KAPITEL XXVIII | Erzwungenes Vertrauen

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Niek konnte es nicht fassen. Der Unterweltler hatte sich tatsächlich dazu entschieden, ihnen in ihrem Kampf beizustehen, anstatt auf den König zu hören. Sein plötzlicher Seitenwechsel machte Niek etwas misstrauisch, aber bislang schien der General wirklich keine hinterhältigen Gedanken zu verfolgen.

Der Mann hatte seine Soldaten darüber aufgeklärt, dass er nicht länger für den König kämpfen würde. „Ich persönlich habe keine Lust, mein Leben für jemanden zu geben, der mir nichts zurückgibt. Oder wollt ihr etwa für den König zu Monstern werden?", hatte er in die Runde gefragt.

Als der Begriff Monster fiel, musste Niek sich stark zusammenreißen, um nicht völlig die Beherrschung über seine Gesichtszüge zu verlieren. Er hatte seine jetzigen Kameraden damals, an seinem ersten Tag an der Oberwelt, auch als Monster bezeichnet, er sollte etwas Verständnis zeigen.

Abgesehen davon... die harschen Worte des Generals schienen ihren Zweck zu erfüllen. Seine Soldaten ließen langsam und nachdenklich ihre Schwerter sinken und warfen sich untereinander unsichere Blicke zu.

„Wenn wir zusammenarbeiten, können wir den König von seinem Thron stoßen und ein besseres Leben antreten", fuhr der General fort. „Ich zwinge niemanden, sich mir anzuschließen. Die Entscheidung ist jedem selbst überlassen", endete der Mann.

„Wer sich uns nicht anschließt, kann jetzt gerne aus dem See trinken und sehen, wohin es ihn bringt", fügte Skalli sachlich hinzu. Die Drohung, die in seinem Satz mitschwang, war durch seine neutrale Stimme kaum herauszuhören.

Die Soldaten warfen sich weiterhin unsichere Blicke zu. Für einen langen Augenblick herrschte angespanntes Schweigen, dann trat endlich eine Soldatin nach vorne. „Ihr könnt auf mich zählen!", rief sie und nickte Skalli anerkennend zu.

Nachdem die Frau Initiative ergriffen hatte, traute sich auch ein zweiter vorzutreten und dann ein dritter. Immer mehr entschieden sich dazu, mit ihnen zu kämpfen. Manche schienen zu zögern und unsicher zu sein, aber letztendlich traute sich niemand, sich gegen die Mehrheit zu richten.

„Dann...", machte Skalli zufrieden und ein Lächeln legte sich auf sein müdes und aufgrund des Blutverlustes bleiches Gesicht: „Willkommen an der Oberwelt." Daraufhin warf er dem General der Unterweltler einen zufriedenen Blick zu.

„Ich bin General Freyning", stellte dieser sich vor und reichte Skalli sogar seine Hand.

Skalli erwiderte die Geste und seine krallenbesetzten, von seinem eigenen Blut bedeckten Finger legten sich um die Hand des Unterweltlers. „Skalli", entgegnete der Rothaarige und warf ihm einen ernsten Blick zu.

Sein Gegenüber nickte wissentlich. Er hatte tatsächlich verstanden, dass Skalli nicht wollte, dass seine Identität hier und jetzt bekannt wurde, dabei war Niek sich ziemlich sicher, dass er den Moment nicht mehr viel länger herauszögern konnte.

Gerade als alles so friedlich schien, legte sich plötzlich ein großer Schatten über die Versammelten am See.

Niek blickte hinauf zum Kamm des Vulkans und erkannte einen riesigen Landdrachen dort auf zwei Beinen stehen. Seine massiven Kiefer waren geöffnet und entblößten spitze Zähne, von denen Fäden von Speichel hingen. Ein Tyrann. Auf seinem Rücken konnte Niek mehrere Personen sitzen sehen.

Unter den Zodiac-Soldaten brach erneut Unruhe aus und einige zückten ihre Bögen, bereit zu feuern.

„Wartet!", rief Skalli, doch die Soldaten senkten ihre Waffen nicht.

„Es ist eine Falle, General Freyning!", rief einer der Bogenschützen.

Niek konnte Skalli die Augen verdrehen sehen. „Ist es nicht", entgegnete er angesichts der angespannten Situation erstaunlich ruhig. „Rahemaker, verwandle dich zurück! Es gibt keinen Grund mehr zu kämpfen, wir haben uns zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen Van Loon zu kämpfen."

Dragontale - Etappe IDove le storie prendono vita. Scoprilo ora