Kapitel 13: Die (halbe) Wahrheit

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Herr Vega war von Polines Vorhaben absolut nicht begeistert. Also streckte er seinen Arm so weit aus, dass sie von ihrer Position aus unmöglich einfach so an das Tütchen kommen konnte.

Doch Poline dachte nichteinmal daran, einfach aufzugeben.

Sie lehnte sich über ihn, aber er zog seine Hand einfach wieder weg. Völlig genervt sah sie nur noch einen Ausweg.

Sie lehnte sich erneut über ihn und setzte sich unerwartet auf seinen Schoß. Verwundert sah er ihr einfach nur in die Augen. Das war es, was Poline erreichen wollte.

Sobald er abgelenkt genug war, schnappte sie sich das Tütchen, steckte es schnell in ihre Jackentasche und stieg so schnell wie möglich von ihm herunter.

"Das war unfair gespielt. Gib es zurück", rief Herr Vega.

"Ich gebe Ihnen gar nichts zurück. Sie müssen ihr Leben in den Griff bekommen."

"Du", begann er und lief auf Poline zu. "Du hast gar keine Ahnung. Du denkst, es wäre so einfach, aber du kennst mich nicht und du kannst dir gar nicht vorstellen, was da auf dich zukommen wird, wenn wir beide nicht sofort den Kontakt abbrechen."

Poline hatte keine Ahnung, wovon er sprach, und es klang schon ziemlich ernst, aber sie würde sich von ihm bestimmt nicht vorschreiben lassen, was sie zu tun hatte.

"Mir wird überhaupt gar nichts passieren. Wie Sie schon sagten, ich kenne Sie überhaupt nicht, Sie sind mein Lehrer. Besser gesagt, Sie spielen meinen Lehrer. Sehen Sie? Ich weiß nichts über Sie und Sie werden mich nicht in Ihre Angelegenheiten mit reinziehen", stellte Poline klar und drehte sich schon um, um zu gehen.

Als sie schon ein paar Schritte gelaufen war, hörte sie plötzlich ein leises Lachen hinter sich. Genervt drehte sie sich zurück zu Herr Vega.

"Was ist so lustig?"

"Du ahnst gar nicht, wie tief du schon in der Scheiße steckst."

Ein großer Teil von Poline wollte ihm einfach nicht glauben, doch der andere Teil sagte ihr, dass sie aufpassen sollte, da er womöglich Recht haben könnte.

Der Teil in ihr, der noch vor Kurzem davon überzeugt war, dass sie sich absolut keine Sorgen machen musste, wurde von Sekunde zu Sekunde kleiner.

"Ich...", begann sie, doch Herr Vega unterbrach sie sofort.

"Ab dem Moment, als du mit mir über andere Dinge als die Schule geredet hast, wurdest du schon zur Zielscheibe. Und spätestens, seit Jules aufgetaucht ist, lebst du gefährlicher, als du denkst."

Poline sah ihn nur fragend an, doch er machte keine Anstalten fortzufahren.

"Ich verstehe gar nichts mehr. Sie haben offensichtlich Kontakt zu Kriminellen, okay, aber wieso ist das mein Problem?"

"Ich habe es zu deinem Problem gemacht und das werde ich mir nie verzeihen können."

Er lachte auf. Poline konnte ganz deutlich hören, dass es ein verzweifeltes Lachen war, so eines, das man von sich gibt, um sich selbst vorzumachen, dass die Situation nur halb so schlimm ist.

"Das müssen Sie mir jetzt erklären."

"Ich habe schon viel zu viel gesagt. Bitte pass einfach auf dich auf, okay", fragte er, bevor er einfach auf sie zulief und sie umarmte.

Poline war mehr als verwirrt.
Er hielt sie so fest, als würde sein Leben davon abhängen.

Zögernd legte auch sie ihre Arme um ihn. Schließlich legte James kurz seinen Kopf auf ihrem ab, dann drückte er einen Kuss auf ihren Kopf, ließ sie los und ging.

Forbidden Attraction [Old Version]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt