Z.1_Das Herz des Meeres

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Am vorangegangenen Abend hätte wohl niemand vermutet, dass das größte Hindernis nicht das Finden des Urozeans oder des Sonnenhändlers werden würde, sondern die Reise selbst

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Am vorangegangenen Abend hätte wohl niemand vermutet, dass das größte Hindernis nicht das Finden des Urozeans oder des Sonnenhändlers werden würde, sondern die Reise selbst.

Dass Manannan mit ihnen kommen würde, war Tartara schon klar gewesen. Sie würde auch nicht auf jener Insel verweilen wollen, die für einige Jahrhunderte ihr Gefängnis gewesen war. Was sie aber nicht bedacht hatte, war, wie sie über das weite Meer kommen sollte. Oder durch das Meer. Da sie kein Schiff besaßen, hätte Tartara es wieder auf sich genommen, den Weg unter Wasser anzutreten. Kip hätte in alles eingewilligt, was mit Schwimmen zu tun hatte. Das stand außer Frage. Mit Manannan jedoch sah es anders aus. Wie erstarrt stand sie am Saum des Wassers und getraute sich nicht, einen Schritt weiterzugehen. Tartara konnte sehen, dass das Salzwasser in ihr schäumte, doch was genau die gefallene Göttin spürte, vermochte sie nicht zu sagen.

Manannan hatte gesagt, sie könne das Wasser nicht mehr spüren, als wäre es ein verlorener Freund, den man nur noch aus der Weite betrachten konnte. Und mit einem Mal fiel es Tartara wie Schuppen von den Augen. Sie hätte nie gedacht, dass Götter dazu in der Lage waren, Angst zu verspüren. Nicht Angst vor großen Gefahren oder die Angst, etwas falsch zu machen. Die Angst, dass einem vorgeführt wurde, wer man gewesen ist, wenn man sich selbst als ein Niemand fühlte. So in etwa musste es Manannan ergehen, als sie letztendlich doch einen Fuß nach vorne setzte und keuchte, als eine kalte Welle an ihren Zehen leckte. Sie musste sie spüren, die Macht des Wassers, das sie berührte, in dem Wissen, dass es nicht länger ihr gehörte.

»Wir könnten uns auch ein Floß bauen«, sagte Tartara, nachdem sie bereits eine Ewigkeit vor dem Wasser gestanden, es aber noch nicht betreten hatten. »Oder so«, fügte sie noch hinzu, als sie an die Menge der Bäume dachte, die auf dieser Insel wuchsen. Nämlich gar keine.

»Nein. Ich werde nicht zulassen, dass Kren diese Genugtuung bekommt. Das Wasser ist immer noch mein Zuhause.«

Und mit dieser Antwort schritt Manannan endgültig vorwärts, in die gischtenden Wellen. Sie machte nicht Halt, auch wenn sie immer langsamer voran watete. Als sie bis zur Hüfte im Wasser war, drehte sie sich einmal um sich selbst und ließ dabei ihre Finger über die Wasseroberfläche gleiten. Keine Wellen richteten sich unter ihrer sanften Berührung auf, keine Fische sprangen ihr hinterher. Das Wasser rührte sich kaum, nur dieselben kleinen Wogen tanzten über die Bucht, die zuvor schon da gewesen waren.

Langsam setzte sich auch Tartara in Bewegung, stürzte sich in die Fluten und tauchte sofort unter, ohne sich noch einmal zu der Insel umzudrehen. Sie brauchte nicht erst ein langsames Waten oder ein tiefes Durchatmen wie Manannan oder sie selbst vor einiger Zeit noch. Wenn Manannan mutig sein und sich dem Wasser stellen konnte, dann schaffte sei das auch. Mit diesem Gedanken tat sie einige Schwimmzüge und merkte erfreut, dass sich etwas verändert hatte. Es war nicht wie bei Manannan, der das Wasser fern erschien und die nicht mehr zu verspüren vermochte, was für Erinnerungen es hielt und was die Fische dachten. Es war etwas so Schönes, dass Tartara heimlich grinste. Die Panik, die sie sonst immer unter Wasser befallen hatte, weil sie im nächsten Moment die dunklen, sie verfolgenden Tentakel aus waberndem Nebel vor sich erwartete, war verschwunden. Stattdessen war da Wasser so hell, dass es beinahe zu leuchten schien, weil die Sonne ihre Strahlen hineinstreckte.

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