Kapitel 22

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Ich brauche einige Zeit, bis ich die Männer von der Luft aus entdecke. Sie haben sich vorbildlich getarnt. Allerdings können sie sich meinem scharfen Blick dann doch nicht ganz entziehen.

Ich suche mir in der Nähe einen sicheren Landeplatz, der auch verlassen genug ist, damit niemand meine zweite Natur sehen kann. Nach der Landung verwandle ich mich sofort zurück und eile im Laufschritt zu meinem Vater.

„Hallo!", flüstere ich, als ich ihn erreiche.

Er dreht sich erst einmal erschrocken zu mir um. Als er realisiert, dass ich es bin, atmet er erleichtert aus. Er ist voll auf das Geschehen konzentriert.


„Du bist zurück?"

„Wie du siehst."

„Zum Glück, sie haben dich nicht erwischt."

„Willst du mich beleidigen", lache ich auf.

Mein Blick und meine Körperhaltung sind gespielt beleidigt. Mein Vater jedoch versteht sofort, dass ich ihn nur necken will und lacht laut auf.

„Du willst mir nicht Majestätsbeleidigung vorwerfen", grinst nun er.

„Könnte ich, aber weil du es bist, lassen wir es ausnahmsweise dabei bewenden", lache ich nun auf.

„Warst du erfolgreich?"

„Die Waffen sind zerstört, die Waffenkammer fest verschlossen. Sie haben nur noch die Waffen, welche die diensthabenden Wachen bei sich trugen."

„Dann haben wir gute Chancen, diese Schlacht zu gewinnen", meint er. „Gut gemacht!"

„Wir sollten versuchen, die Soldaten auf unsere Seite zu ziehen, bevor wir gegen sie kämpfen. Sag es den anderen. Wir töten nur, wenn es sein muss."

„Ich mache das. Du aber leg dich etwas hin und schlaf noch eine Runde. Es wird ein anstrengender Tag."

„Ich kann nicht schlafen. Ich bin zu aufgeregt."

„Dann solltest du etwas essen. Zumindest das!"

„Ja, Hunger habe ich", gestehe ich.

Er führt mich zu einer Feuerstelle, auf der noch ein Hase brutzelt. Er nimmt ihn vom Feuer und reicht mir einen Teil davon. Ich beiße mit Genuss in das zarte Fleisch und lasse es beim Kauen fast auf der Zunge zergehen. Ich liebe den Duft und den Geschmack von gegrilltem Fleisch.

Mit vollem Bauch lege ich mich unter einen Baum und warte, bis die Zeit für den Angriff naht. Die Männer formieren sich inzwischen und einige begeben sich an entlegenere Seiten des Schlosses. Lord Kemenor ist eingekreist, ein Entkommen ist nicht mehr möglich.

Als die Sonne sich ihren Platz am Himmel von der Dunkelheit zurückgeholt hat, begebe ich mich zu den Männern, die das Haupttor angreifen werden. Sie sind alle hoch motiviert und fiebern dem Kampf entgegen.

„Männer!", rufe ich. „Heute ist ein entscheidender Tag. Heute haben wir die Möglichkeit, den Menschen in diesem Reich Friede, Freiheit und Wohlstand zu bringen. Wir müssen uns diese Werte erkämpfen und dafür einstehen. Aber wir haben eine historische Chance.

Ich möchte, dass wir nicht unnötig Blut vergießen. Lassen wir dem Feind die Möglichkeit, sich auf unsere Seite zu schlagen und das Richtige zu tun. Wenn es aber darum geht, unser Leben zu verteidigen, dann zögert nicht. Dann ist es Notwehr."

Da tritt für mich völlig überraschend ein Mann vor. Er blickt sich noch einmal um und schaut die anderen an, die ihm zunicken.

„Wir ziehen mit dir in den Kampf und werden, wenn es sein muss, für dich unser Leben geben"; ruft er. „Es lebe Königin Aurora!"

Legenda Major - Aurorae MundiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt