Kapitel 5: Eine Nacht im Burger King [Teil 1]

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"Steig ein", rief Herr Vega ihr entgegen.

Trotz des starken Regens, der sie förmlich überschüttete, war sie sich nicht sicher, ob sie sein Angebot annehmen sollte. Eine Schülerin im Auto ihres Lehrers? Das empfand sie schon immer als fragwürdig.

"Du willst doch nicht im ernst hier stehen bleiben? Alleine? Im Regen?"

Alle Argumente, die ihr einfielen, sprachen gegen eine Annahme seines Angebotes, doch es war, als wäre ihr Kopf ausgeschaltet. Ihr Körper schien nun die Kontrolle zu übernehmen.
Sie umfasste den Türgriff mit ihren nassen Händen, öffnete die Tür des schwarzen Wagens, und stieg schließlich ein.

Herr Vega fuhr das Auto vom Parkplatz zurück auf die Straße. Poline traute sich nicht, ihn anzusehen.

"Darf ich fragen, was du mitten in der Nacht alleine im Regen machst?"

Polines Verstand setzte wieder ein. Sie durfte ihn nicht zu nah an sich ranlassen. Das tat sie nichteinmal ganz bei allen ihren Freunden, wieso sollte sie es dann bei ihm?

"Wenn ich Ihnen auch eine Frage stellen darf."

"Nichtmal in dieser Situation lässt du deine Maske fallen. Kompliziert, aber gefällt mir."

Poline sah ihn immernoch nicht an, doch sie konnte sein Lächeln förmlich hören. Er hatte sie durchschaut, zumindest zum Teil.

"In Ordnung, Poline. Was hältst du davon, wenn wir einen Deal eingehen?"

Erst jetzt sah sie herüber zu ihm.
Seine Augen waren auf die Straße fokussiert. Im schwachen Licht des Wagens konnte sie seine Gestalt kaum ausmachen. Einzig seine Gesichtszüge waren markant genug, um sie zu sehen. Ab und zu, wenn das Licht einer Straßenlampe auf ihn fiel, konnte sie auch seine Augen leuchten sehen. Ob sie wohl natürlich waren? Oder trug er vielleicht einfach Kontaktlinsen?

"Poline?"

Seine Stimme holte sie ins hier und jetzt zurück. Doch allein die Art, wie er ihren Namen sagte, drohte sie zurück in ihre Gedankenwelt zu stoßen.

"Wie soll der Deal aussehen?", fragte sie und konnte ihre Stimme selbst kaum wiedererkennen. Sie war nervös.

"Du stellst mir eine Frage, ich beantworte sie und dasselbe dann umgekehrt."

Poline nickte. "In Ordnung."

"Gut, aber eine Frage, die noch nicht dazugehört: Wo wohnst du?"

"Sie müssen mich nicht nach Hause fahren. Lassen Sie mich einfach..."

"Ich werde dich nicht alleine lassen."

"Was, wenn ich Ihnen nicht verraten will, wo ich wohne?"

"Dann sehe ich mich dazu gezwungen, dich mit zu mir zu nehmen, bis du mir antwortest."

Poline wollte das auf keinen Fall. Es wäre nicht auszuschließen, dass der Mann neben ihr ein Psychopath war. Sie vertraute ihm einfach nicht und fühlte sich nicht wohl dabei, ihm ihre Adresse zu verraten. Außerdem wäre es nur eine zwei minütige Fahrt bis dorthin und sie wollte unbedingt Antworten auf die Fragen, die ihr sich seit Mittwoch stellten. Sie musste sich etwas einfallen lassen.

"Bringen Sie mich zu Burger King. Wenn ich mit Essen fertig bin, verrate ich Ihnen, wo ich wohne."

Er schaute sie kurz skeptisch an, bevor er zustimmte.
So war es gut. Vielleicht würde er ja nach dem Gespräch vergessen, was sie ihm versprochen hatte.

Auf dem Weg war es ruhig. Sie hatten beschlossen, den Deal während des Essens umzusetzen. Bis auf das Radio, das Poline zwischenzeitlich einfach angeschaltet hatte, weil sie die Stille nicht ertragen konnte, war nichts zu hören.

Forbidden Attraction [Old Version]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt