl und zog die Knie an. Er war ein Gentleman. Durch und durch. „Ich habe mich gerade übergeben."

„Das wollte ich nicht wissen."

„Tut mir leid."

Dann herrschte eine Stille, in der ich Kyle beobachtete. Er hatte letzte Nacht auch getrunken und schien dennoch top fit. Ich beneidete ihn.

„Brauchst du eine Tablette?" Ich nickte erschöpft und kaum eine Sekunde später warf er mir eine Packung rüber.

„Dankeschön."

Ich hielt noch einmal die Packung hoch und verschwand in meinem Zimmer. Ich schloss die Tür und sah, wie Kyle amüsiert den Kopf schüttelte.

Aus Fehlern lernte man.

Die nächsten zwei Stunden verbrachte ich mit Reue und Wehleiden. Ich räumte mein Zimmer auf, machte mir ein Sandwich, putzte mir ordentlich die Zähne und ging duschen. So erschöpft wie ich es seit Wochen war, konnte man doch gar nicht sein.

Ich fand erst Entspannung, als ich nach meinem Notizbuch und Kugelschreiber griff. Ich war wirklich schlecht in dem, was ich dort hineinschrieb. Aber es war doch schon bewundernswert, wie sehr es mir half.

Liebes Tagebuch || #Wattys2015Where stories live. Discover now