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„Aber hast du ihn einfach so stehen gelassen?", fragt Emmy schlussendlich und Anderson lässt das Handy sinken. „Schau mal, das oder das?" Sie sieht auf den Bildschirm und sucht sich das mit dem Wangenkuss aus, da es auch einigermaßen scharf ist. „Alex? Du hast noch nicht auf meine Frage geantwortet!" Doch der Pater scheint nachzudenken. „Hm... als Sperrbildschirm oder direkter Hintergrund... was findest du besser?" Irritiert runzelt sie die Stirn. „Das... ist doch egal, oder? Aber hey, Alex! Die Fra-" Dann merkt sie es. Emilia sieht die rötlichen Spritzer an seinem Mantel und an seinem linken Ärmel sieht es aus als wäre er eingerissen. Ihr Mund geht leicht auf und sie tritt einen Schritt zurück. „Du hast ihn umgebracht." Der leichte Schock ist dann doch da. Der Pater sagt dazu nichts, sondern speichert das Bild nur als Sperrbildschirm ein. Es musste sein. Die Gefahr wäre zu groß und ihm ist fast egal wen er umbringen muss um sie in Sicherheit zu wissen. „Alexander... du hast ihn einfach so umgebracht!" Emmy wird lauter, tritt direkt vor ihn und schiebt seinen Arm auf die Seite um in seinem Blickfeld zu stehen. „Du hast ihn umgebracht! Jemanden der nichts getan hat!" Eine Augenbraue geht hoch. „Nichts? Kein Werwolf ist unschuldig, Emilia." Kein Werwolf? Zum ersten Mal erlebt selbst Alucard sie sauer. Sonst hat sie sich zurückgehalten wenn es darum ging ihre negativen Emotionen auszulassen. „Und? Weißt du das? Weißt du ob er unschuldig ist oder nicht? Zeig mir einen Beweis dafür was er getan hat!" Langsam lässt er das Handy sinken und steckt es seufzend weg. Seine Stimme bleibt weiterhin ruhig. „Die gleiche Frage könnte ich dir stellen. Hast du einen Beweis dass er unschuldig ist?" Vollkommen verständnislos sieht sie ihn an und schüttelt leicht den Kopf. „Du mordest ohne zu wissen ob er schuldig ist oder nicht. Ich verstehe es vollkommen wenn man weiß okay, der hat Scheiße gebaut! Ansonsten würde ich Alucard nicht gehen lassen! Aber einfach so jemanden zu töten weil... weswegen eigentlich? Weil er ein Werwolf ist?!" Aus der Ruhe wird langsam aber sicher eine gewisse Gereiztheit, die er nicht lange unterdrücken kann. Werwölfe sind ein heikles Thema. Ja, sie weiß es nicht. Aber sieht sie nicht dass er leidet oder hat er es geschafft selbst sie zu überlisten? „Antworte mir, Alexander Anderson!" Sein ganzer Name lässt ihn leicht zusammenzucken und er sieht in die nun eiskalten Augen. Sie wirken dunkler als sonst. „Werwölfe sind nicht unschuldig, Emilia. Merk dir das. Sie sind nie unschuldig." „Und woher willst du das wissen? Gibt mir einen Grund!" Er muss sich beruhigen. Er darf hier nicht ausflippen und sie anfahren für etwas dass sie nicht weiß. „Emmy, es ist komplizierter als du-" „Kompliziert ist es weil du dein MAUL NICHT AUFBEKOMMST, VERDAMMTE SCHEIßE!" Beide Männer sehen sie überrascht an. Noch nie hat sie jemanden angeschrien, geschweige denn in so einem Ton mit ihnen geredet. Sie ist wirklich sauer. Stinksauer! Alucard legt ihr eine Hand auf die Schulter. „Emmy, komm wieder runter. Er-" „Halt dich da raus.", zischt sie und wischt seine Hand weg.

