Kapitel 16

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Ein Tag vor der Hochzeit

Die letzten paar Tage waren nicht leicht für mich. Die Hinrichtung des Mannes lag mir noch tief in den Knochen und ich hatte mich einen ganzen Tag in meinem Zimmer verschanzt. Luce hatte mich darauf besucht und nach einer langen Nacht voller Gespräche und Entschuldigen hatte ich ihm überraschenderweise wieder verziehen. Ich weiß, dass es grausam und barbarisch war, was er getan hatte, doch war es immer noch ein kranker Liebesbeweis. Auch wenn Luce so viele liebenswerte Seiten besaß, darf man nicht vergessen, dass eine davon immer noch der Teufel ist. Ich hatte die Hochzeit in den letzten Tagen oft angezweifelt, doch er war immer noch mein Mate, was es mir einfach unmöglich machte mich von ihm zu trennen. 'Was glaubst du denn, was in der Hölle passiert?' hatte mir meine innere Stimme oft zugeflüstert. Sie hatte recht. Ich konnte zwar Luce versuchen zu verändern, doch es war immer noch die Hölle und Luce war zum Teil Dämon und diese leben nun mal vom Schmerz anderer. Eigentlich sollte ich froh sein, dass sich diese Gier nach Blut nicht gegen mich wendet, doch ich bin immer noch ein Mensch. Kann ich es zu lassen, dass Menschen gefoltert werden? Auch wenn sie schuldig sind? Das unschuldige verschont werden, bleibt außer Frage, doch haben „böse" Menschen solch Grausamkeit verdient? Doch nun musste ich mich noch um etwas anderes kümmern: Meine Hochzeit mit dem Teufel!!

Wie ich es mit Do und Lilith und natürlich mit Luce besprochen hatte, saß ich gerade in einer schwarzen Kutsche auf den Weg zur Klippe. Dem Ort meiner Hochzeit. Luce hatte schon ein paar Dämonen vor geschickt, um die Zeremonie vorzubereiten und natürlich um auch auf mich aufzupassen. Die schwarzen Kerberose, die nur aus Schatten zu bestehen schienen und mit ihren drei fletschenden Köpfen wirklich unheimlich waren, hielten ganz plötzlich an. Ich blickte aus dem Fenster und konnte das brennende Tor zum 9. Höllenkreis sehen. Die Klippe war, wie der Großteil der Unterwelt, mit rotbraunem Vulkanerde ähnlichem Sand bedeckt. Hinter der Klippe konnte man in Mitten der Lavafälle eine brennende Höhle ausfindig machen, die entgegen jeder Erwartung den Eingang darstellte. Darüber hinaus war die Klippe bei Nacht der schönste Ort in der Hölle, da das rote Licht des Blutmondes den Rand der Klippe küsste, wie die ersten Sonnenstrahlen die Bergkuppen. Ich stieg aus der Kutsche und beäugte ungläubig die Arbeit, die die Dämonen schon verrichtet hatten. Schwarze Bänke waren in zwei Reihen auf der Klippe aufgestellt worden. Luce und ich hatten nämlich die Plicht höhere Dämonen sowie die Höllenfürsten mit ihren Beratern einzuladen. Diese Tatsache machte mich ehrlich gesagt nur noch nervöser. Jede Bank war mit einem kleinen Strauß aus schwarzen Rosen geschmückt worden. Mit meinen Augen folgte ich dem blutroten Teppich, der bis zum Ende der Klippe, wie ein Gang ausgerollt wurde. Kurz vorm Abgrund wurde aus den übrigen Rosen ein Bogen geflochten. Dahinter befand sich ein Pult mit einer schwarzen Schatulle, die durch ihre fremdartigen Schnitzereien meine komplette Aufmerksamkeit bekam. Wie die Zeremonie genau aussehen wird, wollte mir keiner erzählen. Ich wusste nur, dass ich ein Gelübde auf Latein aufsagen musste, was ich natürlich schon auswendig gelernt hatte. Der Inhalt des Prozederes sollte sein, das meine Seele zuerst mit dem Höllenfeuer und dann mit Lucifers Seele verbunden wird. Ob es schmerzvoll sein wird oder nicht, hatte mir noch niemand verraten. Deshalb schätzte ich ersteres. Vielleicht aber wussten sie es einfach nicht, schließlich bin und bleibe ich ja die Einzige, mit der Lucifer eine Seelenverwandtschaft hat. Als mir die Nervosität wieder in Mark und Bein zu fahren drohte, fühlte ich tief in mir nach der gewohnten Dunkelheit, die mich an Luce erinnerte und wurde wieder ruhiger. Zum Glück hatte ich mich wieder so weit von den Injektionen erholt, dass ich meine Kräfte wieder fühlen und auch einsetzen konnte. Nachdem ich die Arbeit der Dämonen genauer überprüft hatte und nach ein paar Verbesserungsvorschlägen, stieg ich wieder in die Kutsche und fuhr zurück zum Schloss. Schließlich wurde ich dort von jemanden erwartet.

Als ich im Esszimmer ankam, war schon alles für den Nachmittagstee gedeckt und Luce saß an seinem gewohnten Platz am Ende des Tisches. Als er mich erblickte legte er seine Unterlagen, an denen er gearbeitet hatte, beiseite und schenkte mir ein warmes Lächeln. Skeptisch setzte ich mich neben ihn. Ich hatte ihm zwar verziehen, doch die Schreie des Mannes hatten sich in mein Hirn gebrannt.

Schattenwesen - Die Hölle ruft dichWhere stories live. Discover now