Kapitel 19

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"Hast du nen Knall?", fahre ich Tobi an, der mir gerade mein Schnitzel klaut.

"Jap", gibt er nur von sich und platziert mein Essen auf seinem Teller- der nebenbei gesagt schon voll genug ist.

"Das ist meinst!", schimpfe ich und versuche mir die Kostbarkeit zurückzuerobern, habe letztendlich aber doch zu viel Angst, dass es zu Boden fällt und beginne ihn mit meinem super perfekten Hundeblick anzusehen, der wunderbar funktioniert. Ok, und jetzt die Wahrheit: Ich bin Tobi einfach unterlegen und gebe aus Frust auf um ihn mit einem tötenden Blick anzustarren, in der Hoffnung ihn einschüchtern zu können. Und wie ihr euch denken könnt ist das Glück eindeutig nicht auf meiner Seite.

"Das funkt nicht, Liv", erklärt er und sieht mich nicht mal an. Sein Besteckt hält er schon griffbereit in der Hand, um jeden Moment mein Schnitzel zu massakrieren. Als er mit der Gabel die knusprige Hülle durchsticht und in das zarte Fleisch sticht möchte ich, dass mir eine Träne die Wange herunter läuft. Zum ersten Mal in meinem Leben wünsche ich mir auf Knopfdruck weinen zu könne. Wäre doch toll, oder nicht? Das muss in solchen Situationen echt praktisch sein... Sein Messer trennt ein viel zu großes Stück ab und er führt es genüsslich zu seinem Mund.

"Du bist gemein", schmolle ich, als das köstliche Stück Fleisch seine Lippen berührt. Er grinst triumphierend und schiebt sich das ganze Stück in den Mund. Genüsslich kaut er darauf herum und sieht mich dabei siegreich an. Diesen Moment der Unachtsamkeit nutze ich und lange rüber zu seinem Teller um mir mein langersehntes Essen wiederzuholen. Er reagiert zu langsam und jetzt bin ich diejenige, die breit grinst und sich schnell ein Stück abbeißt.

"Was veranstaltet ihr da eigentlich?", fragt Sam neugierig. Er hat sich bereitwillig neben mich gesetzt und lehnt sich jetzt zu mir rüber, sodass sein Gesicht meinem gefährlich nahe ist. Wir hatte noch keine Möglichkeit gehabt um über den Kuss vorhin zu reden, denn ich habe ein sehr starkes Bedürfnis mit ihm darüber zu reden. Er dagegen wirkt ganz normal, als wäre da nichts besonderes, keine Spannung zwischen uns oder ähnliches. Er verhält sich ganz normal, was mich irgendwie etwas reizt.

"Ihr Schnitzel schmeckt besser als meins", erklärt Tobi ihm und weist dabei mit der Gabel auf meinen Teller. Schützend halte ich die Hände darüber um ihm ja keine Möglichkeit zu gegeben es mir ein weiteres Mal zu klauen.

"Schon irgendwie bitter", stellt Sam fest und entfernt sich wieder etwas von mir, was mich erleichtert und mein Herz beruhigt, dass bei seiner Nähe ein paar zu viele Schläge zu schnell geschlagen hatte.

"Soooo.... Da bin ich wieder, oder besser wir", beginnt Ju plötzlich und ich sehe erschrocken zu ihm herüber. Er hält sich eine dieser Kameras vors Gesicht. Das sieht echt behämmert aus, ehrlich. "Ich bin gerade schön was futtern." Demonstrativ hält er seine Kamera fast in seine Pommes. "Mit ein paar Leuten, die eh keiner kennt." Das sagt er ohne uns auch nur eines Blickes zu würdigen.

"Wir haben dich auch lieb", brummt Luke neben ihm. Wie auch sonst hat er mal wieder echt schlechte Laune und schiebt sich lustlos eine Pommes nach der andere in den Mund, während er uns beobachtet. Der Typ wird mir von Abend zu Abend unsympathischer. Ju ignoriert den Kommentar einfach und plappert fröhlich weiter.

"Wir habe gerade ein neues Video gedreht, beziehungsweise haben wir damit angefangen... Leider ist das etwas eskaliert-" Er wirf mir und Sam einen vielsagenden Blick zu und ich merke wie mir die Röte ins Gesicht seigt. Nervös blicke ich auf meine Hände und beginne mit den vielen, abgenutzten Armbändern an meinem rechten Handgelenkt zu spielen. Immer wieder schiebe ich die einzelnen Bänder hin und her, drehe an den Knoten und sortiere sie nach der Dicke, bis Sam plötzlich mit seiner Hand mein Handgelenkt umfasst. Erschrocken sehe ich ihn an, aber er sieht nicht einmal hin. Er beobachtet Ju weiter, wie er irgendetwas von Projekten redet. Für einen Moment bin ich mir nicht sicher wie ich reagieren soll. War das nur eine Reaktion darauf, dass es ihn stört? Doch er zieht seine Hand nicht weg, sie liegt still und ruhig auf meiner. Vorsichtig greife ich danach und verschränke meine Finger mit seinen. Ein Kribbeln durchfährt meinen Körper. Ich sitze hier in einem öffentlichen Restaurant und halte mit einem 'Star' heimlich Händchen. Ein sehr seltsamer Gedanke.

