Kapitel 28: Letzte Option

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Glücklicherweise waren ihre Eltern nicht sehr verwundert, als Poline meinte, dass Ambers Mutter sie nach Hause gefahren hatte und stellten deshalb keine Fragen.

So konnte sie bereits kurz nachdem sie Zuhause eingetroffen war, ins Bett gehen.

Während Poline schon tief und fest schlief, saß James hellwach an seinem Küchentisch und dachte nach.

Er hoffte sehr, dass niemand die Briefübergabe mitbekommen hatte. Sicher sein konnte er sich aber nicht.

Bei Wallace wusste man nie so genau, was vor sich ging. Dieser Mann fand einfach immer einen Weg, die Dinge so zu erledigen, dass es keine Menschenseele mitbekam.

Vielleicht plante er sogar schon einen fiesen Hinterhalt, um James endgültig loszuwerden. Doch mit dieser ständigen Ungewissheit würde er jetzt leben müssen, bis er am Freitag mit Poline zum Treffen gehen würde.

Wenn alles glatt laufen sollte, bräuchte er sich danach keine Sorgen mehr zu machen. Ein wichtiger Teil des Ganzen war jedoch Poline.

Er hoffte sehr, dass sie das Geschehene und alles, was in dem Brief stand, gut verarbeiten würde.

Zu gern hätte er mit ihr darüber geredet, sie in den Arm genommen und ihr versprochen, dass alles gut gehen würde, doch das ging leider nicht. Deshalb musste er weiter hoffen und auf Polines Willensstärke zählen. Ganz alleine lassen konnte er sie aber nicht.

Er schrieb also eine Nachricht, die so wirkte, als würde sie nur zum Schauspiel dazugehören, damit Wallace, oder welcher Seiner Handlanger auch immer seine Nachrichten überwachte, keinen Verdacht schöpfen würde: "Hey, ich wollte nach den anstrengenden Abend nur mal wissen, wie es dir geht. Ich hoffe es ist alles gut, wenn du was brauchst, melde dich bitte bei mir. Jeder Zeit. Schlaf gut, hab dich lieb. James"

Lange schwebte sein Finger über dem 'Senden'-Button. Wirkte die Nachricht nicht zu...väterlich? Sie waren ein Paar, da schrieb man doch nicht so?!

Letztendlich entschied er sich dazu, die Nachricht doch abzuschicken. Falls jemand Falsches die Nachrichten je zu Gesicht bekommen sollte, könnte man ihnen wenigstens nicht direkt etwas unterstellen...

_____

Am nächsten Morgen wachte Poline erholt auf. Sie hatte lange tief und fest geschlafen und es hatte sich gelohnt.

Bis zum gemeinsamen Mittagessen mit ihrer Familie waren es noch wenige Stunden, also ging sie ins Bad, zog sich um und schminkte sich. Als ihre Mutter sie schließlich zum Essen rief, wurde sie nervös.

Sie musste ihre Eltern fragen, ob sie weiterhin Nachhilfe von James bekommen durfte. Noch hatte sie keine Idee, was sie tun sollte, wenn sie es ihr nicht erlauben sollten. Also musste sie einfach darauf hoffen, dass sie 'ja' sagen würden.

Poline setzte sich an ihren festen Platz am Esstisch und begann ihren Teller zu füllen. Wie üblich wurde über belanglose Themen gesprochen, weshalb sie sich nur wenig an der Konversation beteiligte. Einen etwas ruhigeren Moment nutzte sie aus, um ihre Frage subtil einzuleiten.

"Mama? Was ist jetzt eigentlich mit Nachhilfe?"

"Welche Nachhilfe?", fragte ihre Mutter.

"Na in Erdkunde. Auch wenn wir gerade nur Freistunden haben bin ich immer noch schlecht und die letzte Kursarbeit kommt trotzdem."

"Dann müssen wir dir eben jemanden finden."

Das ist der Moment. Jetzt oder nie.

"Herr Vega ist zwar nicht mehr an der Schule, aber er würde das trotzdem machen. Kostenlos."

Polines Mutter suchte den Blick ihres Mannes, doch der reagierte ganz normal.

"Das ist ja super, dann müssen wir nichts bezahlen."

"Ja, aber das ist doch auch blöd", begann ihre Mutter. "Er wohnt weiter weg und da musst du immer fahren. Es ist doch besser, wenn wir jemanden finden, der hierher kommt."

Sie versuchte offensichtlich nur Argumente gegen Herr Vega anzubringen. Poline hätte wissen sollen, dass sie nicht einverstanden sein würde.

"Wieso sollen wir denn fünfzehn Euro die Stunde ausgeben, wenn es auch jemanden gibt, der das Ganze umsonst macht?"

"Isso, Mama. Du sagst doch immer, wir sollen sparen", mischte sich nun Polines Schwester ein.

"Werd jetzt nicht frech", warnte ihre Mutter sie. "Ich möchte nicht, dass du dahin gehst und fertig", rückte sie schließlich mit der Wahrheit heraus.

Spätestens jetzt war die Diskussion beendet  und keines von Polines Argumenten würde mehr einen Unterschied machen.

Aber wie sollte sie sich denn jetzt bloß regelmäßig mit James treffen? Niemand würde ihr glauben, wenn sie sich plötzlich jeden Tag "mit Freunden treffen" würde.

Ihr fiel nur eine einzige Möglichkeit ein, wie sie es schaffen konnte, ihre Mutter zu überreden. Diese Option gefiel ihr zwar absolut nicht, doch es war das einzige, was ihr in den Sinn kam.

Nur er wohnte nah genug an James, um ohne Probleme dorthin zu gelangen. Was sie für den Gefallen tun müssen würde, wollte sie sich gar nicht ausmalen, doch sie wollte es wenigstens versuchen.

"Und was ist mich Nachhilfe von einem Mitschüler?"

"Wie meinst du das?"

"Also ich hab' einen Mitschüler, der ist richtig gut in Erdkunde und kann das auch verständlich erklären. Ich könnte mal fragen, ob er mir hilft."

"Okay, und wie heißt dieser Mitschüler?"

"Vincent."

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Forbidden Attraction [Old Version]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt