Sprachnachricht

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Also irgendwie weiß sie ja wie sie ihn rumbekommen kann. Offensichtlich. Denn Alucard liegt neben ihr in dem relativ großen Bett und starrt an die Decke. Emmy liegt mit dem Rücken zu ihm da, sodass er sich wohler fühlt mit dem Fakt dass sie trotzdem in einem Bett schlafen. Der schwarzhaarige hat einen Arm unter seinen Kopf gelegt und muss an das letzte Mal denken als er mit einer Frau im Bett lag. Das war damals mit seiner Frau, deren Gesicht nun wie kleine Flashbacks vor seinem inneren Auge auftaucht. Die Frau mit der er zwei Kinder hatte, die aber auch schon verstorben sind und seines Wissens nach keine eigenen Kinder bekommen haben. Sie wurden nicht so alt als dass sie überhaupt eine Chance gehabt hätten. Was wohl passiert wäre wenn er nicht der geworden wäre der er nun ist? Das Monster zu welchem er wurde? Wie wäre sein Leben verlaufen? Welche Entscheidungen hätten zu anderen Ergebnissen geführt und wie wäre das Endergebnis gewesen? Leicht dreht er seinen Kopf und sieht zu der schlafenden Emilia. Ihr tiefer, gleichmäßiger Atem lässt ihn in Frage stellen ob er die alternative hätte haben wollen. Ihr zierlicher Körper der auf diesem Bett so groß aussieht, zieht ihn in die Abteilung Schutz, die in seinem Kopf eigentlich nur für wenige Personen zugänglich ist. Sie hat sich da sofort reingeyeetet. Ob sie wirklich die Stärke hat das alles zu verarbeiten? Nicht nur die Erkenntnis dass Menschen und Tiere nicht die einzigen Dinge sind die auf dieser Welt wandeln. Sondern auch der Fakt, dass sie mittendrin ist und nicht mehr herauskommen wird egal was sie tut. Schon fast erschrocken zuckt er zusammen als Emmy sich zu ihm dreht und die Decke bis unter ihre Nase zieht, ehe sie sich einkuschelt. Wenigstens schläft sie jetzt, das ist schon einmal ein gutes Zeichen. Er sollte es auch tun, kann es aber irgendwie nicht. Irgendetwas hält ihn davon ab seine Ruhe zu bekommen und die Augen schließen zu können. Müde wäre er, keine Frage! Aber nicht so, wie er es bräuchte um zu schlafen. Mit einem Mal öffnet sie die Augen. Blickt ziellos in die Dunkelheit und dreht sich wieder auf die andere Seite, ehe sie ihre Hand unter der Decke heraus streckt und nach ihrem Handy greift. Trotz des dunkelsten Modus des Bildschirms erleuchtet es den Raum. Wieso ist sie jetzt am Handy? Hat sie nicht geschlafen? Langsam und fast lautlos richtet er sich auf und blickt über sie hinweg. Gerade noch so kann er sehen, dass sie auf Whatsapp unterwegs ist. Mobile Daten sind an und sie schreibt... ihrer Mutter? Warum muss sie jetzt ihrer Mutter schreiben? Oh... obwohl? Wenn man die Menge an Textnachrichten ansieht, dann wäre es wohl ratsamer zu antworten. Sie tippt und tippt und tippt... wäre eine Sprachnachricht nicht besser? Warte, sie ist ja immer noch der Meinung dass er pennt und wahrscheinlich macht sie deswegen keine Sprachnachricht. „Brauchst du das Wlanpasswort?" Ihr gesamter Körper zuckt zusammen und sie dreht ihren Kopf ruckartig zu ihm um.

Im Schein des Bildschirms kann Emmy den sitzenden Alucard gerade noch so erkennen und dreht sich, erleichternd ausatmend, auf den Rücken. „Herzinfarkt wollte ich nicht auf meiner Liste stehen haben...", murmelt sie leise und gähnt, ehe sie ihn wieder ansieht. „Habe ich dich aufgeweckt? Sorry. Ich wollte warten bis du schläfst und dann- Tut mir echt leid." Der schwarzhaarige hingegen legt nur leicht den Kopf schief und mustert sie. „Du wolltest warten bis ich schlafe um dann deiner Mutter zu schreiben? Nenn mich skeptisch, aber das passt nicht ganz so zusammen." Die junge Frau presst kurz die Lippen zusammen, ehe sie seufzt. „Ich- Ich weiß nicht... mein Gedanke dabei war halt, dass ich dich nicht nerven wollte. Also habe ich bis jetzt gewartet. Und ne Sprachnachricht wollte ich nicht machen weil ich dich damit aufgeweckt hätte!" Also hatte Alucard recht, sie wollte ihn einfach nicht aufwecken. Süße Geste, aber vielleicht eine leicht falsche Umsetzung. „Na komm, mach einfach eine Sprachnachricht und das wars. Soll ich raus damit du Privatsphäre hast und-" Bevor er zu Ende sprechen kann merkt er seinen Fehler und hebt abwehrend eine Hand. „Wenn es dir nichts ausmacht dass ich hier bin." Die junge Frau lächelt leicht und setzt sich selbst auf, ehe sie nickt. „Von mir aus ist alles klar. Danke, Alucard." Stumm wartet er, bis sie ihre Sprachnachricht macht. „Hey, Mama! Mir geht's soweit ganz gut. Ich hab dir ja geschrieben dass ich zwei Seelenverwandte habe, ich bin gerade bei einem von ihnen. Er ist wirklich super lieb und lässt mich nicht allein damit ich keine Panik bekomme. Tut mir leid dass ich nicht angerufen habe, ich bin einfach nur fertig und will im Augenblick auch nicht wirklich darauf angesprochen werden. Ich kenn dich dahingehend, herzallerliebste Mutter. Du würdest immer nachhaken und ich zieh jetzt einfach die Linie und sage, dass ich erst einmal meine Ruhe brauche um das zu verarbeiten. Ich hab dich wirklich lieb, aber erst einmal kein Besuch, in Ordnung?" Lächelnd hebt sie ihren Kopf und sieht Alucard an. „Willst du auch was sagen?" Nachdenklich sieht der Urvampir auf die laufende Sprachnachricht runter und seufzt. „Ich werde mich gut um Emmy kümmern, sie ist bei mir in sicheren Händen. Wir werden an allem soweit es irgendwie geht arbeiten, damit sie wieder am normalen Leben teilnehmen kann. Aber ich muss schon sagen dass sie ziemlich sturköpfig ist! Und auch wenn man es nicht denkt, sie hat es gewaltig hinter den Ohren." Leicht perplex klappt ihr Unterkiefer nach unten. „H-Hallo? Stur sehe ich ja noch ein, aber das andere?" Alucard blickt sie kalt und emotionslos an. „Darf ich dich an die Szene am Essenstisch erinnern? Stille Wasser sind wirklich tief, das merkt man bei dir." Mit spielerisch verzogener Miene verschränkt sie die Arme. „Denk daran! Stille Wasser sind tief und manchmal ertrinkt man darin." Schmunzelnd geht Alucard auf allen vieren auf sie zu. „Drohst DU gerade? Putzig." Mit um einiges besserer Laune erwidert sie seinen Blick und nickt. „Ich hab auch Zähne, denk daran!"

A soul for twoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt