Kapitel 3 - Verfolgungsjagd

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[GRACE]

»Bist du dir sicher, dass ich nicht mitkommen soll?«

Ich warf meinem Vater einen bedeutsamen Blick zu und er seufzte. »Wieso ist Konrad denn so schusselig und vergisst seinen Schlüssel?«

Ich verdrehte die Augen. »Connor. Sein Name ist Connor, und er braucht viel zu lange, wenn er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln noch mal durch die ganze Stadt nach Hause muss. Ich fahre dort sowieso fast vorbei.« Ich beugte mich vor, um meinen Dad zu umarmen, und stieg in meinen weißen Mini.

Er lehnte sich an die geöffnete Autotür und sah mich mit prüfendem Blick an. »Schreib mir wenn du zu Hause bist.«

Ich griff nach meinem Anschnallgurt und steckte den Schlüssel ins Schloss, bevor ich ihm zulächelte. »Versprochen. Grüß Mom.«

»Mache ich, tschüss.« Dad schloss die Autotür und ich fuhr von dem Parkplatz der Polizeiwache, um anschließend nach links auf die Hauptstraße abzubiegen. Da es bereits spät war, hatte sich der Feierabendverkehr gelegt, und die von den Laternen in gelbes Licht getauchten Straßen Temporal Citys waren nicht mehr so stark befahren.

Ich trommelte mit den Fingern zum Takt der Musik auf das Lenkrad und beobachtete die Ampel vor mir, welche in diesem Moment von Rot auf Grün sprang. Ich fragte mich, was Connor um diese Uhrzeit beim Selfdefenders wollte, doch ich wusste, dass er mich nicht ohne triftigen Grund um Hilfe gebeten hätte.

Die Minuten verstrichen, der nächste Song aus meiner Gute Laune - Playlist begann, und langsam veränderte sich das Stadtbild. Die Hochhäuser wurden weniger, die Straßen schmaler und die Gebäude älter. Als ich das Schild mit der Aufschrift »Stainsquarter« passierte, wurde der Unterschied dieses Viertels zu den anderen der Stadt augenblicklich sichtbar. Wie jedes Mal, wenn ich durch diese Straßen fuhr, überkam mich ein ungutes Gefühl. Obwohl ich einen Selbstverteidigungskurs in den Stains leitete, hatte ich das Gefühl, nicht genug zu tun, um den Menschen, die hier lebten, zu helfen.

Über die Jahre hinweg hatte sich der Name des Viertels verfestigt und spiegelte die bunte Mischung an Häusern, Menschen und Geschäften wider, die das Gegenteil zu den vornehmen Teilen der Stadt waren. Während viele Leute es mieden in die Stains zu gehen, fühlte ich mich hier wohler als zwischen den riesigen Hochhäusern, Läden und Einkaufsvierteln im Stadtzentrum.

Als ich in die nächste Straße bog, sah ich schon von weitem das Schild, welches unseren Verein ankündigte. Wie fast alle Häuser dieser Straße war es aus roten Backsteinen gebaut, die durch die Abgase der Stadt dunkel verfärbt worden waren. Neben dem Kampfverein und einigen Wohnhäusern befanden sich noch ein Antiquitätengeschäft und ein kleiner Supermarkt in der Gasse.

Ich lenkte meinen Wagen auf den Parkplatz, den ich vor einigen Stunden verlassen hatte, und stellte den Motor ab.

Augenblicklich wurde es dunkler. Die wenigen Laternen spendeten in diesem Teil der Straße nur bedingt Licht, da sie entweder kaputt oder verschmutzt waren.

Schnell griff ich nach Handy und Autoschlüssel, stieg aus und schlug die Fahrertür hinter mir zu. Das Geräusch hallte von den Mauern wider und füllte die Stille, in welcher gerade noch der nächtliche Stadtverkehr zu vernehmen war.

Ich ging zu der Eingangstür des Selfdefenders und drehte mich langsam um die eigene Achse. Die Straße war in beide Richtungen menschenleer. Nur die Schaufensterbeleuchtung des Antiquitätengeschäfts gegenüber, die schon seit Jahren defekt war, flackerte unruhig. Mein Blick fiel auf den Durchgang neben dem Haus. Vielleicht war Connor mit dem Fahrrad gekommen und hatte es im Hinterhof abgestellt. Während ich um das Haus herum ging, scrollte ich durch meine Kontakte, bis ich Connors Nummer fand. Als ich den Hinterhof betrat, fiel mein Blick augenblicklich auf das Fahrrad, welches an der Hauswand lehnte.

Nobody Gotta Know | ✓Where stories live. Discover now