Chapter Thirteen

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In den nächsten zwei Wochen ging ich Kyle aus dem Weg. Er hatte öfters versucht, das Gespräch mit mir aufzusuchen, doch ich blockte ab und versteckte mich meist, so kindisch es auch war, hinter Tobys Rücken.

In mir war etwas zerbrochen, was ich mir niemals hätte erträumen können. Nach Liams Tod, da war ich mir sicher, könnte mir nichts und niemand mehr wehtun. Doch da hatte ich Kyle O'Connor noch nicht gekannt.

Lisa war die Erste, die mich in ihre Armen zog und bemerkte, dass etwas passiert war. Der Damm brach erneut und eines nachmittags war ich zu ihr gegangen, um endlich offen und ehrlich zu reden. Toby hatte mich empfangen und hatte seine Augenbrauen verwirrt zusammengezogen. "Ist alles in Ordnung?"
Die Frage hatte ich schon zu oft gehört.

Unweigerlich begann ich zu weinen und fiel beinah auf die Knie, als Toby mich in seine Arme zog und mir beruhigend über den Rücken strich. Lisa kam nach Hause und ich begann, meine Geschichte zu erzählen. Die Geschichte von Liam. Und die Geschichte von mir und Kyle.

Es war das erste Mal, dass ich mit wem „Fremdes", der Liam nicht persönlich kannte, über ihn und den Unfall, den ich in den letzten Wochen so stark zu verdrängen versucht hatte, sprach. Und anders als erwartet, entlastete es mich. Denn das Geschwisterpaar sah mich nicht mitleidig an. Sie zeigten sich verständnisvoll und stellten klar, dass es in Ordnung war. Lisa ließ die Situation rund um Kyle unkommentiert. Sie hatte mich gewarnt, aber rieb es mir nicht unter die Nase. Toby allerdings war wütend und nahm von da an seine Rolle als ein Beschützer sehr ernst. Jedes Mal, wenn Kyle versuchte in meine Nähe zu kommen, stellte sich Toby in den Weg und machte ihm deutlich, dass er nicht erwünscht war.

Tief in meinem Herzen war es Kyle jedoch. Doch er hatte mich verletzt. Mehr als das, wofür er nichts konnte, das wusste ich, hatte er mich meiner Gedanken beraubt.

Und dann passierte es. Kyle schlug zu und traf mit seiner Faust das Kinn von Toby. Dieser schlug mit einem wutentbrannten Schrei zurück. Wimmernd hatte ich schließlich versucht dazwischen zu gehen und wurde schließlich selbst Opfer eines Fausthiebes. Ich wusste nicht, wer von den beiden mich getroffen hatte. Beide schauten mich erschrocken an, als ich vor Schreck zurücktaumelte und mir an die Lippe fasste.

Ich schmeckte Blut und Salz und bemerkte erst da, wie meine Lippe zu pochen begann und meine Finger von der roten Substanz klebten.

Kyle wurde für fünf Tage von der Schule suspendiert. Toby musste für eine Woche jeden Tag nachsitzen. Ich zog mich zurück.

Mehrmals hatte ich mich aufrichtig bei Toby entschuldigt. Schließlich hatte er nur meinetwegen nachsitzen müssen. Doch er winkte ab.

„Dich trifft keine Schuld", sagte er immer. Aber es war meine Schuld.

„Es tat gut, seinen Frust Ausdruck zu verleihen", witzelte er weiter.

Trotz der angespannten Situation, verlor Lisa kein Wort gegenüber den anderen. Sie hatten mich gefragt, was passiert sei und ob ich ein Problem mit Kyle hätte, doch ich wechselte immer wieder das Thema. Auch Honey ließ mich in Ruhe.

Doch nun ruhten die Blicke von Kyles Freunden auf mir. Ebenso die aller anderen.

Meine Eltern waren kurz nach ihrer Ankunft auf eine weitere Geschäftsreise geflogen. Sie hatten von all dem nichts mitbekommen.

Ich war allein. Und dieses Mal war ich es wirklich. Denn nicht einmal Kyle war bei mir.

Dennoch sah ich ein Licht am Ende des Tunnels, was mir ein Lächeln schenkte.

Sobald meine Eltern morgen wieder nach Hause kehrten, würden wir den Flug in unsere, meine, Heimat antreten. Aufgeregt hatte ich die letzten Tage mit Jacob über unsere Ankunft in Miami gesprochen. Er würde mich direkt am gleichen Tag besuchen. Stella würde auch etwas mit uns unternehmen wollen.

Liebes Tagebuch || #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt