Kapitel 4

265 9 5
                                    

Jamila

Wusstet ihr, dass es Haram (nicht erlaubt im Islam) ist für eine Muslimische Frau einen Mann mit einer anderen Religion zu heiraten, da der Mann die Religion an die Kinder weitergibt und die Kinder Islamisch aufwachsen sollen. Darüber habe ich letztens nachgedacht und mich gefragt. Was ist aber wenn man sich in einen Jungen mit einer anderen Religion verliebt? Man kann ihn ja schlecht entlieben, oder? Sami hat mal zu mir gesagt, dass liebe stärker ist als jedes andere Gefühl auf dieser Welt. Ich war noch nie verliebt. Ich empfinde nur liebe für meine Familie, Freunde und meine Bücher. Ich frag mich wie es ist verliebt zu sein.

Dunya kommt ins Zimmer und fragt „Ey, ein blonder Junge steht draußen und fragt nach dir. Geh lieber schnell bevor Baba ihn sieht." Ach du heilige Scheiße. Ich sprinte zur Tür und falle dabei fast hin. Fuck. Ich habe kein Kopftuch übergezogen.

Ich sprinte nochmal zum Zimmer und schnappe mir einen Hoodie. Ich ziehe den Hoodie mit der Kapuze über. So, dass man meine Haare nicht sehen kann. Das ist übrigens mein -ich muss an die Tür gehen und hab kein bock ein Kopftuch über zu ziehen- Look.

Dann sprinte ich zur Tür. Da steht er. Isaac. Vor meiner Haustür.

„Was machst du hier? Wenn mein Vater dich sieht bin ich tot.", sage ich aufgeregt. „Hä, wieso? Kann ich nicht reinkommen ich soll dich was von Tyran fragen." „Nein um Gottes Willen. Wir können am See reden. Mein Vater kommt gleich. Lass uns in fünfzehn Minuten am See treffen."

Er schaut verwirrt. Nickt dann aber und geht. Ich gehe in mein Zimmer und suche etwas zum Anziehen aus. Eine lockere schwarze Jeans und ein Weißes oversized T-Shirt darüber eine braune Sweatshirt Jacke. Dann binde ich noch schnell mein Kopftuch.

„Dunya, wenn Baba kommt sag ihm ich bin am See spazieren." „Mach ich, aber wer war das denn Jamila?", sagt sie ganz neugierig. „Eh, ehm ein Schulkamerad." „Aha.", sagt sie und grinst.

Dann gehe ich zum See. Dort wartet er auch schon. Er trägt ein gelbes T-Shirt. Irgendwie ist es komisch jetzt zu ihm zu gehen. Ich weiss nicht warum. Während ich überlege ob ich einfach zu ihm gehen soll oder nicht, hat er mich schon entdeckt und ist zu mir gekommen. „Hallooo. Jamila?" „Eh, ja. Ja." „Ahh, worüber hast du nachgedacht?" Das fragt er mich einfach so ohne Rücksicht. „Nichts wichtiges."

„Okay. Auf jeden Fall ich sollte dich von Tyran fragen ob du jetzt bei unsere Band mitmachen möchtest oder nicht." „Ehm, ich habe ehrlich gesagt noch nicht darüber nachgedacht." „Ich wusste es." „Tut mir leid. Das Problem ist nur, dass ich euch kaum kenne und zum anderen dürfte ich das gar nicht auch wenn ich wollen würde."

„Warum denn nicht? Hat dein Vater was gegen Jungs?" „Es ist kompliziert." „Ich habe Zeit.", sagt er verständnisvoll.

Wir setzten uns auf eine Bank. Ich überlege es ihm zu erklären, aber er würde es wahrscheinlich nicht verstehen.

„Und was ist mit deiner Mutter?", fragt er plötzlich. „Hat die auch was gegen Jungs?" „Nein.", sage ich und mir wird ganz schlecht, wenn ich nur daran denke jemanden etwas über meine Mutter zu erzählen.

Niemand außer meine Familie weiss was mit meiner Mutter ist. Meine alten Freunde wussten nur, dass sie krank geworden ist. Jedoch wussten sie nicht was sie hatte und warum sie es hatte.

Meine Mutter leidet an Schizophrenie, eine Krankheit, bei der man Wahnvorstellungen hat und die Dinge anders sieht als ein gesunder Mensch.

Warum meine Mutter an dieser Krankheit leidet weiss keiner von uns nicht mal mein Vater. Es geschah vor vier Jahren, als wir unterwegs auf einen Familienausflug waren. Wir wollten zum Park fahren. Als wird dort angekommen sind spielten Dunya und Bilal, der gerade mal ein Jahre alt war auf dem Klettergerüst. „Pass auf Dunya!", schrie mein Vater damals. Daraufhin fiel Bilal vom Klettergerüst und schürfte sich die Knie und Hände auf.

Über all war Blut. Aber es war nichts unglaublich Schlimmes. Jedes Kind fällt mal beim Spielen hin.

