Kapitel 48- Happy New Year

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Ich betrachte mich nochmal im Spiegel. Das schwarze Kleid ist für meinen Geschmack eigentlich zu kurz, aber ich vertraue Maddy einfach mal. Die frisch gefärbten, braunen Haare liegen gelockt über meiner rechten Schulter. Die High- Heels sind mir viel zu hoch, aber nach einer Stunde Lauf- Training bei Holly hab ichs langsam raus darauf zu laufen. Auf meinem Gesicht kleben Tonnen Make-up, unter dem ich mich selbst kaum erkenne. Aber trotzdem habe ich das Gefühl, dass es perfekt ist.

Ich verlasse das Bad und suche nach Sam, der sich in der Küche versteckt hat und mit Ju gerade noch die letzten Stücke Pizza aufisst.

"Seit ihr eigentlich bescheuert!", schreie ich entsetzt und starre auf den leeren Pizzakarton.

"Sorry Schatz, ich hätte ja-", versucht Sam mich zu beruhigen, aber ich bin auf 180.

"Ihr könnt das nicht machen! Ich dachte ihr wärt meine Freunde! Vor allem von dir hätte ich ein anderes Verhalten erwartet, Sam!", kreische ich.

"Was ist denn hier los?" Tobi steht im Türrahmen und sieht verwirrt zwischen uns her. Dann scheint ihm ein Licht auf zu gehen. "Auch so. Sie haben mal wieder- Ok. Ich halt mich da raus." Damit dreht er sich mit erhoben Händen um und verlässt mit den Worten "Ich kenne diese Menschen nicht" wieder die Küche. Jetzt kommt Sam auf mich zu und legt seine Hände auf meine Hüften.

"Schatz bitte. Es war doch nur-"

"Jetzt kommt nicht mit der Tour!", schimpfte ich und stoße ihn von mir weg.

"Kumpel, an deiner Stelle würde ich mir ne chilligere Freundin suchen", kommt es von Ju. Ich funkle ihn wütend an.

"Seit ihr endlich fertig?" Sophia steht mit hochgezogener Augenbraue vor uns. Ich muss leider sagen, dass ich sie echt um ihre langen Beine beneide. Wenn sie nicht mit Ju zusammen wäre, hätte ich echt Angst sie irgendwann mal mit meinen Freund zu erwischen.

"Babe, bitte sag mir, dass du niemals so besessen wirst, wie Liv." Ju wirft mir bei dieser Bemerkung einen vielsagenden Blick zu und ich strecke ihm die Zuge raus.

"Das würd ich gern. Aber wenns um Pizza geht, kann ich nichts versprechen." Wir geben uns ein High- Five und die Jungs sehen uns verwirrt an.

"Seit wann seit ihr euch denn so dicke?", hakt Sam nach. Ich muss gestehen, dass ich Sophia am Anfang echt nicht mochte- was vielleicht daran lag, dass sie meinem Freund für meinen Geschmack etwas zu nahe gekommen war. Aber wenn man sie kennenlernt ist sie eigentlich echt cool.

"Seit du meine Pizza aufgegessen hast", fauche ich beleidigt und stolziere aus der Küche.

"Liv, wir wissen beide das du diese Nummer nicht lange spielen kannst", ruft mich Sam hinterher. Damit hat er recht.

"Dann lass mich diesen Moment genießen!", kontere ich und öffne die Wohnungstür. "Wir sollte los, Leute! Ich hab keinen Bock wieder zu spät zu kommen."

"Man ist auf eine Silvesterparty erst zu spät, wenn es nach zwölf ist", stellt Tobi fest und drückt sich an mir vorbei.

"Jaja", brumme ich und halte die Tür für die andern auf.

-

"3" Ich umfasse den Plastikbecher mit beiden Händen. "2" Ich spüre jemanden neben mir und starre in den Himmel. "1" Ich richte meine Blick auf Sam, der sich zu mir runter beugt. "Frohes neues Jahr", raunt er und küsst mich, während über uns der Himmel zu explodieren beginnt.

