Dragontale - Etappe I

KAPITEL XV | Fußspuren

Nach dem Angriff verbrachten sie den Rest des Tages damit, das Lager wieder bewohnbar zu machen. Die meisten halfen dabei mit, die Lücken in dem Zaun wieder zu flicken, den Niek vor Kurzem erst stabilisiert hatte. Und nun musste er die ganze Arbeit ein zweites Mal erledigen.

Aber zumindest wurde er nicht der Gruppe zugeteilt, die den toten Raptor auseinandernahm, um Krallen, Zähne und Fleisch von ihm zu gewinnen. Die Ressourcen seien zu kostbar, um sie zu verschwenden, hatte Skalli behauptet. Unrecht hatte er nicht, die Arbeit war trotzdem abstoßend.

Da sie den Kadaver des Drachen geplündert hatten, musste am Abend lediglich eine Grenzpatrouille losgeschickt werden, die sich versicherte, dass das Raptorenrudel wirklich das Gebiet verlassen hatte.

Die Truppe konnte ihre Spuren bis aus dem Wald heraus verfolgen, wodurch sie schlossen, dass die Tiere vorerst über alle Berge hinweg wären und ihre Lektion gelernt hatten. Am Abend konnte daraufhin ein großes Festmahl gehalten werden.

Nach dem Essen redeten alle angeregt und Niek konnte Amalia am Tischende mit Skalli tuscheln hören. Dann stand der General plötzlich auf und rief: „Hört mal alle zu!" Die Gespräche verstummten sofort und die Augen aller fielen auf den Mann. „Amalia und ich haben beschlossen, dass die Neuen heute tatkräftig mitgeholfen haben und somit ihre Loyalität bewiesen haben. Wir wären damit einverstanden, sie nun vollends mit einzuweihen. Ist irgendjemand gegen diesen Vorschlag?"

Die Kameraden wechselten Blicke miteinander, doch niemand erhob seine Stimme zum Widerspruch. Auch Niek hatte nichts gegen den Vorschlag einzuwenden. Er hatte zusammen mit Sarina und Adam den Zaun repariert, sie waren ihm nett erschienen und dann hatte Sarina ihm heute auch noch sein Leben gerettet. Es gab keinen Grund, sie länger im Dunkeln tappen zu lassen. Auch sie hatten es verdient, die Wahrheit über die Drachen zu erfahren.

„Dann ist es damit beschlossen", verkündete Skalli. „Lancaster und Reynold sind nun vollständige Mitglieder der Aufständler. Amalia", er schnipste zu seiner Ersten Offizierin herüber: „Sei so lieb und klär unsere Neulinge über die Drachenverwandlungen auf."

„Drachenverwandlungen?", echote Sarina und warf Amalia einen verwirrten Blick zu.

Die Frau mit den orangenen Haaren stand von ihrem Platz auf, scheuchte Jelger von seinem Platz neben Adam und setzte sich an seiner Stelle darauf, um sich nicht über den halben Tisch mit den Neuen unterhalten zu müssen. Und dann fing sie an zu reden. Über den Mondscheinsee und die Verwandlungen, die die beiden im Kampf bereits irritiert hatten beobachten können.

Niek lauschte nicht dem ganzen Gespräch. Nach einer Weile machte er sich auf den Weg zu der Schlafhöhle, die er sich nun mit den anderen Aufständlern teilte.

Auf dem Weg dorthin fing ihn zu aller Überraschung Skalli ab.

„Mares", kündigte er sich an. Als Niek stehen blieb und sich ihm zuwandte, fuhr er fort: „Ich habe die Bemühungen der Neuen gelobt, aber nicht deine, das wollte ich ändern."

Niek wartete schweigend ab, was folgen würde. Er wusste nicht, wofür der General ihn loben wollte. Er war im Kampf keine große Hilfe gewesen, da er nie den Schwertkampf gelernt hatte. Sarina hatte ihn retten müssen.

„Du hast deine Drachenverwandlung schnell unter Kontrolle gebracht und packst stets im Lager an. Das ist nicht selbstverständlich", sagte Skalli mit einem Lächeln auf den Lippen.

Es drehte Niek den Magen um, auf eine viel zu angenehme Art und Weise. Es war ungewohnt, dass Skalli ihm persönlich solch eine angenehme Aufmerksamkeit schenkte. Bislang hatte Niek angenommen, dass Skalli ihn lediglich dafür wertschätzte, dass er aus Gemini stammte.

„Ich versuche lediglich mich irgendwie nützlich zu machen. Kämpfen kann ich nun einmal nicht", schmälerte Niek sein Lob.

Doch Skalli schüttelte seinen Kopf. „Du hast uns schon sehr geholfen und wirst uns mit deinem Wissen in Zukunft sicherlich noch viel weiterhelfen. Wie man ein Schwert benutzt, wirst du noch früh genug lernen", versicherte er ihm.