Meine Mutter jedoch wusste gar nicht wie sie mit der Situation umgehen sollte. Ich ran zu Bilal, um ihn zu versorgen. Er weinte sehr laut. Meine Mutter stand nur da und starrte auf das Blut. Mein Vater half mir Bilal zu versorgen. Meine Mutter rührte sich immer noch nicht.

Als mein Vater sie fragte was los sei. War es wie als hätte man sie aus einem Traum geweckt. Sie fing an so laut zu schreien und zu schwitzen als würde sie gerade einen Herzinfarkt kriegen. Aber es war kein Herzinfarkt.

Mein Vater brachte sie so schnell wie möglich zum Auto. Ich hatte meinen Vater zuvor noch nie so schnell rennen sehen. Er sagte noch zu mir „Ruf Sami an er soll euch nachhause fahren." Das tat ich auch.

Dunya und Bilal weinten. Ich stand nur da und verstand nicht was in dem Moment passiert war. Von diesem Tag an frage ich mich was meine Mutter gesehen hatte als sie auf Bilals Blut gestarrt hatte.

Seitdem ist sie in Behandlung. Die Ärzte haben die Krankheit Schizophrenie bei ihr diagnostiziert und uns gesagt, dass es höchst wahrscheinlich etwas mit Ereignissen ihrer Kindheit zu tun haben könnte.

Sie redet jedoch nicht über ihre Kindheit. Und somit dauert der Heilungsprozess sehr lange. Beziehungsweise keiner weiss so wirklich ob sie jemals wieder gesund wird.

Isaac bemerkt, dass es mir nicht so gut geht. „Hey, tut mir leid. Ich wollte dich nicht traurig machen. Ist alles in Ordnung?", fragt er mich mit einer besorgten Stimme. „Ja es ist alles gut. Es ist nichts. Wie dem auch sei. Mein Vater lebt noch Old School und hält es für richtig wenn Mädchen nicht mit Jungs raus gehen, früh nachhause kommen und soweiter. Er macht sich sorgen, deswegen ist das Ganze mit der Band zu kompliziert. Tut mir leid. ", sage ich schließlich. „Ah. Verstehe.", sagt er. Doch ich sehe ihm an das er das komisch findet. „Schade. Du hast echt Talent und das sollte eigentlich nicht verschwendet werden." „Danke schön. Richte auch Tyran vielen Dank für das Angebot aus." „Mach ich."

„Eine Frage hätte ich aber noch.", sage ich. „Und die wäre?" „Woher wusstest du wo ich wohne?" „Ich habe dich an dem Tag wo ich deinen kleinen Bruder gefunden haben Nachhause gehen sehen."

Mist. Er hat mich also doch gesehen. „Ah. Okay." „Ja. Sollen wir noch ein Stück gehen bis zu unserer Straße?", fragt er vorsichtig. „Ja. Können wir."

Auf dem Weg unterhalten wir uns über seine Band. Er erzählt, dass sie nur zu dritt sind. Und das Chris sein anderer Freund, der etwas schüchtern ist die Idee hatte die Band zu gründen, da sie alle spaß am Musik machen haben.

Außerdem erzählt er, dass er Gitarre spielt, Tyran Schlagzeug und Chris Key Board. Und dass sie alle versuchen etwas zu singen. Sie aber nicht sonderlich gut darin sind und deswegen ein Viertes Mitglied, das für den Gesang zuständig ist, suchen.

Er erzählt mir das alles mit einer Begeisterung, bei der man merkt, wie viel ihm an der Band liegt. Da wir beide so vertieft in dem Gespräch sind merken wir erst spät, dass wir schon in unserer Straße angekommen sind. „Na dann. Bis morgen Jamila." „Bis morgen."

Als ich auf meinem Bett liege und mein Handy checke. Sehe ich sechs verpasste Anrufe von Grace.

Ich rufe sie zurück. „Endlich. Jamie man wo warst du?" „Ich war am See." „Alleine?", fragt sie. „Ehm, nein mit Isaac." „WAAAS?", schreit sie in den Hörer, sodass mein Ohr weh tut. „Wieso hast du mir das nicht früher erzählt?" „Das war spontan. Er wollte mich etwas wegen der Band fragen." Ich erzähle ihre die Details über unser Gespräch und was in der Bibliothek passiert ist. „Alter Jamie. Ich freu mich ja so für dich." Hä, über was freut sie sich denn? „Warum?" „Endlich hast du auch mal etwas mit jemand anderem unternommen." „Es war doch nur ein Gespräch. Komm mal wieder runter." „Ach tu doch nicht so auf bescheiden." „Mach ich doch gar nicht!" „Ja. Ja. Wir sehen uns morgen."

Dann legt sie auf. Ich lasse mich auf mein Bett fallen und denke über das nach was heute passiert ist. Also eigentlich war es ganz schön sich mal mit jemand anderem als Grace zu unterhalten.

Und er ist auch eigentlich ganz nett.

Aber sie wollten mich wahrscheinlich nur für ihre Band. Es wird langsam spät. Ich werde müde und lege mich schließlich schlafen.

Es gibt kein Happy End für uns. Where stories live. Discover now