Kapitel 36: Glück im Unglück

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Überraschenderweise waren James "Berechnungen" ziemlich akkurat. Sie schaffte es genau mit dem Klingeln den Klassenraum zu betreten, weshalb keine ihrer Freunde sie hatte ansprechen können.

An Ambers Gesichtsausdruck konnte sie jedoch erkennen, dass etwas nicht stimmte. Sie wirkte angespannt, fast wütend. Selbst Anne schien unglaublich nachdenklich und blickte oft zu Amber. Hatte James vielleicht Recht und die beiden hatten sie beobachtet?

Alles schien im Moment darauf hinzuweisen, doch Poline hoffte immer noch, dass es nur ein Irrtum war und nichts dergleichen geschehen war.

Doch schon kurz nach dem Unterricht wurden ihre Hoffnungen zunichte gemacht. Anne, Amber und Tess warteten vor dem Raum auf sie und nahmen sie zur Seite.

"Morgen Abend treffen wir uns bei Zoey Zuhause. Hast du Lust mitzukommen?", fragte Anne.

Während sie normal schien, oder sich zumindest bemühte, normal zu sprechen, schienen Tess und Amber genervt.

"Ich würde gerne, aber ich habe Nachhilfe."

"Etwa mit Herr Vega?", wollte Tess wissen.

Polines Blick veränderte sich für eine Millisekunde ins Panische. Sie hoffte, dass es niemand gesehen hatte.

"Nein, mit Vincent. Wie kommst du denn auf..."

"Du meinst mit dem Typ, der dich angeblich erpressen wollte und dich angefasst haben soll? Ja klar, deine Lügen kannst du dir sonst wohin stecken", meinte Tess.

"Es ist keine Lüge. Ihr könnt ihn gerne fragen, wenn ihr wollt. Außerdem was heißt hier eigentlich 'angeblich'. Er hat–"

"Ganz ehrlich, lass es einfach, Poline", unterbrach Amber sie. "Für wie blöd hältst du uns eigentlich? Wir kennen die Wahrheit."

Polines Atem stockte. Sie hoffte, dass gleich nicht das aus Ambers Mund kommen würde, was sie dachte.

"Wir wissen alles über dich und Vegas. Der Brief, die heimlichen Treffen, eure Beziehung, Vincent als Alibi. Wir wissen alles."

Amber schüttelte den Kopf, während Tränen der Wut sich den Weg in ihre Augen bahnten.

"Und ich dachte wirklich, du bist meine beste Freundin. Dabei hast du mich die ganze Zeit angelogen."

Poline wollte etwas erwidern, wollte sich erklären und entschuldigen. Doch die Worte blieben ihr im Halse stecken. Auch sonst brachte sie es nicht fertig eine Reaktion zu zeigen. Ihr Körper schien sich in einer Art Schockstarre zu befinden.

"Du hast also nichts dazu zu sagen? Erbärmlich", fuhr Amber fort.

Sie machte einen Schritt auf Poline zu und sah ihr tief in die Augen.

"Ich sag' dir jetzt, wie das hier laufen wird: Du kommst morgen um Punkt achtzehn Uhr zu Zoey und sagt die Wahrheit. Ich will jedes einzelne Detail hören, von vorne bis hinten. Ich hoffe für dich, dass du eine gute Erklärung für das alles hast, ansonsten kannst du dir neue Freunde suchen. Und was mich angeht...", sie machte eine kurze Pause, bevor ein heftiger Schwall Tränen aus ihren Augen floss.

Nachdem sie den Brief gelesen hatte, hatte sie noch ein wenig Vertrauen in Poline gehabt und gehofft, dass sie alles erklären konnte. Doch nachdem sie in der Mittagspause Poline und James gesehen hatte, war das letzte Fünkchen Hoffnung auf Ehrlichkeit erloschen.

"Von mir aus kannst du danach zurück zu deinem James gehen. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben."

Dieser Satz versetzte Poline einen Stich ins Herz. Während Amber die Tränen mit ihrem Ärmel wegwischte, liefen sie Poline ungehindert über die Wangen.

Forbidden Attraction [Old Version]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt