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»Geht das vielleicht auch freundlicher?« Aber der hört mich gar nicht mehr, so ein Idiot! 

Oh, wir sind vielleicht wirklich komischerweise irgendwie etwas abgedriftet und in so ein Auslauf – oder wie auch immer das heißt – des Sees geraten beziehungsweise direkt davor oder dahinter je nachdem wie mensch es betrachten möchte. 

Upsi. Sorry du wütender Typi. 

»Was wolltest du gerade noch sagen, bevor der Typ uns angebrüllt hat?« 

»Schon ok, wir sollten hier lieber weg oder nicht?« 

»Ach, sag doch.« 

»Ist wirklich nicht wichtig.« 

»Mir ja aber vielleicht. Du hast mit „Ok ich hab" angefangen.« 

»Ich wollte ... sagen, ... dass ich mir ... Sorgen darüber gemacht habe, ... dass du mir doll böse sein könntest und dass ich deswegen auch ein schlechtes Gewissen habe.« 

»Du bist süß.« 

Ich gebe ihr einen Kuss zur Bekräftigung, dass ich wirklich dankbar bin, dass sie sich traute ehrlich zu sein. 

»Tut mir leid, falls ich eben etwas harsch war. Und nun lass uns mal versuchen hier wegzukommen, bevor die Nächsten kommen.« 

Boah, da hätten wir ja auch gleich schwimmen können. Halb durchtränkt sitzen wir nun auf dem Gehwegrand neben dem Verleih. 

Glücklicherweise waren wir nicht mehr so weit weg, aber da ich ja zu doof dafür bin, verließ mich ja doch recht schnell meine Kompetenz für dieses Teil. Also ackerte sich Fay alleine da durch, aber das bringt ja nicht so viel. 

Ich half, – ich benenne das jetzt mal so – mit den Händen, nutzte sie als Ruder, jedoch funktionierte das lediglich bedingt. Zudem schleuderte ich eine Menge Wasser in unsere Richtung. Irgendwann schafften wir es an Land, gaben das Ding zurück und nun sitzen wir hier völlig fertig und pitschnass. 

Schwimmen wäre bestimmt weniger anstrengend gewesen. Sicherlich teurer, denn das Boot hört ja nicht auf einen Namen oder so und kommt uns dann nachgedackelt. Wieso musste ich das mit ins Programm aufnehmen? 

Ich sehe sie an und ja, die Frage kann gestrichen werden. Für sie. Dafür ist es mir alle mal wert. 

Zum Glück habe ich es immerhin als Letztes gewählt. Spaß gemacht hat es auch. Tretbootfahren ist überhaupt nichts für mich, aber mit ihr ist es etwas Wunderbares. Spaßig und wunderschön zugleich. 

Durch die Sonne haben wir ein paar Energiestrahlen aufnehmen können und sind nun auf dem Weg nach Hause. 

Es ist wie in einem der kitschigen Filme. Wir gehen dicht nebeneinander her. Manchmal streifen sich unsere Hände zufällig. Gerne würde ich mir eine ihrer nehmen und mit meiner verschränken. Das wäre doch ein schöner Abschluss oder so etwas in der Art für diesen wundervollen Tag. 

Soll ich es einfach tun? Warum bin ich auf einmal so unsicher? Sie macht mich ganz wirr. Und wieder streifen sie sich und wieder wird mein Körper mit kleinen Impulsen durchzuckt. Warum tue ich es nicht einfach? Beim nächsten Mal. Ganz sicher. Ich warte, achte darauf, wann es so weit sein wird. Mist, da vorne kommt schon das Haus meiner Eltern. Ob es noch eine Gelegenheit geben wird? Wenn nicht, wäre das echt schade. Ach menno. 

-

»Hey ihr beiden!«, begrüßt uns mein Vater. 

»Hallo Papa«, erwidere ich, innerlich noch etwas geknickt. Fay lächelt wie so oft lediglich zur Begrüßung. 

»Hast du einen kurzen Moment für deinen Vater?« 

Ich gucke zu Fay, schaue sie fragend an. 

»Schon ok, ich möchte eh duschen.« 

»Bist ja auch ein Frostköttel«, gebe ich ihr mit einem Zwinkern als Antwort darauf zurück. 

»Na, weißt du doch.« 

»Ok, dann bis später?« 

Sie nickt und verschwindet die Treppe hinauf. Ich setze mich zu meinem Vater an den Wohnzimmertisch. 

»Also Papa, was ist so wichtig?« 

»Weißt du noch letztens hier am Tisch, als wir alleine hier saßen?« 

Ohne Vorwarnung blitzen unzählige Bilder auf mich hinein. Fast wie ein Film. Er spricht weiter, doch die Wörter erreichen mich nicht richtig. 

Eine Art Diashow läuft vor meinem geistigen Auge ab. 
Blut. Fay. Das Bett. Blut und Fay. Das Bett mit Blut. Fay. Meine Kleidung. Fay in meinen Armen. Blut auf meiner Kleidung. Blut überall. Der Teppich. Fay. Blut. Meine geliebte Fay ... 

Ich will es stoppen, doch es gelingt mir nicht. Es wird immer schneller. Es soll aufhören! Ich will das nicht! 

Es spult sich einfach weiter ab. Blut und Fay. Dieses widerliche Bett. Meine Kleidung. Fay in meinen Armen ... 

Ich will, dass es aufhört! Ich will das nicht sehen! Ich will diese Bilder nicht mehr in meinem Kopf! Ich will diesen Wahn nicht mehr! STOPP! STOPP! STOPP!, rufe ich innerlich. 

»Bist du noch da?« 

Ich zwinge mir ein Lächeln auf die Lippen. 

Mist, habe ich jetzt seine Rede, seinen Rat oder was auch immer verpasst? An ein paar Wörter komme ich vielleicht noch ran, ach keine Ahnung. 

»Hätte ich mir ja eigentlich denken können, ich kenne dich doch.« 

»Tut mir leid, Papa. War gerade mal kurz abgedriftet.« 

»Na los, husch hoch. Was halt ich dich jetzt hier auch auf. Aber denk trotzdem drüber nach, ok?« 

»Ok.« 

Fuuu...llaffel Mist. Worüber soll ich nachdenken? So ein Kack. 

hope_gapWhere stories live. Discover now