Kapitel 5

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Ich wälze mich zum Gefühlt hundertsten Mal zur anderen Seite. Draußen ist es noch immer dunkel und ich frage mich langsam ob es je wieder hell wird. Seit gestern Abend- oder besser Nacht- habe ich kaum geschlafen und als ich jetzt auf die gucke lohnt es sich auch nicht mehr es weiter zu versuchen. Schwerfällig hebe ich mich um fünf Uhr morgens aus dem Bett und tapse ins Bad- der einzige Vorteil so früh aufzustehen, denn um diese Zeit ist vor allem sonntags noch keiner wach, außer natürlich mir...

Während warmes Wasser meinen Rücken herunter läuft denke ich darüber nach, wie es ist meine Mutter wieder in die Arme zu schließen. Komischerweise hatte sie gestern gar nicht mehr angerufen, aber ich bin mir hundertprozentig sicher, dass ich nicht ohne vorher ihre Stimme gehört zu haben ins Flugzeug steigen werde. Klopfen an der Tür reißt mich aus meinen Gedanken.

"Liv! Du bist seit fast einen Stunde im Bad! Ich muss auf Klo!" Erschrocken stelle ich das Wasser ab und trockne mich ab. Als ich die Tür öffne steht einen genervte Lili davor.

"Sorry", murmle ich und verschwinde in meinem Zimmer. Aus dem schon gepackten Koffer ziehe ich eine bequeme Hose, ein schlichtes Shirt und Unterwäsche. Danach packe ich den Koffer zu Ende, durchsuche das ganze Zimmer nach Dingen, die noch mir gehören und mache dann im Wohnzimmer weiter. Pünktlich um neun stehen meine Sachen im Flur und Ann, Joanna, Lili und Thomas sehen mich bedrückt an.

"Und du bist dir sicher, dass wir nicht doch mit zum Flughafen kommen sollen?" ,fragt Ann und ich weiß, dass sie Schuldgefühle plagen.

"Ich schaff das schon", versichere ich ihr und lächle sie dankend an. Dann fällt mir Joanna um den Hals und ihre Tränen durchnässen meine Schulter.

"Kannst du nicht noch länger hier bleiben?", nuschelt sie in meine Jeansjacke. Ich lache leise und versuche die Tränen zurückzuhalten. Als nächstes ist Lili dran, die glücklicherweise nicht so emotional ist, wie ihre Freundin, trotzdem laufen ihr Tränen die Wangen hinunter, als wir uns voneinander lösen. Ann hat schon Tränen in den Augen, bevor ich sie in die Arme schließe.

"Du kommst uns doch sicher nochmal besuchen", murmelt sie. Ich nicke und drücke sie fest an mich, während die Tränen aus meinen Augen brechen. Schluckend richte ich meinen Blick auf Thomas.

"Dich werde ich wohl aber nicht so schnell los, was?" Er lacht. Er wird mit zum Flughafen fahren, weil er heute auf Geschäftsreise muss. Plötzlich fällt mir etwas wichtiges ein. Ich krame etwas in meinem Rucksack und ziehe schließlich eine kleine Tüte hervor. "Als kleiner Dank", erkläre ich, als ich die Tüte öffne und Ann, Joanna und Lili jedem ein kleines, silbernes Armbändchen in die Hand drücke. Und dann reiche ich Thomas mein Geschenk: eine rote Baseballcap mit seinen Initialen. Die Cap hat er eigentlich schon von Ann zum Geburtstag bekommen, aber nach einer kleinen Kissenschlacht und einem etwas blöden Unfall meinerseits sieht sie nicht mehr ganz so aus wie vorher. Er grinst glücklich.

Erst zehn Minuten später schaffen ich es die Wohnungstür zu öffnen und mit Thomas im Schlepptau die Wohnung zu verlassen.

"Wehe du meldest dich nicht!", ruft Joanna uns noch hinterher, dann stehen wir auf der Straße und Thomas lotst mich zu seinem Auto.

Auf der Autofahrt reden wir über Deutschland, alles was er über mein Heimatland weiß und alles, was er noch wissen sollte. Als wir am Flughafen ankommen breitet sich ein flaues Gefühl in meinem Magen aus.

"Nervös?", fragt Thomas amüsiert.

"Ein wenig", gebe ich zu. Er grinst und hievt meinen gigantischen Koffer aus dem Auto. Als wir durch die große Eingangshallte laufen schalte ich mein Gehirn ab. Gedanken, die mich nur noch nervöser machen, brauche ich jetzt gerade wirklich nicht. Erst als ich allein an meinem Gate sitzt, auf den Flieger warte und die Musik in meinen Kopfhörern anschalte, lass ich mein Gehirn machen, was auch immer es machen will.

Two confused heartsWhere stories live. Discover now