Epilog

22.4K 2K 1K
                                    

Ich hatte immer Angst davor gehabt, zu sterben.

Aber nun, da mich der Tod in seine Arme schloss und mich in völliger Dunkelheit an sich zog, zerfiel meine ganze Furcht vor ihm zu Staub.

Hätte man mich gefragt, wie ich am liebsten gestorben wäre, hätte ich ohne zu zögern geantwortet; Während ich schlafe.

Was war schon friedlicher als während dem Schlaf in die Unendlichkeit abzudriften? Ein Übergang, so sanft, dass man ihn kaum spürte? Die Berührung des Todes, so sanft, dass man nicht mal mit der Wimper zuckte?

Doch hier lag ich, verschüttet von Asche und Schmutz und wurde von der sengenden Hitze des Feuers zerstört. Doch diese Hitze spürte ich nicht mehr.

Ich fühlte mich, als würde ich nach dieser Hitze in ein kühles Bad getaucht werden. Die Schmerzen verschwanden und mit ihnen die weissen Blitze die vor meinem geistigen Auge gezuckt hatten. Sie breiteten sich aus, wurden dicker und heller bis ich nur noch weisses Licht sah, das mich blendete.

Für einen Moment schmerzte mein Kopf und alles drehte sich, doch dann begann sich mein Blickfeld zu stabilisieren. Das weisse Licht löste sich auf und als es komplett verschwunden war, starrte ich in das direkte Sonnenlicht über mir. Ich lag auf weichem Untergrund, am Rande nahm ich Lärm war. Verwirrt richtete ich mich auf und stellte zu meinem Verwundern fest, dass ich keinerlei Schmerzen empfand. Ich hatte auf einem Rasen gelegen. Ich schüttelte den Kopf, dann blickte ich an mir herunter. Ich trug die Klamotten, die ich zuvor getragen hatte, doch sie waren unversehrt. Als ich hochblickte, eilten Rettungskräfte an mir vorbei und mein Blick folgte ihnen, dann blieb er an der Villa hängen – oder zumindest daran, was noch von ihr übrig war.

Die rechte Seite war fast komplett eingestürzt, die linke war mehr oder weniger intakt. Dort, wo sie eingestürzt war, qualmte es und ich rappelte mich hoch, um näher auf das Haus zuzugehen. Die Leute, die an mir vorbei zum Haus gingen, würdigten mich keines Blickes und ich sah ihnen ein bisschen verunsichert nach. Warum war ich hier? Ich müsste doch eigentlich tot sein –ich war in dem Haus verbrannt.

Ich kratzte meinen ganzen Mut zusammen und richtete mich an die Frau, die neben mir stand und zum Haus empor sah. Sie war etwa vierzig Jahre alt, ihr Haar hatte hier und da bereits graue Stellen. Eine Falte hatte sich auf ihrer Stirn gebildet, als sie sich das Haus besah. „Entschuldigen Sie bitte, aber wissen Sie-„

„Unglaublich“, unterbrach sie mich, schüttelte den Kopf und sah den grossen Mann an, der neben ihr stand.

„Ich würde darauf wetten, dass das wieder irgendwelche Teenager waren. Haben da drin wahrscheinlich eine Menge Spass gehabt und dabei irgendeinen Scheiss angestellt.“ Der Mann klang verärgert.

„Entschuldigung?“, ergriff ich nochmal das Wort und stellte mich vor sie hin, doch das Paar verzog keine Miene. Sie blickten einfach durch mich hindurch. Ich spürte, wie mich Verzweiflung erfasste und ich hob meine Stimme etwas an. „Wissen Sie ob –“

„Komm, lass uns gehen“, meinte der Mann, legte eine Hand um die Hüfte der Frau und die Beiden wandten sich, ohne mich auch nur einmal anzusehen, ab. Fassungslos sah ich zu, wie sie vom Grundstück schritten und setzte augenblicklich dazu an, ihnen zu folgen. Ich stolperte über meine eigenen Füsse, als ich ihnen nachsetzte, fing mich aber wieder. „WARTEN SIE!“, rief ich und verfiel ins Joggen, doch sobald ich am Tor angekommen war, prallte ich auf eine unsichtbare Barriere.

Ungläubig blickte ich das Gartentor an. Es war sperrangelweit offen und ich trat noch einmal einen Schritt darauf zu, hob meinen Fuss an, um ihn über die Grenze zu setzen. Ich traf auf Widerstand.

„Nein“, flüsterte ich ungläubig. „Nein, nein, nein, nein!“ Meine Hände tasteten zitternd der unsichtbaren Wand entlang, fühlten alle Möglichkeiten ab, doch sie fanden kein Schlupfloch. Meinen Lippen entwich ein Wimmern, ich drückte gegen den Widerstand, doch er gab nicht nach. Ich schlug dagegen, hämmerte mit beiden Fäusten darauf ein, doch die Barriere blieb an Ort und Stelle.

PhantomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt