Nicht einmal Ruhe...

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Die Augen gehen auf, es ist dunkel. Für einen Moment steigt Panik auf, bis er die vertrauten Bretter seines Sargs sehen kann. Alucard beruhigt sich wieder und fühlt sich das erste Mal seit Monaten wieder wirklich frisch und wach. Die Energie ist endlich wieder aufgetankt und zwar hat er damit gerechnet Hunger zu haben, aber scheinbar ist er nicht so lange weg gewesen als dass sein Körper nach Blut verlangen würde. Er hebt seine Hand an die Innenseite des Deckels und öffnet ihn mühelos, ehe er sich aufsetzt und eine Präsenz spürt die er zwar kennt, die er aber nicht in seinem Keller erwarten würde! Leicht irritiert sieht er nach links und runzelt die Stirn. Warum schläft Emmy neben seinem Sarg auf einer Matratze? Ein leises Brummen lässt ihn aufsehen. Warum ist da der Kühlschrank aus ihrem Zimmer? Was ist passiert als er geistig nicht anwesend war? Er selbst zuckt erschrocken zusammen als der Wecker auf ihrem Handy losgeht und sie ihn murrend ausschaltet. Gähnend setzt sich Emilia auf und sieht für einen Moment nur gerade aus, ehe sie sich streckt und die Bettdecke nach unten schmeißt. Müde steht sie auf und geht zum Kühlschrank, ihre nackten Füße lassen leise, klatschende Geräusche hören. Sie öffnet ihn und das Licht strahlt ihr entgegen, woraufhin sie erst einmal die Augen schließt und leise flucht. Auch wenn ihn das amüsiert würde er gern wissen was da los ist. „Hm... Gestern hatte er A... B dürfte heute gehen." Noch einmal gähnt sie und schließt den Kühlschrank, ehe sie ihr Handy entsperrt und scheinbar eine Sprachnachricht macht. „Morgen Seras... Keine Ahnung ob du wach bist oder nicht oder... keine Ahnung. Die-" Erneutes Gähnen und Alucard sieht, wie müde sie ist. „Die Konserven sind bald am ausgehen. Kannst du neue besorgen? Ich gebe ihm jetzt am Morgen die vorletzte und heute Abend die letzte." Sie zieht die Nase hoch und leuchtet mit der Taschenlampe herum. Was geht hier vor sich? Er sollte sich das alles noch ansehen! Aufgrund der spontanen Entscheidung schließt er den Sarg schnell und doch leise wieder und legt sich in die Position, aus welcher er sich aufgesetzt hat. Jetzt ist er gespannt. Warum lagern sie plötzlich Blut hier unten und warum hat Emmy mit Seras über Nachschub gesprochen? Er hört wie die Deckenlichter angeschaltet werden und wenig später öffnet sich der Sarg. „Guten Morgen, Alu.", flüstert Emmy und wiederholt die gleiche Prozedur wie sonst auch immer. Der Urvampir kann es nicht fassen. Sie hat ihn die gesamte Zeit über gefüttert? Wenn das der Fall ist, wie lange ist er wirklich außer Gefecht gewesen? „Ich muss heute Überstunden machen. Wach also auf wenn ich wieder da bin, ja? Dann kann ich dir alles erklären." Er schluckt das kalte und dann doch geschmackstechnisch minderwertige Blut und wartet ab, bis der Beutel leer ist. Sie füttert ihn? Anscheinend morgens und abends, wenn er das richtig gehört hat und Seras besorgt das Blut. Verdammte Scheiße, was ist passiert? „Ich liebe dich, Alucard. Hoffentlich bist du bald wieder wach! Ich- Ich vermiss dich echt." Seufzend legt sie den Beutel wieder auf die Seite, steht auf, legt ihn zurück in den Sarg und will ihn schließen, als ein Räuspern hörbar wird.

Sie stockt und starrt erst einmal gerade aus, ehe sie langsam den Kopf zu ihm dreht und in die offenen Augen des Urvampirs blickt. „A-Alu... card... Bist du wirklich wieder-" Ihre Mundwinkel gehen sofort hoch und ohne darüber nachzudenken legt sie sich auf ihn. „Du bist wach! Du bist wieder wach!" Mit ihrer Reaktion kann er im ersten Augenblick nicht wirklich etwas anfangen, setzt sich aber auf und nimmt sie in den Arm. „Sieht so aus, Dragâ. Aber du hast ein bisschen was zu erklären." Zuerst wird aber gekuschelt und zwar ziemlich lang. Dann wird erst bescheid gegeben dass er wieder wach ist und schlussendlich erklärt sie zusammen mit Seras, die nun auch dazugekommen ist, was alles passierte. „Ich war eine Woche lang weg? Sieben Tage? 168 Stunden? 10.080 Minuten? 604.800 Sekunden? Ohne dass ich mich gerührt habe?!" Beide Frauen nicken und der schwarzhaarige streicht sich durch die Haare. „Danke für das Blut und das Kümmern, aber ich glaube ich muss echt duschen." Emilia sieht zu Seras, die sieht zurück. „Jap, wir haben ihn wieder." Beide fangen das Lachen an, bevor Seras auf die Uhr sieht. „Uhm, Emmy? Wann fängst du zu Arbeiten an?" Sie runzelt die Stirn und holt ihr eigenes Handy raus. Ihre Augen werden groß. „Oh, shit! I-Ich muss los! Bis später!" Sie läuft schon ein paar Schritte, ehe sie abrupt abbremst und noch einmal zu Alucard geht. „Willkommen zurück." Ein kurzer Kuss, den der Urvampir in die länge ziehen will! Doch sie lässt es nicht zu, dreht sich um und rast die Stufen hinauf. Er sieht ihr amüsiert kopfschüttelnd hinterher. Diese Frau ist die Definition von Chaos. „Sie hat sich um Euch gekümmert, Meister. Jeden Morgen ist sie aufgestanden und hat Euch einen der Blutbeutel gegeben und jeden Abend hat sie das wiederholt. Sie ist Euch eigentlich kaum von der Seite gewichen, wisst Ihr. Um es gleichmäßig zu halten ist sie sogar am Wochenende so früh aufgestanden um Euch das Blut zu geben! Jemand loyaleren als sie werdet Ihr nie wieder finden." Das Lächeln wird sanft als er die Treppen hinauf sieht. „Das will ich doch hoffen. Ich will niemand neuen mehr." Seras grinst breit und nickt. Auch sie ist extrem froh dass er wieder da ist und dass es ihm gut zu gehen scheint. Noch ein wenig wackelig auf den Beinen, aber sonst wirkt er wieder anwesend. „Meister...?" Er blickt zu ihr und seufzt. „Nicht länger als eine Minute." Schon hat er sie an sich kleben und schließt für einen Moment die Augen. Viel Unterschied haben Seras und Emilia nicht wirklich und doch ist er wirklich froh beide irgendwie bei sich zu haben. Selbst Baskerville taucht gestärkt und putzmunter aus dem Schatten auf und wartet geduldig darauf, bis Seras ihn wieder los lässt und sich entschuldigt, um der Lady bescheid zu geben.

A soul for twoWhere stories live. Discover now