Kapitel 15

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Ich glaube ihr versteht mich, wenn ich sage, dass mit jedem verstrichenen Tag mein Stimmung sank. Die Aussicht wieder zur Schule zu müssen ist einfach nur grausam. Zu meinem Bedauern verstrichen die Tage dann auch noch so schnell, dass ich beim Aufstehen am Montagmorgen nicht glauben will, dass es schon so weit ist. Weder Sam, noch die anderen habe ich die letzten Tag gesehen. Sam hat immer wieder geschrieben, wie sehr der doch mein Rührei vermisse und von Tobi und Ju bekam ich auch jeden Tag wenigstens eine Nachricht. Und Luke? Keine Ahnung. Wirklich.

Während ich mich unter die Dusche schiebe denke ich über ihn nach. Er ist seltsam, so viel steht fest, aber nicht auf die psychotisch- seltsame Art, sonder mehr anders- seltsam. Ich kenne ihn ja kaum, aber immer wenn ich ihn getroffen habe, war er entweder schlecht drauf oder einfach nur still. Und dabei beobachtete er immer die ganzen Leute um sich herum, als wäre es wichtig zu wissen, wer ihn gerade in welcher Sekunde anstarrte oder nur einen flüchtigen Blick auf ihn wart. Auch war er in der Öffentlichkeit ganz anders. Im Gegensatz zu den anderen schien er nicht gern auf freien Plätzen rumzualbern und sich vor allem zu Affen zu machen. Meinst stand er aufrecht, mit den Händen in der Hosentasche und einem wachsamen Blick daneben und lächelte nur, wenn es sein musste, ansonsten stand er da, emotionslos und fast wie ein Statue. Unterm Strich würde ich ihn fast als arrogant oder hochnäsig bezeichnen- zumindest in der Öffentlichkeit, denn ich hab ja auch einige nette Gespräche mit ihm gehabt.

Als ich merke, dass meine Finger schon schrumpelig werden drehe ich schnell das Wasser aus und mache mir für die Schule fertig, bevor ich die Treppe extra laut runter trampel- sicherlich zur Freude meines NOCH friedlich schlafenden Bruders- und in die Küche stürme, wo meine Mutter mich schon freudig erwartet. Und glaubt mir, es ist mehr Schadenfreude, als alles andere.

"Ist Holly schon wach?", fragt sie, als ich gerade am Tisch sitze und mir Milch über die Cornflakes kippe. Ich zucke mit den Schultern. Sie seufzt und verlässt die Küche. Ich lausche der Stimme des Moderators im Radio und versinke langsam in einen Tagtraum- keine Ahnung woran ich genau denke, plötzlich bin ich einfach weg.

"Nimmst du Holly mit?" Ich zuck erschrocken zusammen und sehe meine Mutter geschockt an.

"Oh Gott, Mum!", rufe ich aus.

"Oh, habe ich dich erschreckt?" Sie sieht nicht danach aus, als täte es ihr in irgendeiner Weise leid. "Also?" Ich brauch etwas um zu verstehen aus was sie hinaus will und gebe nur ein Grummeln zur Antwort- dass sie wohl als ja sieht, denn sie lächelt glücklich und verschwindet wieder. Zeit für mehr Tagträume! Oder doch nicht. Bei dem Blick auf die Uhr springe ich auf und werfe dabei fast mein Frühstück um. Gehetzt ziehe ich meine Sneaker an und reiße die Haustür auf um kurz darauf den Namen meiner kleinen Schwester durchs ganze Haus zu schreien, die glücklicherweise kurz darauf am oberen Ende der Treppe erscheint. Zu meinem Entsetzten aber mit Tonnen Make- Up im Gesicht, Extension in den Haaren und dem kappsten Outfit aller zweiten am Körper.

"So nehme ich dich nicht mit!", stelle ich klar und merke, dass ich mich anhöre wie meine Mutter. In Hollys Gesicht breitet sich ein genervter Ausdruck aus.

"Ist das dein Ernst?", knurrt sie und ich nicke ganz eifrig. Doch sie zuckt nur mit den Schultern. "Gut, dann fahr ich halt Bus." Hattet ihr ihre extreme Abneigung zu öffentlichen Verkehrsmitteln auch mitgekriegt oder bin ich hier die einzige? Naja, soll mir recht sein, wenn sie für dieses echt unangebrachte und wirklich grauenvolle Auto Bus fahren will. Also schlage ich die Tür hinter mir zu und ziehe auf dem Weg zu meinem Auto mein Handy aus der Hosentasche.

An Nina: Soll ich dich abholen.

Kurze Zeit später: Gerne!

Zufrieden steige ich ein, schmeiße meine Tasche auf den Rücksitz und werfe den Motor an. Oh Gott, was ist das für ein tolles Gefühl mit dem Auto zur Schule fahren zu können, während die anderen alle noch nicht fahren dürfen. Ich genieße es echt!

Mit quietschenden Reifen halte ich vor Ninas Haustür- zumindest wäre es echt schön wenn die Reifen quietschen würden, denn dann hätte das hier was von so nem coolen Actionfilm oder so, aber das kann ich meinem kleinen lieben Audi ja nicht zutrauen. Nina wartet auf der Treppe vor dem Haus schon auf mich.

"Hey Süße!", begrüßt sie mich mit einem breiten Grinsen und wirft ihre Tasche zu meiner auf dem Rücksitz.

"Hi!", gebe ich zurück und fahren wieder los.

"Bock auf die alten Lehrer?" Ich sehe sie kurz mit diesem Ist- das- dein- Ernst- Blick an und sie lacht. "Bescheuerte Frage, hast recht." Sie lacht kurz auf und wechselt dann das Thema. "Mum lädt dich zum Abendessen heut ein." Habe ich schon von meiner Zuneigung zu ihrer Mutter erzählt? Ich liebe sie.

"Gern!", sage ich und lächle. Besser als am selben Tisch wie Holly zu sitzen. Die wird mir den Kopf abreißen. Das Gefühl habe ich schon, seit sie Sam in meinem Bett gefunden hatte. Bislang sitzt er noch da, wo er sitzen sollte, aber es würde mich nicht wundern, wenn das bald nicht mehr so wäre. Ich liebe meinen Kopf doch so!

"Gut, ich sag ihr Bescheid." Sie zieht ihr Handy hervor und tippt darauf herum. "Ach, wer waren eigentlich die Typen von letzter Woche. Du hast mir nicht gerade viel von ihnen erzählt." Ich hatte ihr wirklich nichts erzählt. Nur dass ich sie sehr flüchtig kenne- oder besser kannte- und woher ich sie kenne. Selbst diese 'Nacht' mit Sam hatte ich ihr verschwiegen. Dafür musste bislang noch Joanna hinhalten. Um ehrlich zu sein muss ich leider feststellen, dass die Freundschaft zwischen Nina und mir unter diesem einen Jahr echt gelitten hat, aber ich werde alles daran tun sie wieder aufzurichten, zu dem was sie früher einmal war- nämlich das beste, dass mir je passieren konnte.

"Nur so ein paar Typen. Nichts besonderes", sage ich. Die Wahrheit kann ich ihr trotzdem nicht sagen.

Dann hör auf mir diesem Freundschaftsaufbau- Gequatsche!

"Sicher?" Ich sehe sie nicht an. Das hat sie immer noch drauf: Diesen Blick, vor dem ich nichts geheim halten kann.

"Ja sicher!", sage ich so bestimmt wie möglich. Zu meinem Glück zuckt sie mit den Schultern.

"Gut, dann frage ich dich später nochmal." Ich sehe ihr Grinsen durch den Rückspiegel. Oh nein.

Den Rest des Weges schweigen wir. Keine Ahnung warum. Ich glaube ich bin einfach noch zu müde um wirklich kommunikativ zu sein und sie ist zu sehr in ihr Handy vertieft. Als ich auf den Parkplatz unserer Schule fahre wirft sie mir einen seltsamen Blick zu und richtet dann die Augen auf die Schüler, die sich auf dem Parkplatz tummeln. Zum meinem Bedauern sehe ich auch ein paar bekannte Gesichter. Ein paar? Ach vergiss es, ich kenne sie alle, jeden einzelnen!

Two confused heartsWhere stories live. Discover now