KAPITEL XII | Fremdentransport

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Niek konnte für eine ganze Weile nichts hören. Erst nach einigen Sekunden, drang das Rascheln und die Fußschritte aus dem Wald, welches Gina schon lange vor dem Rest der Patrouille gehört hatte, zu ihm durch.

Die drei Jäger wateten schnell und möglichst lautlos zurück zum Ufer und zogen sich dort eilig ihre Schuhe an. Femke positionierte sich neben Niek und hielt ihren Speer fest umklammert – bereit zum Kampf.

Doch anstelle eines Rudels tödlicher Drachen, stolperten zwei verwirrt und ängstlich dreinschauende Menschen durch das Unterholz. Als sie die bewaffnete Truppe vor sich sahen, hoben sie erschrocken ihre Hände über die Köpfe.

„Bitte", flehte die Frau unter den beiden: „Monster sind hinter uns her."

Niek erkannte die Gefängnisanzüge an ihnen sofort. Wie braune Säcke hingen sie von ihren Körpern und ließen die Fremden noch armseliger erscheinen. Bei ihnen musste es sich um Sträflinge handeln, die genauso wie Niek an die Oberwelt zur Todesstrafe verdonnert wurden.

Femke senkte ihre Waffe auf der Stelle, woraufhin auch die anderen Aufständler ihre feindselige Haltung verloren. Die Neuankömmlinge ließen erleichtert ihre Hände sinken.
„Da waren Drachen", jammerte die Frau verzweifelt weiter. Sie hatte orange Haare und blaue Augen, ihre Sommersprossen, die so gut wie ihr ganzes Gesicht zierten, konnte Niek selbst aus der Entfernung ohne Probleme erkennen.

„Beruhigt euch", erhob Femke ruhig ihre Stimme und kam vorsichtig auf die Fremden zu, so als würde es sich bei ihnen um wilde Tiere handeln, welche sie Angst hatte zu verjagen.

„Ihr müsst uns helfen", weinte die junge Frau weiter.

Da legte der Mann neben ihr, der Frau eine seiner kräftigen Hände auf die Schulter. Er flüsterte leise, doch Niek konnte es trotzdem noch hören: „Sarina, pass auf." Und dann zeigte er mit einem Finger auf seinen eigenen Kopf, während er Femke feindselig, aber auch beängstigt anschaute.

Niek dämmerte es. Sein Blick war auf Femkes Hörner fixiert. Sie mussten ihn misstrauisch machen. Taros abnormal grüne und seine weißen Haare halfen vermutlich nur dabei, sein Misstrauen zu stärken. Niek hatte sich selbst so gefühlt, als er an der Oberwelt gelandet war. Auch Femke schien die Gesten des anderen richtig zu deuten, denn sie blieb einige Meter von den Fremden entfernt stehen. Ihre Körperhaltung war bemüht gelassen. Sicherlich hatte die Unteroffizierin schon viel Erfahrung damit, Neuankömmlinge zu beruhigen. Niek sollte auf sie vertrauen und die Sache vorerst ihr überlassen, damit die Situation nicht eskalierte.

„Sind die Drachen noch hinter euch her?", fragte Femke langsam und freundlich.

„Das geht dich nichts an, Monster", fauchte der Mann ihr entgegen.

Femke zuckte keinen Millimeter zusammen oder zeigte eine andere Regung.

„Ich höre nichts", entgegnete Gina, die in einigen Metern Entfernung zu der Unteroffizierin stand, womit sie zweifelslos klarstellte, dass sich keine feindlichen Drachen in der unmittelbaren Umgebung aufhielten.

Diese nickte daraufhin bedächtig. „Ihr braucht euch nicht vor uns zu fürchten", versprach sie den Fremden.

„Was seid ihr?", fragte die Frau daraufhin mit zitternder Stimme. Sie rieb sich unruhig die Hände, so als müsste sie irgendwo ihre überschüssige Energie loswerden.

„Menschen", antwortete Femke mit einem Lächeln: „Ich bin Femke Kuipers. Wie sind eure Namen?"

„Ich bin Sarina Reynold", antwortete die Rothaarige sogleich, woraufhin sie sich einen bösen Blick ihres Weggefährten einfing. „Wir kommen aus Zodiac", murmelte sie.

„Ja, wir kommen alle aus Zodiac", sagte Femke lächelnd.

Sarinas Augen öffneten sich daraufhin weit vor Verwunderung. „Wie... wie ist das möglich?", fragte sie mit Entsetzen.

Dragontale - Etappe IWhere stories live. Discover now