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»Na ja, ich denke du weißt, wie wichtig du mir geworden bist.« Er strich mir vorsichtig eine der losen Locken aus meinem Gesicht. Seine Stimme war so ruhig, sanft, dass ich mich fragte, ob sie nur in meinem Kopf existierte. Weswegen mein Blick einen kurzen Moment von seinen Augen zu seinen Lippen und zurück schwenkte. Nur um sicher zu sein, dass er wirklich mit mir sprach. Seine Fingerspitzen verharrten an meiner Wange.

All meine Schlagfertigkeit war wie weggeblasen. Nicht von all dem noch übrig. Nicht mal ein simples Nicken würde ich noch hinbekommen. Mein Herz raste. Ging es ihm ähnlich? Wollte er das gleiche?

Er schloss die Augen und lehnte seine Stirn gegen die meine, als würde er einen inneren Kampf führen. Abwägen, ob es eine gute Idee war, diesem Moment nachzugeben. Bildete ich mir das alles nur ein? Ich wusste, ich konnte mir nicht immer vertrauen. Aber das hier war real. Es musste real sein.

»Komplizierter scheiß«, nuschelte er leise, ehe seine Lippen sich sanft auf meine Stirn legten. Er löste sich, schenkte mir ein Lächeln.

»Du bist mir auch wichtig«, brachte ich hervor, während mein Herz mir hart gegen die Brust hämmerte, als wolle es herausspringen.

Im gleichen Moment öffnete sich die Aufzugstür und ich trat aus dem Aufzug, befreite mich selbst aus dieser Situation, ehe ich einen Schritt zu weit gehen würde. Einen Schritt den ich nicht mehr Rückgängig machen konnte. Ich konnte ihn nicht verlieren, weil ich einfach alles auf eine Karte...

»Jen...« Er griff sanft nach meinem Handgelenk und zog mich zu sich zurück. Sein Blick war unsicher, fast schon besorgt.

Was wollte er mir sagen? Was brannte ihm auf dem Herzen? Es war nicht zu übersehen. Doch was genau es war, konnte ich nicht erkennen.

Ich sah ihn nur an. Stand nah vor ihm, vor der Aufzugstür und hatte nicht mal die Zeit zu reagieren, als sich seine Lippen auf die meinen legten. Vorsichtig, sanft, als würde ich zerbrechen, ihn zurückstoßen. Ihn anschreien und fragen, ob er noch ganz bei Sinnen war. Doch ich tat nichts von all dem. Er löste sich von mir, schien auf eine Reaktion zu warten, während er mich besorgt betrachtete. Beinahe fragend, als meine Fingerspitzen wie von selbst über seinen rauen Bart strichen. Seine blauen Augen erinnerten mich an ein aufgewühltes Meer, tosende Wellen und die Schaumkronen, die es mit sich trug. Es wirkte, als würden gerade unendlich viele Emotionen in ihm toben. Ein freches, beinahe erleichtertes Lächeln huschte ihm über die Lippen, ehe er mich erneut zu sich zog. Der zweite Kuss ließ den ersten vollkommen verblassen. War der Erste ein vorsichtiger, zaghafter Versuch herauszufinden, wo ich in dieser Sache stand, war dieser Kuss wie ein Befreiungsschlag. Eine Art Erlösung. Es war, als wäre dieser Kuss schon lange überfällig gewesen. Ihn zu erwidern war so einfach.

Passierte das gerade wirklich? Stand ich vor dem Aufzug, in einem Hotel in New York City und küsste Christian Natherson? Den Christian Natherson, der mir seit meinem ersten Tag an der BU den letzten Nerv geraubt hatte? Ich brach meinen Schwur, dass er mich nicht interessieren würde, und nun auch den, dass niemals etwas zwischen uns passieren würde. Man sollte wirklich niemals nie sagen. Denn Christian Natherson hatte meine Welt bereits mit einem simplen Rempler auf den Kopf gestellt.

»Das wollte ich den ganzen Abend schon tun, seit ich dich in meinem Jersey gesehen habe.« Er lehnte seine Stirn erneut gegen die meine, seine Augen waren geschlossen, als wartete er immer noch auf eine Reaktion von mir. Das ich ihm die Meinung sagte. Ihn fragte, ob er nun vollkommen durchgedreht sei.

»Ich sollte es doch ausziehen?« Mein Kopf schaffte es tatsächlich einen vollständigen Satz hervorzubringen, obwohl ich ihm das gar nicht mehr zutraute. Denn er fühlte sich genauso weich an, wie meine Knie. Nicht dass es die grandiose Antwort war, die man in so einem Moment sagen sollte. Es war wenigstens ein Satz. Meine Hände zitterten vor Aufregung, von meinen Knien wollte ich gar nicht erst sprechen. Meine Finger strichen über seinen Nacken.

by your sideWhere stories live. Discover now