Ein neues Jahr. Ein Neubeginn. Vor einem Jahr hatte ich Kilometer weit von ihr entfernt irgendwo in London an der Themse gestanden und mich allein gefühlt. Ich hatte mit gewünscht das Jahr würde etwas Gutes mit sich bringen; hatte mich gezwungen den Moment zu genießen, mein erstes Silvester in einem anderen Land, ohne meine Freund oder meine Familie, ganz allein; hatte gehofft das Leben würde irgendwie besser laufen; hatte erwartet das nächste Mal, dass ich mich auf ein neues Jahr vorbereite, würde ich alleine machen. Und jetzt stehe ich hier, wünsche mir, dass das letzte Jahr nochmal kommen würde; dass ich all diese schönen Momente nochmal erleben darf und sie genießen kann; dass all die traurigen Momente einen besonderen Platz in diesem Jahr bekommen, damit ich verstehe, warum ich sie überstanden habe; dass jeder der Menschen, die gerade um mich herum stehen wissen, das ich sie liebe und das ich sie niemals verlieren möchte; dass das kommende Jahr genauso viel Freunde mit sich bringt und mehr Höhen birgt, als Tiefen; dass ich das nächste Jahr nicht allein durchlebe.

"Ich habe mir letztes Jahr gewünscht heute nicht allein hier stehen zu müssen", raunt Sam mir ins Ohr und ich grinse.

"Ich liebe dich", flüstere ich und küsse ihn wieder. Niemals könnte ich das nochmal durchmachen, was ich vor ein paar Monaten erlebt hatte. Zwei Wochen, in dem Wissen, dass er mich hasste für das, was ich getan habe, wäre der Horror. Und es war der Horror. Es ist nie wieder so geworden wie vorher, aber das brauchte es auch nicht. Ich liebe ihn und ich bin mir sicher, dass er das selbe für mich empfindet. Er hat mir verziehen und das ist das wichtigste. Langsam kann ich mir ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen; ich möchte es gar nicht.

"Frohes Neues!", kreischt Layla hinter mir und schlingt ihre Arme um mich, ohne Rücksicht auf Sam zu nehmen, der unsanft von mir weggeschoben wird.

"Dir auch!", lache ich und erwidere die Umarmung. Im nächsten Moment spüre ich noch mehr Arme und Stimmen, die mich ein frohes neues Jahr wünsche ,ich kann nicht mehr aufhören zu grinsen. Es ist der Hammer, was alles in einem Jahr passieren kann. Ich war mir letztes Jahr noch sicher gewesen, heute hier mit Mum, Holly und Nina zu stehen und dem kleinen, unspektakulären Feuerwerk zuzusehen, dass wir irgendwie zustande gebracht haben. Stattdessen fehlt hier jede Spur von meiner Familie oder Nina. Ich habe neue Freunde, Menschen um mich herum, denen ich vertraue und die ich an meinem neuen Leben teil haben lasse. Ich stehe auf einen Party mit über hundert Gästen, die Hälfte davon hat mehr als eine halbe Millionen Abonnenten auf YouTube und bis vor kurzen fast unerreichbar. Anderen, wie Layla, Ethan, Brian oder Maddy, habe ich viel zu lange keine Aufmerksamkeit geschenkt, die sie eigentlich echt wert gewesen wären.

Wenn mein Leben nächstes Jahr nur halb so gut wird, wie dieses, dann kann ich nur von Glück reden.

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Ja, vielleicht sollte ich anfang September nicht von Silvester schreiben, aber krieg ich trotzdem von irgendwem ein 'Happy new Year'? :)

Also nur falls ihr angst habt, dass es hier vorbei ist (weil es sich meiner Meinung nach gerade echt stark nach einem Ende anhört): das hier ist eigentlich fast erst der Anfang. Beim längeren drüber nachdenken, könnte ich auch ein zweites Buch daraus machen.... was wäre euch lieber?

Wünsch euch ein frohes neues Jahr!

Karla

P.S. und guten rutsch!

Two confused heartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt