Epilog

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3 Jahre später:

Ich wohnte immer noch bei Sera und Melion, doch hatte ich mich seit Lillys Beerdigung versucht zu bessern. Die Tage verbrachte ich so heiter, wie nur möglich mit Sera und Melion, welche sich darüber wirklich zu freuen schienen. Die Leere tief in meinem Herzen war zwar immer noch da, doch ich hatte gelernt sie so gut es ging, vor fremden Blicken zu verstecken. Nur in den Nächten war mir dies nicht möglich. Die Dunkelheit erinnerte mich an ihn und die Schatten zischten mir stumme Botschaften von ihm zu. 'Ich werde dich finden!', 'Du wirst zu mir zurückkommen', flüsterten sie mir leise zu. Die Hölle war, laut Gerüchten, ein noch ungemütlicher Ort als zuvor. Luce führte nun ein strenges, grausames Regime. Jedes noch so kleine Vergehen wurde mit übertrieben harten Strafen bestraft. Lilith und Do hatten mir einige Botschaften zu kommen lassen, die meist die Hölle oder ihren Herrscher beinhalteten. Sie schrieben, dass Lucifer keinen mehr in seine Nähe ließ und jegliches Gefühl abgestellt hatte. Die Schatten, die er sich als Schutzhülle aufgebaut hatte, zerfraßen jedes Wesen, das sich ihm näherte. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, als ich an die Dämonen und die Seelen dachte, die seinem Zorn zu spüren bekamen. Doch jeder scheint die Leere im Herzen anders besiegen zu versuchen. Er tut es eben mit der Qual und dem Schmerz anderer. Ich verkrieche mich in mein Schneckenhaus. Ich blickte in den Spiegel und übte mein gespieltes Lächeln, das ich mir langsam selbst abkaufte. Aber mein Herz, meine Seele wusste, dass es nicht echt war. Es gibt nur eine Möglichkeit um wieder glücklich zu werden und diese bekam ich heute. Vor fünf Jahren fand die Auswahl statt, somit kann ich heute das Band zwischen Lucifer und mir durchschneiden. Ob ich es wollte, wusste ich nicht. Ich vermisste ihn, doch könnte ich seine Grausamkeiten und seine Unbarmherzigkeit gegenüber anderen weiter ertragen? Ohne dass es mich von innen zerfraß? Ich hatte vor einer Woche meinen 22. Geburtstag gefeiert und Sera hatte für mich eine spektakuläre Party geschmissen. Diese konnte ich aber zum Glück unter dem Vorwand von Kopfschmerzen wieder schnell verlassen. Ich möchte weder neue Bekanntschaften machen noch überhaupt mit anderen zusammenkommen. Gottseidank wusste Sera nicht, dass ich seit meiner Zeremonie nicht mehr krank werden konnte, aber wie immer ahnte sie, dass ich gelogen hatte. Meine Haut war zwar immer noch extrem blass, doch ich konnte die schwarzen Ringe gut mit Makeup überdecken. Meine Augen blickten mir zwar immer noch katzenartig entgegen, doch hatten sie jegliches strahlen verloren und wirkten fahl und emotionslos. Sera war so nett und hatte mir ein rotes, knielanges Kleid gekauft, dass ich heute zur Feier anziehen konnte. Es passte mir gut, doch man konnte es nicht mit den Kleidern aus der Hölle vergleichen. Meine wilden Locken flochte ich noch schnell zu einem lockeren Zopf, als ich schon das sanfte Klopfen meiner Schwester hörte.

„Bist du bereit? Hast du schon alles vorbereitet?"

„Ja, das bin ich. Und ich habe schon einen Mietvertrag vorliegen, um nach dem Fest in der Menschenwelt festen Fuß zu fassen!" Ich atmete tief ein und drehte mich mit meinem überzeugendsten Lächeln zu Sera.

„Du musst nicht ausziehen"

„Doch! Wir beide wissen das. Du und Melion könnt ja nicht für immer auf mich aufpassen!" Ich grinste, doch Sera schien zu wissen, was tatsächlich in mir vorging.

„Keine Sorge, nach der Durchtrennung wird es dir besser gehen, dass verspreche ich dir!"

„Glaubst du wirklich?", meine Stimme brach, „ich vermisse ihn so schrecklich!" Mit diesen Worten ließ ich mich schluchzend in Seras Arme fallen.

„Der Schmerz und die Trauer werden verfliegen, dass glaube ich aus tiefsten Herzen. Du wirst ihn endlich vergessen können." Nun schob sie mich etwas weg und blickte mir tief in die Augen. Sie glaubte wirklich, was sie da sagte, doch es war unmöglich. Wie sollte ich ihn je vergessen können. Die Dunkelheit erinnerte mich an ihn und die Schatten tun alles, um mich jede Nacht an ihn zu erinnern. Seine rabenschwarzen Haare, seine strahlend blauen Augen, die so sanft und zugleich so kalt waren und natürlich sein ehrliches Lächeln, wenn wir uns liebevoll neckten. Ich liebe ihn, doch ich konnte ihm nicht verzeihen. Er war zu grausam und hatte mich zu sehr auf den dunklen Pfad geführt, um seine Taten zu vergessen. Nein, so stimmt es nicht. Er hat mich nie gezwungen dem dunklen Pfad zu folgen, doch er hat es geschafft, dass sich die Dunkelheit harmloser und richtig angefühlt hatte. Ich musste das heute tun. Ich musst mich von meinen Taten losreißen, um endlich das Leben zu führen, das ich mir früher immer gewünscht hatte. Aber was wünschte ich mir jetzt?

Schattenwesen - Die Hölle ruft dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt