T.1_Das goldene Garn

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Tartara war in ihrem Leben noch nicht oft krank gewesen

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Tartara war in ihrem Leben noch nicht oft krank gewesen.

Sicher, ein wenig gehustet hatte sie in den eiskalten Winternächten von vor einigen Jahren schon und auch als Kind war sie vor Krankheiten nicht gefeit gewesen. Doch seit sie regelmäßig zur See fuhr, konnte sie sich nicht erinnern, einmal krank gewesen zu sein. Ihre kleine Schwester und ihr Bruder hingegen hatten oft mehrere Tage lang flachgelegen, so hatte ihre Mutter es bei ihrer Rückkehr zumindest erzählt. Sie wusste, es war die kühle, salzige Luft über dem Meer, die durch ihre Lunge zog und alle Krankheiten forttrieb. Einmal hatte sie sich beinahe bei den Seefahrern angesteckt, die sich mit der Geißel der Seefahrt plagten, einer Erkrankung, die von Schiff zu Schiff übergesprungen war und länderweit Krisen ausgelöst hatten, weil die Handelsschiffe nicht mehr fuhren. Tartara hatte gar nicht erst mit auf das Schiff gedurft und war so verschont geblieben.

Jetzt jedoch, direkt neben dem reißenden Strudel, der noch mehr Tote gefordert hatte als jene Krankheit, fühlte sie sich elendig. Kopfschmerzen bohrten sich wie Dornen in ihren Kopf und sie glaubte, sich im nächsten Moment übergeben zu müssen. Was war nur los mit ihr?

Schwarze Flecken, ein Schattenschleier, tanzte vor ihren Augen und das dauerte einige Sekunden, bis sie realisierte, dass dies nicht des Geisterrufers Geister waren. Ihr war schwindlig. Sie wusste nicht mehr, wo oben war, wo unten.

In einem Moment der Klarheit konnte sie Uisce vor sich sehen, besorgt und lebendig. Er war bei ihr. Er war gesund. So schlecht es ihr auch ging, sie musste es jetzt zu Ende bringen. Also zwang sie ihre Augenlider, sich zu heben, und griff in die Taschen ihrer Hose. Sie hatte vergessen, in welcher Tasche sie was gehabt hatte, und so wühlte sie ein wenig, ehe sie den hauchdünnen Faden ertastete.

Sie war erleichtert, dass sie ihn damals eingesteckt hatte und noch froher, dass er sich immer noch in ihrer Tasche befand. Er war so fein und leicht, dass er nicht wie die runde Schatulle mit dem Muschelhorn nach unten drückte und somit mit seinem Eigengewicht eher in der Tasche blieb. Es war ein Wunder, ein verdrehtes Wunder, das nicht hätte sein sollen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie das Garn verlor, war so viel größer gewesen als die, das Muschelhorn zu verlieren. Und doch hatte das Schicksal entschieden, dass die Kugel in dem wilden Strudel des Urozeans aus ihrer Tasche gerissen wurde. Die brauchte sie nicht mehr. Das goldene Garn hingegen war es, das ihr bei dem Erfüllen ihres Ziels helfen würde.

Tartara wusste gar nicht mehr, woher genau oder wann sie diese Idee gehabt hatte. Sie dachte, dass es entweder die Algen vor den Höhlen im Herzen des Urozean sein müssten, wo die Wellenlichter lebten, oder das leuchtende Wasser, das sich wie Lianen um ihren Onkel geschlungen hatte, doch ihr Kopf schmerzte zu sehr, als dass sie es noch genau zu sagen vermochte.

Kühl spülte Wasser um ihre Haut herum, doch nichts vermochte es, den Schmerz in ihr zu lindern, nicht einmal ihr geliebtes Meer. Nachdem sie einmal die Augen geschlossen hatte, blickte sie durch das Meer, ohne festen Fokus. Dies half ihr, die Kopfschmerzen und das Schwindelgefühl zu verdrängen, zumindest ein wenig. Sie lauerten noch immer in den Tiefen ihres Daseins, streckten dann und wann lange Tentakel nach ihr aus, doch es gelang ihr, diese zurückzudrücken und einen einigermaßen klaren Kopf zu bewahren.

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