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Kalt, es war kalt. Zwar konnte ich von Glück reden, dass ich mir geradeso noch meine Schuhe schnappen konnte, aber es war dennoch kalt auf dem Weihnachtsmarkt.
Wie weit ist es eigentlich noch bis Weihnachten? Mal sehen...
An den Fingern zählte ich die Tage nach und musste dabei immer wieder neu anfangen, weil Kyran mir ab und zu etwas zeigte, was mich ablenkte.

«Was diese Woche bereits? So bald?», erschrocken sah ich zum Braunhaarigen an meiner Seite, der nur perplex nicken konnte, da er meine Reaktion nicht nachvollziehen konnte.

«Muss ich wissen, von was du redest?», flüsterte er und ich schüttelte lächelnd den Kopf, «Musst du nicht.»

Er nickte, etwas enttäuscht, dass ich es ihm nicht sagen würde, und wir fuhren weiter mit unserer kleinen Runde durch den Weihnachtsmarkt.

Als ich einen Stand mit Lebkuchenherzen sah, zog ich Kyran, der meine Hand festhielt, dorthin, «Oha! Die sind richtig hübsch. Komm, such eins aus und das schenken wir dann zum Beispiel deinen Eltern», meinte ich und sah ihn erwartungsvoll an.

«Für meine Eltern, hm», murmelte er und sah sich die verschiedenen Schriftzüge an, bis er schliesslich ein Herz mit den Worten 'Hab euch lieb!' sachte vom Haken nahm.

«Ich nehm für deinen Grossvater noch eins mit», damit griff ich nach einem Lebkuchen, auf dem 'Fröhliche Weihnachten und viel Glück im neuen Jahr' draufstand, «Was meinst du?», hielt ich ihm das Lebkuchenherz unter die Nase.

Nach kurzem Überlegen nickte er.
Zufrieden ging ich also zur Kasse und bezahle, also nein ok, das stimmt nicht. Der liebe Kyran bezahlte – aber auch nur, weil ich kein Geld in saphirnischer Währung hatte!
Sobald wir also unseren kleinen Einkauf in einer Tüte hatten und auch die Quittung bekommen hatten, ging es weiter. Diesmal in Richtung Essen und Punsch, denn mein Magen knurrte und so suchten wir erst einen Punschstand. Wenig weiter fanden wir dann auch noch eine Bude, die Waffeln verkaufte, gleich daneben einen Süppchenstand.
Glücklich und zufrieden sassen wir also kurze Zeit später auf einer kalten Bank, jeder mit einer Pappschüssel Suppe und einem Styroporglas Punsch in der Hand. Der einzige Unterschied zwischen uns war, dass ich noch einen kleinen Pappteller mit zwei warmen Waffeln, eine mit Vanillesauce, eine mit Nutella, hatte.

«Schmeckt's?», fragte mein Seelengefährte, seinen Blick starr auf die grosse Menschenmenge gerichtet, die zugegebener Massen einfach nur unbequem aussah.

«Mhmm», ich schluckte mein Essen runter, «Das Wort passt zwar nicht, aber die Menschen auf so Märkten sehen von aussen, und meistens auch von innen, total unangenehm aus. Weil der Platz nämlich einerseits komplett überfüllt ist und andererseits ich mich da nie reinstürzen will und es nur mache, wenn ich mit anderen Leuten zusammen bin.»

Gedankenversunken nickte der Braunhaarige bei meiner Aussage, seine bernsteinfarbenen Augen blieben auf den Weihnachtsmarkt gerichtet.
Keiner von uns sagte etwas, doch stören tat es uns nicht. Wir sassen einfach da, in der Kälte, sahen zu, wie unser Atem in kleinen Wölkchen aufstieg und Familien von Stand zu Stand gingen.
Nach einer Weile stand Kyran auf und streckte mir seine Hand entgegen.

