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Auf diesem Bett sitzend, in dem ich keine weitere Nacht verbringen möchte, warte ich ungeduldig ab. Es kann nicht schnell genug gehen. Wann werde ich endlich abgeholt für das schlussendliche MRT? Dann benötige ich nur noch das Go vom Doktor und meine Eltern können mich mit nach Hause, ihr zu Hause nehmen. 

Fay wartet dort auf uns. Wir sind einfach zuversichtlich. Mir geht es aber auch schon viel besser, nur noch leichter Schwindel, aber uns wurde gesagt, dass das auch weiterhin sein kann. Das endgültige Ergebnis des MRTs bekomme ich zwar erst in ein paar Tagen, aber der Arzt kann direkt sehen, ob sich die innere Verletzung zurückbilden konnte. Oder irgendwie so etwas in der Art. Ehrlich gesagt keine Ahnung, was er wirklich gesagt hat. Egal, Hauptsache, ich kann nach Hause. Wann kommen sie denn nun? 

Als hätten sie mein innerliches Flehen erhört, geht endlich die Tür auf. Der Krankenpfleger kommt jedoch nur herein, um den Schichtwechsel mitzuteilen und uns zu fragen, ob soweit alles gut ist. Ein 'geht so' habe ich gerade freundlich genug herausbekommen. Meine Eltern haben ihm geantwortet, dass wir auf das MRT warten beziehungsweise auf die Leute, die mich dafür abholen. 

Nachdem die Tür wieder zu ging, versuchen die beiden mich zu beruhigen, dass schon bald jemand kommen und ich mit Sicherheit entlassen werden würde. Ich werde hier noch irre. Warten, warten, warten, das ist nicht meine Stärke. Ich gehe da gleich raus auf den Flur, um denen mal zu sagen, dass sie einen doch nicht so lange auf die Folter spannen können. Mein Blick gleitet zur Uhr. Wie ich dieses Ticken hasse. Es unterstreicht meine Unruhe und bestärkt meinen Frust. Aaah, so eine Minute werde ich noch darauf gucken, dann können sie was zu hören bekommen. 

Noch 40 Sekunden, 20, 15, 10, 5 und ... Ok. 

Ich stehe auf, blicke auf meine bereits gepackte Tasche, schüttele mit meinem Kopf, was nicht gut war und drücke die Türklinke. Im selben Moment, das spüre ich jedoch zu spät, wird von der anderen Seite die Tür ebenfalls betätigt und dieser jemand hätte mich fast mitsamt der Tür an die Wand gequetscht mit seinem Enthusiasmus. 

»Wo ist denn unsere Patientin?« 

»Hier, hinter ihnen.« 

»Oh. Wollten Sie sich einfach ohne uns auf den Weg machen?« 

»Können wir jetzt einfach?« 

»Na klar. Folgen Sie mir.« 

Mein Blick noch einmal hinter mich gerichtet schaue ich meine Eltern an, die mir bedeuten, dass sie genau da auf mich warten. 

Ich hoffe, dass sie alle recht behalten und ich heute nach Hause kann. Noch eine Nacht in diesem Bett?! Nein, danke. 

-

Was habe ich mir nur dabei gedacht? Bin ich völlig bescheuert? Habe ich überhaupt noch Denkvermögen? 

Nachdem mir der Arzt mitteilte, dass ich nach Hause kann und ich es nicht abwarten konnte, habe ich meine Eltern dazu gedrängt, so schnell wie nur möglich endlich da wegzukommen. 

Hier angekommen haben wir einen relativ entspannten Abend verbracht, gemeinsam gegessen und als es Zeit war, ins Bett zu gehen, wurde ich nervös. 

Die anderen Beteiligten haben es auf die Situation zwischen mir und Fay geschoben und daraufhin wurde ich aufgeklärt, dass sowohl für sie bereits vor Tagen ein anderes Zimmer zurechtgemacht als auch mein Zimmer alias das Gästezimmer gesäubert wurde. 

Unsicher ging ich hinter Fay die Stufen der Treppe nach oben. Dort oben angekommen wusste ich nicht so richtig, wie ich ihr 'Gute Nacht' wünschen solle und war froh, dass sie die Initiative ergriff. Hab ich es doch gewusst, dass die USA sie bestärkte. Aber in der Stimmung, ihr das unter die Nase zu reiben, war ich nicht. Außerdem war ich in dem Moment ganz froh darüber. Sie nahm meine Hand in die ihre und gab mir wie im Krankenhaus einen Kuss auf die Stirn. Am liebsten hätte ich sie herangezogen und meine Lippen auf die ihren gelegt, doch etwas hielt mich ab. Ich schaute ihr nach, wie sie in ihr Zimmer ging und drehte mich meiner Tür zu. 

Die erste Freude nach Hause zu können wich Beklommenheit. Ich versuchte so gut es eben ging, dieses Gefühl abzustreifen. Daher griff ich voller Entschlossenheit die Klinke, drückte sie hinunter, schritt über die Schwelle und schloss die Tür hinter mir. Das Licht schaltete ich lieber an, die Dunkelheit wurde mir suspekt, seit ich wieder zu Kräften kam. 

Als wäre es meine tägliche Routine, zog ich mich um, ging ins Badezimmer, erfrischte mich dort und öffnete den Wäschekorb, um meine Kleidung, die mich noch ans Krankenhaus erinnerte, dort hinein zu werfen. 

Das wars. Mein Hirn hat direkt herumgesponnen. Meine Eltern gaben sich wirklich viel Mühe mit dem Zimmer. Es ist keinerlei dreckige oder blutige Wäsche mehr vorhanden, der Teppich ist weg, nichts erinnerte hier noch an diese Nacht. Außer ... außer dieser eine kleine Fleck im Wäschekorb, den sie wohl vergessen oder übersehen haben. 

Ich kann mir nicht alles eingebildet haben, irgendetwas muss in dieser Nacht passiert sein, nur was zum Teufel? 

Nun sitze ich hier im Wohnzimmer, weil ich es da oben in diesem Zimmer nicht mehr ausgehalten habe. 

»Jules? Bist du das da unten?«, werde ich erschrocken aus meinen Gedanken zurückgeholt. 

Schnell lasse ich den Gegenstand, den ich in meiner Hand halte, den ich immer aufbewahrte, der mir so viel Trost spendete, aber mich ebenso verletzte, in meiner Tasche verschwinden. 

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