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Gemeinsam saß ich mit meinen beiden Freundinnen Laura und Fiona in der Mensa. Mittagessen auf dem Campus war so eine Sache. Es förderte das Sozialleben und war daher wichtig. Ob all es allerdings gesund war, was da angeboten wurde, stand auf einem anderen Blatt. Rick setzte sich kurz darauf ebenfalls zu uns, als Laura mich mit großen Augen ansah, als gäbe es eine bahnbrechende Neuigkeit.

»Ben Parker hat erzählt, dass er dich heiß findet.« Sie deutete mit ihrer Gabel auf mich. Ben Parker, Footballer und ein Berg aus zu vielen Muskeln, der nur hier war, weil er in der Lage war ein Ei zu fangen und darauf hoffte später mal bei den Patriots spielen zu dürfen, sollte sich also für mich interessieren? Wo hatte ich bitte Berührungspunkte mit diesem Typen?

Es gab nur einen gemeinsamen Berührungspunkt und dieser war sicher nicht der Auslöser für sein plötzliches Interesse an mir, dazu waren sie zu gut befreundet.

»Kein Interesse.« Ich stocherte in meinem Essen herum. Bei Themen wie diesem, kämpfte ich immer schnell mit einem plötzlichen Appetitverlust. Es lag nicht an Ben. Um ehrlich zu sein, lag es nur daran, dass ich seit meinem ersten Tag am College einen Bogen um Dates und Männer machte. Ich sah mir Typen gemeinsam mit meinen Freunden an. Manch mal bewerteten wir sie auf der Eins zu Zehn Skala, aber nach mehr stand mir einfach nicht der Kopf.

»Jenny, ein Date mit Ben bringt dich mit Sicherheit nicht um.«

»Aber eine der Geschlechtskrankheiten, die er mit sich rumschleppt, wird es vielleicht tun.« Ich blickte meine gute Freundin vielsagend an. So viel zu meinem Schubladendenken.

Laura rollte mit den Augen und es war ihr anzusehen, dass sie mich liebend gern schütteln wollte.

»Geh du doch mit Ben aus? Ich meine, du bist sportlich und du magst Footballer.«

»Erde an Jenna, er findet dich heiß, keine blonden Bodenturnerinnen.« Sie deutete erst auf mich und dann an sich herunter. Was stimmte wohl an dieser Aussage nicht? Er fand mich heiß, aber nicht die Bodenturnerin, die mir gegenübersaß? Bücherwurm gegen Sportskanone? Meine High School Zeit war ein reines Klischee gewesen, ich wusste also wovon ich da sprach. Mein Blick schweifte zu den Jungs aus dem Team.

»Frag mal Chris, ob er den Quatsch erzählt, damit ich mich feierlich blamiere«, raunte ich ihr zu. Zuzutrauen wäre es Natherson. Immerhin waren wir über reine Wortgefechte bereits hinaus. Er würde sich sicher gern revanchieren, für all die Dates, sie ihm dank mir durch die Lappen gegangen waren.

»Ok, Ben hat es selbst gesagt, vielleicht nicht mir direkt, aber ich stand dabei und von Christian war da keine Spur.«

Irgendwie konnte und wollte ich es mir gar nicht vorstellen. Egal wie man es drehte und wendete, Ben Parker war keine Option. Oft genug versuchte ich bereits meinen Freunden zu erklären, dass ich auch ohne ein Date superglücklich war und mein Leben in vollen Zügen genoss. Man vereinsamte auch nicht zwangsläufig als Single. Ich für meinen Teil konnte prima mit mir allein sein. Jedoch redete ich dabei scheinbar immer noch gegen eine Wand.

»Vielleicht sollten wir alle mit dem Taxi fahren und du trinkst mit Ben ein Bier? Das ist noch lange nichts verbindliches.« Laura sah mich herausfordernd an.

»Warten wir es mal ab. Wenn er mich so heiß findet, dann soll er sich trauen mich zu fragen. Wenn er mich nicht fragt, dann fahre ich mit dem Auto und trinke Wasser.« Der Deal konnte nur aufgehen. Ben würde mich nicht ansprechen. Kein Typ auf dem gesamten Campus hatte dies bisher getan, außer Natherson und der zählte nicht. Also war es unwahrscheinlich, dass Ben Parker mich nach einem Date fragen würde, oder ob wir auf der Party ein Bier zusammen trinken würden.

»Handschlag.« Laura reichte mir ihre Hand über den Tisch hinweg.

»Wenn ich mitbekommen, dass du ihn dazu bringst, ist der Deal gelaufen meine Liebe«, ermahnte ich sie und drückte ihre Hand noch einmal mit Nachdruck. Bei Laura musste ich mir normalerweise keine Sorgen machen.

»Das gilt auch für euch.« Ich zeigte mit dem Ende der Gabel erst auf Fiona und dann auf Rick. Man konnte hier niemanden trauen.

Ich blickte noch einmal zu den Footballern hinüber, die lauthals diskutierten, anscheinend über irgendwelche Spielzüge. Einer von ihnen erhob sich nun und spannte seine Muskeln an, während die anderen ihn dafür bejubelten und grölten. Irgendwie hatte sich von der High School zum College hin wohl doch nichts verändert. Die Footballer waren noch genau so, wie ich sie aus der High School in Erinnerung hatte.

»Wie sehnsuchtsvoll sie schon dorthin starrt.« Rick lachte leise auf. »Ich hoffe du starrst nicht Chris an? Du weißt, er würde sehr gern dein Döschen pudern und so sagst du nur, du willst es auch.«

»Pass nur auf, dass sie dir nicht gleich was pudert«, Fiona konnte sich kaum zurückhalten und musste herzhaft lachen.

»Manch mal glaube ich, du bist besessen von ihm und er taucht nicht auf, um mich zu ärgern, sondern dich, Rick. Kann es sein, dass du dir gern dein Döschen von ihm pudern lassen würdest?« Ich sah ihn nun direkt an und legte meinen Kopf zur Seite, so dass meine braunen Locken über meine Schulter fielen.

»Der dürfte bei mir noch ganz andere Sachen machen, aber leider spielen wir wirklich nicht für das gleiche Team.«

»Sicher?«

»Oh ja, glaub mir, wenn er schwul wäre, dann hätte ich ihn mir schon lange gekrallt.«

Und das glaubte ich Rick sofort. Rick war der aufgeschlossenste und direkteste Homosexuelle, den ich bisher kannte, gut ich kannte auch noch nicht sonderlich viele, eigentlich nicht mal eine Hand voll und die meisten nicht mal gut. Aber Rick machte kein Geheimnis darum und schon gar nicht darum, ob jemand in seinen Augen eine Zehn war, egal ob sie im gleichen Team spielten, oder nicht.

Er war nicht immer so gut mit seiner offenen Art angekommen. Gerade in der High School hat er viele Probleme gehabt. Hier allerdings konnte er einfach er selbst sein, bedingungslos. Einfach wie jeder andere Student. Die Sportler machten keinen Bogen um ihn, weil sie Angst hatten, oder ihn ausgrenzen wollten, sie luden ihn genauso zu ihren Partys sein, wie all die anderen. Er war ein die gute Seele des Campus und wurde von allen gemocht. Er war lange Flursprecher gewesen und hatte sich den Erstsemestern angenommen. Er war die gute Seele dieses Campus.

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