F.1_Zur untergehenden Sonne

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Es wehte ein leichter, wispernder Achterwind, der den Viermaster zum Schaukeln brachte

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Es wehte ein leichter, wispernder Achterwind, der den Viermaster zum Schaukeln brachte. Über den Bug hinweg war die endlose Weite des Ozeans zu sehen und die rote Sonne, die sich gerade hinter dem Horizont ins Meer senkte, den Himmel golden färbte sowie die wenigen Wolken, die vorbeizogen, in ein glühendes Rot tauchte. Es wirkte, als fahre das Schiff einem riesigen Feuer entgegen.

Einmal mehr fühlte Tartara sich erhaben und wie eine richtige Kapitänin, als sie auf einer der Rahen sitzend die untergehende Sonne betrachtete und ihr Haar, vom Wind zum Spielen aufgefordert, wild um sie herumflatterte. Sie lehnte sich gegen den Mast und atmete aus, als sei eine immense Last von ihr abgefallen. Die Rückkehr nach Fanann An Croí war ihr leichter gefallen als gedacht. Sie war für einige Monate ins Inland zu ihrer großen Schwester gereist, um ihr vom Verschwinden ihres Onkels und Tod des Vaters zu berichten und um nicht täglich an sie und deren Fehlen erinnert zu werden. Die Befürchtung, dass die Erinnerungen sie überwältigen und ihr den Boden unter den Füßen wegziehen würden, war nicht eingetreten. Im Gegenteil, sie hatte das Gefühl, als sei er wieder da, als sei jeder Lufthauch eine warme Umarmung von ihm.

Das Kreischen einer Möwe weckte sie aus ihren Gedanken und sie öffnete ihre Augen. Ein ganzer Schwarm der hellgrauen Vögel flog über ihr, drehte zwei Runden um den Ausguck und zog dann achtern weiter. Tartara ließ ihren Blick über den dunkler werdenden Himmel gleiten. Riesige Wolken waren aufgezogen, vorhandene hatten sich ausgedehnt und hingen nun dunkel und bedrohlich über dem Schiff. Sie seufzte. Ein Sturm würde aufziehen und für sie würde es Zeit werden, nach Hause zurückzukehren.

Obwohl bereits ein leichter Regen fiel, blieb sie noch einige Minuten sitzen und stellte sich vor, wie sie auf der wilden See war und die Wellen so hochschlugen, das sie über Bord brachen und sie durchnässten.

Dann drang die Kälte zu ihr durch. Vorsichtig stand sie auf und war erstaunt, wie leicht es ihr noch immer fiel, das Gleichgewicht auf den Rahen zu halten. Ein kurzes Stück balancierte sie auf dem schmalen Holz entlang, die Arme ausgestreckt, beinahe tanzend, so frei, wie sie sich fühlte, als der Wind unter ihren Armen vorbeifegte.

Tartara ließ sich nach hinten fallen und streckte im Fall ihre Hände nach den nassen Wanten aus, bekam sie zu fassen und ließ ihre Füße ebenfalls hineinschwingen. Sie bemerkte, wie viele der horizontalen Seile durchhingen oder auseinandergerissen waren. Dort hing sie nun in den Seilen und blickte ein letztes Mal gen Horizont, dahin, wo das Meer die Nacht berührte. Dann hangelte sie sich hinunter und setzte vorsichtig einen Fuß nach dem anderen auf die morschen Planken. Sie knarrten und Tartara befürchtete, dass sie bald nachgeben würden, wenn der Viermaster nicht vorher schon wegen des Lecks unterging.

Das Fallreep wackelte gefährlich, als Tartara über sie das Schiff verließ. Kurz stand sie noch auf dem Steg auf Höhe der Galionsfigur, die einen mächtigen Wassergott darstellte. Seetang und Moos verdeckten sein Gesicht. Das Mädchen erinnerte sich, wie sie der Figur früher ihre Wünsche und Ängste anvertraut hatte. Es öffnete den Mund, wollte etwas sagen, überlegte es sich dann jedoch anders und behielt seine Gedanken für sich.

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