Kapitel 12 - Vergessen wir es einfach

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[COLE]

»Fuck!« Ich stützte mich auf das Waschbecken, in dessen Abfluss gerade das restliche von meinen Händen gewaschene Blut verschwand, und starrte meinem Spiegelbild entgegen. In diesem Moment hätte ich den Typen, den ich dort erblickte, gerne ebenfalls geschlagen.

Wieso zum Teufel war ich nur in diesen Club gegangen? Was hatte ich mir dabei gedacht?

»Cole? Was ist passiert.«

Ich wandte mich fluchend um, als Lucs Stimme in meinem Rücken ertönte, und sah ihn einen Augenblick später in der Badezimmertür stehen. Seine Haare waren zerzaust, und er trug nur Boxershorts und Shirt. Seinem verschlafenen Blick nach zu urteilen, hatte ich ihn aufgeweckt.

Na super.

Ich stieß mich von dem weißen Keramik ab und schüttelte den Kopf. »Nichts, alles gut.« Ich machte Anstalten an ihm vorbei das Bad zu verlassen, doch er versperrte mir den Weg und sah mich unverwandt an. »Was. Ist. Los.«

Ich erwiderte seinen Blick einen Moment, dann wandte ich mich ab und fuhr mir aufgewühlt durch die Haare. Es war früh, ich hatte die letzen Nächte nur wenig geschlafen, und in ein paar Stunden kam Grace vorbei, um mit mir zusammen das Projekt zu beginnen.

Bei uns in der Wohnung.

Ein großartiger Start ins Wochenende.

Widerwillig drehte ich mich zu meinem besten Freund, der mit verschränkten Armen im Türrahmen lehnte. »Grace und ich sind auf dem Rückweg einer Gruppe Idioten begegnet. Sie haben Grace blöd angemacht, und dann habe ich sie möglicherweise ein wenig zu schnell umgehauen. Alleine.« Der Gedanke an die drei ließ meine Wut erneut aufkochen. Ich hatte große Mühe gehabt, mich zu beherrschen. Und das war kein gutes Zeichen. Es ärgerte mich, dass ich so unprofessionell reagiert hatte. Ich musste mich immer unter Kontrolle haben, egal, ob es um eine unbekannte Person, meine Freunde oder Grace ging. Denn genau das war das Gefährliche daran, näheren Kontakt zu Menschen zu haben, die nichts von unserem Geheimnis wussten. Und eigentlich hatte ich das auch immer gut verhindern können. Bis jetzt.

Luc hob die Augenbrauen, und ich konnte sehen, wie es in ihm arbeitete. Ich wusste, dass er seine nächsten Worte mit Bedacht wählen würde. »Was hast du ihr gesagt?«

Ich seufzte frustriert. »Dass ich lange Zeit in einem Kampfverein war.«

»Und wie hat sie es aufgenommen?«

Ich zuckte die Schultern und schloss für einen Moment die Augen. Der Gedanke daran, dass ich Grace erneut belogen hatte, und nun die Gefahr bestand, dass sie Verdacht geschöpft hatte, machte mich verrückt. »Ich bin nicht sicher, wie lange sie mir diese Lügen abkauft. Oder wie oft. Es war ein Fehler sie nochmal zu treffen, verdammt!«

Ich ließ mich frustriert auf den Badewannenrand sinken, meine Hände ballten sich zu Fäusten. Das Bedürfnis auf etwas einzuschlagen, wuchs mit jedem weiteren Gedanken an das, was ich durch die Bekanntschaft mit Grace riskierte.

»Als Guardian? Vielleicht. Als Cole? Definitiv nicht.«

Ich hob den Kopf und sah zu Luc, der mich mit ruhiger Miene beobachtete. Ich fühlte mich unter seinem Blick wie unter einem Mikroskop. Er kannte mich leider viel zu gut und sah Dinge, die ich selber nicht wahrhaben wollte.

Nicht wahrhaben konnte.

Mit einer schnellen Bewegung erhob ich mich und verschränkte die Arme vor der Brust. Mit aller Kraft drängte ich das Gefühlschaos in meinem Inneren zurück. Ich musste mich zusammenreißen und einen klaren Kopf bewahren, sonst würde alles ein böses Ende nehmen. Und ich durfte mich nicht ablenken lassen. Von unserer Arbeit hingen Menschenleben ab. »Wie auch immer. Das Projekt werde ich beenden, und das war es dann. Bis wir fertig sind, werde ich versuchen etwas über die Ermittlungen ihres Vaters herauszufinden.«

Nobody Gotta Know | ✓Where stories live. Discover now