Es ist immer noch unglaublich. Er hat ihn einfach so umgebracht, obwohl der Kerl ihr sogar alles erklärt hat was sie wissen wollte! Ihre Stimme ist leise und schon fast bedrohlich. „Alexander. Gib mir einen beschissenen Grund warum du Werwölfe hasst. Was haben sie dir getan, dass du so-" „Sie haben meine FAMILIE umgebracht!" Jetzt ist Emmy an der Reihe überrascht zu sein und sogar einen Schritt zurückzuweichen. „Sie haben meine Eltern abgeschlachtet weil wir entkommen sollten! Sie haben meinen kleinen Bruder vor meinen Augen in kleine Fetzen zerrissen weil ich den Knoten am Boot nicht schnell genug lösen konnte! Sie haben sie auf dem Gewissen... ALLE!" Augenblicklich ist bei der jungen Frau der Ärger verraucht und sie steht erstarrt da. Selbst Alucard muss schlucken als er das hört. Nun kann er das Verhalten durchaus verstehen, welches er auch vorher schon an den Tag gelegt hat. Emilia schließt den leicht geöffneten Mund, tritt einen Schritt nach vorn und streckt sich, um sein Gesicht in ihre Hände nehmen zu können. „Wenn ich jetzt sage wie leid es mir tut, bringt dir das überhaupt nichts. Aber ich werde in Zukunft darauf achten nichts mehr dahingehend anzusprechen, okay? Ich wusste es nicht und- Ich hätte nicht darauf bestanden einen Werwolf zu finden! Zumindest in deiner Anwesenheit." Vorsichtig streicht sie ihm über die Stoppeln und zieht ihn noch ein wenig weiter zu sich hinunter. „Ich werde darauf aufpassen, versprochen." Diese Frau hat so viele Gesichter dass es ihn nicht mehr wundert immer wieder neue zu sehen. All die Anspannungen und die angestaute Wut sind mit einem Mal verschwunden. „Kommt daher auch die Narbe, oder ist das eine andere Geschichte?" Er sieht auf ihre Hand die auf der Narbe an seinem Gesicht liegt, dann wieder zu ihr. „Ich bin nicht schnell genug weggekommen. Das ist die einzig sichtbare Narbe aus jener Nacht." Er spürt ihre Lippen auf der Narbe, was ihn komischerweise entspannen lässt. „Ich muss zugeben dass ich schon länger auf diese Frage wegen der Narbe gewartet habe.", murmelt er und Emmy lässt ihn los. „Narben sind nicht immer lustig und normalerweise kann man sehen ob eine witzige Geschichte dahintersteckt. Oder zumindest spürt man das. Bei Narben am Gesicht bin ich immer vorsichtig. Aber... wenn wir eh schon dabei sind ein Trauma anzusprechen, dann dachte ich mir dass man gleich fragen könnte. Die sieht nämlich nicht aus als wäre sie von einer normalen Waffe oder sonst etwas. Die Narben sehen anders aus." Leicht amüsiert richtet er sich auf und sieht schmunzelnd auf sie hinunter. „Über was machst du dir sonst noch Gedanken von dem wir nichts wissen?" Eine kurze Pause, in der sich die junge Frau räuspert. „Ein bisschen was. Zum Beispiel passe ich auf wenn ich mich geschnitten habe oder im generellen irgendwo blute, dass ich ein bisschen Abstand zu Alucard habe weil er mit dem emotionalen Band aufpassen will und ich will ihm keine Versuchung bieten. Bei der Lady gebe ich ausschließlich positive Dinge von ihm preis, die aber keine persönlichen Dinge sind um ihn bei ihr gut dastehen zu lassen. Bei Seras muss man auf ihre Sprechweise achten, dann merkt man in welcher Stimmung sie wirklich ist. Und bei Pip musst du aufpassen wo du bei ihm stehst, wegen der Augenklappe. Da flippt er sonst echt aus!"

A soul for twoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt