KAPITEL VIII | Icarus

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Das Letzte, woran Niek sich erinnern konnte, war, dass Skalli ihn auf Jelgers Drachen gewuchtet hatte. Der Weg zurück zum Lager war nur noch eine schwammige Erinnerung. An seinen Traum konnte er sich dafür umso besser erinnern.

Er hatte sich auf der Spitze eines Vulkans befunden und der Boden unter ihm hatte plötzlich angefangen zu schwanken und zu rütteln. Aber egal wie sehr Niek versucht hatte von der Stelle zu fliehen, seine Beine wollten sich nicht bewegen. Und dann war der Vulkan plötzlich ausgebrochen und hatte seine glühenden Geschosse über seinem Kopf verstreut. Die Hitze war unerträglich gewesen und Schweiß war ihm das Gesicht und den Rücken heruntergeflossen, heiß wie Lava.

Als er seine Augen wieder aufschlug, setzte er sich schwer atmend auf und blickte sich aufgebracht in seiner Umgebung um. Sein Herz pumpte auf Hochtouren und er zitterte am ganzen Leib. Erst nach einigen Sekunden verstand er, dass er sich bei Jorik in der Heilerhöhle befand. Ein Blick nach draußen verriet ihm, dass die Sonne bereits wieder hoch am Himmel stand – er musste die Nacht und den Morgen durchgeschlafen haben.

„Niek, du bist wach", kam es plötzlich von der Seite und Jorik ließ sich neben ihm nieder. Er musste seinen Patienten nur eines kurzen Blickes würdigen, um zu wissen was los war. Ohne weitere Worte stand Jorik wieder auf und wühlte in dem kleinen, zusammengeschusterten Regal am anderen Ende der Höhle. Dann kam er mit einer Leinendecke zurück zu Niek und legte ihm diese über die Schultern. „Du hast hohes Fieber", sagte er.

„Das habe ich mir bereits gedacht", lachte Niek. Seine Stimme war rau und klang kränklich, die Kleidung klebte förmlich an ihm, so stark schwitzte er. „Aber zumindest sind meine Gelenk- und Kopfschmerzen besser geworden."

Jorik vor ihm lächelte zufrieden. „Freut mich zu hören", sagte er: „Ich habe dir gegen die Schmerzen etwas Somnium gegeben."

„Was ist das?"

„Ein Schmerzmittel. Um genau zu sein, ist es das Gift eines Pilzes, aber es wirkt." Dann kratzte er sich einmal an seinem leicht stoppeligen Kinn und murmelte: „Eventuell fühlst du dich die nächsten Tage ein bisschen schummrig oder redest wirres Zeug, aber das geht wieder weg."

Na super, dachte Niek sich, doch er beschwerte sich nicht weiter. Er war froh, dass er überhaupt einen Heiler an seiner Seite hatte. In Zodiac hatte er auf diesen Luxus in den meisten Fällen verzichten müssen. Man hatte ihm nicht einmal geholfen oder von der Arbeit befreit, als er sich einmal das Handgelenk gebrochen hatte. Lieber fragte er: „Was denkst du, wie lange ich krank sein werde?"

Jorik hatte sich bereits wieder seinen Kräutern zugewandt, die er zuvor auf dem Boden getrocknet hatte und nun zu ordentlichen Bündeln zusammenband. „Das kommt ganz darauf an, wie gut dein Körper mit der Umstellung klarkommt. Die meisten sind zwischen zwei bis fünf Tage krank."

„Der General hat gesagt, dass man sich am Anfang unbeabsichtigt verwandelt. Was ist, wenn ich mich verwandle, während du schläfst?", hakte er besorgt nach. Er wollte wirklich niemanden im Schlaf umbringen, erst recht nicht eine gutmütige Person wie Jorik.

Doch der Mann mit den grauen Haaren lächelte nur sorglos. „Keine Sorge", sagte er: „Du verwandelst dich nicht, während du noch krank bist. Dazu ist dein Körper gar nicht fähig."

„Okay", sagte er beruhigt. Dann schwieg er einen Moment, um sich tiefer in seine zwei Decken einzuwickeln, die ihn nicht davor stoppen konnten, unkontrolliert zu zittern und Tonnen an Wasser zu schwitzen. „Welche Drachenform hast du eigentlich?", fragte Niek letztlich interessiert mit einem Blick auf die zwei roten Hörner am Vorderkopf des Heilers.

„Ein Herbivore", sagte Jorik: „Einen mit Schild und Hörnern. Auf dem Weg zum See habt ihr sicherlich eine Herde dieser Art gesehen. Wir nennen diese vierbeinigen Landdrachen Trice."

Dragontale - Etappe IWhere stories live. Discover now