Nachdem ich einige Sekunden auf unsere in meinem Schoß verschränkten Hände geschaut habe blicke ich ihn wieder an und nun sieht auch er zu mir und lächelt- ein glückliches, fröhliches, vielleicht befriedigtes Lächeln. Es ist so ansteckend, dass ich nur selbst anfangen kann zu lächeln. Und es fühlt sich so gut, als müsse es genauso sein, als wäre ich dazu bestimmt hier zu sitzen, seine Hand in meiner zu spüren, ihn anzulächeln und die Welt um und herum zu vergessen.

"Sam wir haben verstanden, dass du nicht schwul bist." Ertappt schauen wir gleichzeitig zu Luke, der uns genervt, ja fast angeekelt ansieht. Wenn ich daran denke, wie er vor ein paar Stunden noch lachend auf dem Fußboden zu meinen Füßen saß, kann ich die Welt nicht ganz verstehen.

"Jetzt hör mal auf so griesgrämig zu sein", schnauzt Ju. Er hat seine Kamera weggelegt uns sich wieder auf sein Essen konzentriert. Jetzt allerdings sieht er seinen Kumpel ähnlich genervt an. "Ich weiß gar nicht was du in letzter Zeit hast. Ständig bist du schlecht drauf und lässt dich zu nichts motivieren." Luke sieht ihn nicht an. Er hört zu, das sehe ich an seinem Gesichtsausdruck, denn er verzieht den Mund, doch er versucht es eindeutig zu verstecken. Anscheinend führen sie dieses Gespräch nicht zum ersten Mal. Ich bin mir sicher, dass ich nicht erleben will, wie das hier ausgeht, weshalb ich aufstehe und mich mit der Ausrede auf Toilette zu müssen verdrücke. Einige Gäste sehen mir hinterher, als ich mir den Weg zu den Toiletten bahne. Fast stolpere ich die schmalen Treppen hinunter. Wer kommt auch auf die bescheuerte Idee kein Geländer an eine solche Treppe zu montieren?! Als ich heile und gesund die Tür aufstoße und feststelle, das niemand drin ist, atme ich erleichtert auf. Ich hasse es, wenn mich andere Menschen dabei beobachten, wie ich einfach mal seltsam bin- und wenn ich seltsam bin, dann im Badezimmer vor einem Spiegel. Manchmal sehe ich mich einfach Minutenlang an- das soll jetzt nicht selbstverliebt klingen, es ist einfach beruhigend für mich. Wahrscheinlich könnte ich auch gleich so gut eine Wand anstarren, aber im Badezimmer bietet es sich nun mal an in den Spiegle zu sehen.

Also stehe ich nun schon seit über fünf Minuten vor diesem Spiegel- der nebenbei gesagt echt klein und schmutzig ist- und male mir aus, was oben gerade am Tisch passiert. Als es gerade auch für mich komisch wird, höre ich jemanden die Treppe runterkommen und schnell tue ich so, als würde ich mir die Hände waschen. Gerade will ich die Toilette verlassen, das wir die Tür einen Spalt geöffnet. Schnell trete ich heraus um mich Sam gegenüber wiederzufinden, der für einen Augenblick genauso verwirrt scheint wie ich. Nur wenige Zentimeter trennen uns voneinander und ich merke wie mein Herz schneller schlägt. Seine Augen huschen immer wieder zu meinen Lippen und ich wünsche mir glaube ich genauso wie ehr, ihn zu küssen. Aber nicht hier und nicht jetzt.

"Du... Ich...", versucht er es, aber bekommt keinen vernünftigen Satz zu Stande. Ein paar weitere Sekunden starren wir uns einfach an, auf einem Flur, vor einer Toilette in einem Restaurant. Der romantischste Ort aller Zeiten.

"Kannst du mich nach Hause begleiten?", flüstere ich schließlich. Dafür dürfte ich mir jetzt echt auf die Schulter klopfen! Ich habe einen Satz herausbekommen, der sogar Sinn macht! Ob der Inhalt wirklich das ist, was ich gern hätte, steht hier erstmal im Hintergrund.

"Mmh... ja klar", macht er und wir beide brauchen noch ein paar Augenblicke, bis wir uns von einander abwenden.

Nachdem ich mich von den anderen verabschiedet habe- natürlich nicht ohne ihnen zu versichern bald mal wieder vorbeizuschauen- folge ich Sam aus dem Restaurant. Schweigend laufen wir nebeneinander her. Ein kalter Wind weht mir Haare ins Gesicht und ich schiebe sie hinters Ohr. Die Stille ist mir eindeutig unangenehm. Nach ein paar Metern halte ich es dann nicht mehr aus.

"Was war das vorhin?", flüstere ich und sehe zu ihm hoch.

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Soooooo,

Sorry das nicht viel in dem Kapitel passiert ist. Ich hab es natürlich mal wieder durch unnötige 'Details' verlängert... :)

Ich friere mir gerade sowas von die Füße ab, da glaubt ihr gar nicht! Dafür sind meine Oberschenkel durch den Leptop wundervoll warm- echt tolle Kombi!

Naja, hab bis Sonntag sturmfrei- mit meinen Brüdern- und auf meiner To- do- List steht 'Jelly bellys' in  Großbuchstaben, also seit gespannt!

Wünsch euch ein schönen Donnerstagabende- zumindest so viel, wie noch davon übrig ist- und träumt süß!

Karla

Two confused heartsOnde histórias criam vida. Descubra agora