Kapitel 15 - Sauer und Enttäuscht

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[GRACE]

In Blitzgeschwindigkeit packte ich meine Sachen zusammen und stopfte die Sportkleidung nahezu gewaltsam in meinen Rucksack. Fast rutschte ich auf den nassen Fliesen vor den Duschen aus, bevor ich mit noch feuchten Haaren aus der Umkleide des Selfdefenders stürmte. Ein kühler Luftzug überzog meine Haut, auf welcher ein paar von der Dusche übrig gebliebene Wassertropfen erzitterten, und ich erschauderte. Ich hatte mich nur notdürftig abgetrocknet, bevor ich in Unterwäsche, Jeans und Shirt geschlüpft war.

Schlitternd kam ich vor dem Empfang zum Stehen kam, wo mein Blick augenblicklich zu der großen Uhr an der Wand hinter dem Tresen zuckte. Marianne, die bereits seit ich denken konnte am Empfang arbeitete, hob überrascht den Kopf. Sie war zwar nicht mehr so oft hier wie früher, doch ich konnte mir das Selfdefenders nicht ohne die nette organisierte Dame am Eingang vorstellen. Genauso wenig wie die Schüler, welche sie hin und wieder mit Süßigkeiten versorgte. Schneeweiße Haare umrahmten ihr Gesicht, doch die Lachfältchen an ihren Augen machten sie um Jahre jünger.

»Marianne!« Meine Stimme überschlug sich fast, und ich schnappte nach Luft.

»Grace, Himmel, was ist denn mit dir los?« Ihre ruhige Stimme half mir, die Aufregung in meinem Inneren ein wenig zu zügeln. Ich machte eine wegwerfende Handbewegung und konnte in letzter Sekunde meinen Rucksack davon abhalten, meinen Arm herunter zu rutschen. Marianne musterte mich amüsiert und zog abwartend eine ihrer schmalen Augenbrauen hoch.

»Connor, ich wollte, ich muss, ist er...« Ich zwang mich dazu, tief durch zu atmen und deutete zur Tür, dieses Mal weniger schwungvoll. »Ist Connor schon los?«

Marianne nickte, während sie mich aus ihren brauen Augen interessiert musterte. Das lila Jacket, welches sie über dem weißen Shirt trug, passte, wie ich bemerkte, perfekt zu ihren Perlenohrringen. »Ja, er ist vor einer Minute gegangen. Aber bei deinem Tempo erreichst du ihn sicher noch.« Mir entging der belustigt Unterton in Mariannes Stimme nicht, und ich warf ihr ein dankbares Lächeln zu. »Perfekt, dankeschön, bis nächste Woche!«

»Brich dir nichts!« Ihre Worte folgten mir durch die geöffnete Tür ins Treppenhaus, woraufhin ich mein Tempo minimal verlangsamte.

Sowohl bei meinem Kurs am Dienstag, als auch gestern, war ich Connor nicht begegnet. Wenn ich ihn jetzt nicht erwischte, würde ich das ganze Wochenende nicht ruhig schlafen können. Nach wie vor nagte ein ungutes Gefühl an mir, welches seit dem Telefonat mit meinem Vater nicht mehr verschwunden war. Ich brauchte Gewissheit, ich musste mich selbst davon überzeugen, dass Connor nichts mit den Guardians, den Drogendealern oder anderen kriminellen Geschäften zu tun hatte.

Außer Atem drückte ich die Eingangstür auf und hastete um das Haus herum in den Hinterhof. Erleichtert atmete ich aus, als ich Connor neben seinem Rad erblickte. Er musste mich durch mein Schnaufen gehört haben, denn mit einer schnellen Bewegung fuhr er herum und starrte mich mit einem wilden Ausdruck in den Augen an. Ich hob überrascht die Hände. »Hey, ich bin's nur!«

Der Schock, welcher zuvor in Connors Gesicht zu sehen gewesen war, verschwand, und machte einem fast gezwungen wirkenden Lächeln platz. »Wow, du hast mich erschreckt.«

Ich hob die Augenbrauen. »Danke auch, so eine schlechte Kondition habe ich nun wirklich nicht!« Mein versuchter Scherz hatte den gewünschten Effekt. Connor wiegte fragwürdig den Kopf und blickte mich dabei vielsagend an. Ich hielt den Atem an, konnte meinen Herzschlag jedoch nicht auf weiteres verlangsamen. Augenverdrehend trat ich näher. »Okay, erwischt. Ich muss echt mal wieder joggen gehen.«

Connor lächelte, dieses Mal wirkte es zu meiner Erleichterung fast echt.

»Also...«, begann ich zögernd und deutete auf seinen immer noch bandagierten Arm, um meine eigentliche Frage hinauszuzögern. »Wie geht es dir?«

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