«Gehen wir nach Hause?», fragte ich und er nickte.
Er hätte etwas süsses, wie 'Ich bin bei dir zu Hause' oder 'Wo du bist, ist mein Heim' sagen können, aber das wäre nicht Kyrans Art gewesen.

«Also auf dieser Steinbank beim Weihnachtsmarkt wolltest du wohl kaum übernachten, oder?», bekam ich stattdessen also als Antwort.

❥︎ ❥ ❥︎

«Hatschi!», nieste ich abermals.
Hast du gerade ernsthaft 'Hatschi' gesagt? Um zu zeigen, dass du niest? Ja, ja das hast du.

«Gesundheit», sagte Kyran gegenüber von mir in seinem königsblauen Sessel, so langsam könnte das zu einem Reflex von ihm werden.

Seit einer guten Stunde sassen wir, jeder in einem dunkelblauen Sessel, gegenüber von einander in der Nähe des Kamins und wärmten uns auf.
Kyran las den Brief seiner Grosstante und seines Grossvaters vermehrt durch, vermutlich versuchte er ein Schlupfloch zu finden, dass er nicht meinen Freund spielen musste.
Seufzend fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht.
Mit was auch sonst? Einem Auto?
Er hatte also keine Lösung für sein Problem gefunden.

«Es sieht fast so aus, als müssten wir meiner Grosstante dieses Schauspiel vortragen. Und zwar so überzeugend, dass sie mir den Zutritt auf den Thron gewährt, sobald ich den nämlich hab, bin ich quasi sicher, wenn man das so sagen kann», wandte er sich mir zu und verstehend nickte ich. Hier ging es um die Krone und die war wichtiger, als irgendeine Kleinigkeit wie eine Partnerschaft. Das kannte ich gewissermassen, schliesslich war ich als Tochter des Alphas aufgewachsen.

«Ok, cool. Aber...ähm, wie erklären wir deiner Grosstante dann unsere plötzliche Trennung nach deiner Krönung?», fragte ich.

«Also direkt nach der Krönung können wir uns ja nicht 'trennen'», er malte Gänsefüsschen in die Luft, «Das machen wir eine Woche danach, wie klingt das?», ich nickte einverstanden und streckte meine Hand aus.

«Abgema–», ich nieste, «Gesundheit», sagte der Braunhaarige mir gegenüber nur, «Tschuldigung. Abgemacht?»

Er nickte und schüttelte fast schon feierlich meine Hand, «Abgemacht.»

«Ok, dann geh' ich jetzt ins Bett. Ich fühle mich nicht so gut», damit stand ich auf und schwankte durch den Gang und zu unserem gemeinsamen Zimmer. Der Raum schwankte hin und her, andere hätten vielleicht gesagt, dass sich alles drehte, aber so sah das nicht aus.

«Hey, hey, hey», sein Ton war sanft als er geradezu an meine Seite sprintete und mich stütze.
Pah! Als ob du dir wirklich Sorgen machst!

«Ist schon in Ordnung, ich schaff' das schon», versuchte ich ihn wegzuwinken, doch mein Mate liess sich von mir nicht beirren.

Achtsam setzte er mich auf unserem Bett ab, dann holte er meinen Pyjama unter dem Kopfkissen hervor und half mir meinen Pulli auszuziehen und das T-Shirt überzuziehen, «Wir ziehen deinen Pulli gleich wieder an, du hast ein Fieber, Andy.»

«So einen albernen Spitznamen hab ich ja noch nie gehört», nuschelte ich träge, durch das Fieber fühlte sich mein Körper extrem schwer an.

«Tja, Pech gehabt. Vor dir steht der König der albernen Spitznamen, und jetzt Arme hoch, du musst in deinen Pulli zurück», ich tat wie geheissen, für eine Zankerei war ich momentan zu schwach.

♡♡♡♡♡

Wem von euch wird auf so schnell kalt, wie mir?

Reagan -Little Ruler-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt