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«Ich habe seit diesem Jahr meine Erasthai, die vor mir kniende Andrea, gefunden und wenn der Ältestenrat einverstanden ist, werde ich sie zu meiner Königin krönen», er drehte sich zu seiner Grosstante und Erik, seinem Grossvater.

«Eure Majestät ich bin einverstanden», willigte seine Grosstante ein und neigte respektvoll den Kopf.

«Ich möchte vor der Krönung gerne noch jemanden hereinbitten, Andreas Eltern», meinte Erik und ich hielt überrascht den Atem an.
Meine Eltern? Darwin und Ethan? Sie sind hier?

Auch Kyran sah mich an, in seinem Blick lag pure Freude für mich und eine gewisse Zuneigung.
Die Fanfaren ertönten und alles verstummte. Jeder sah gebannt zum Eingang, so auch ich.

«Wir präsentieren», gab eine laute Stimme bekannt, «Die Eltern der Erasthai unseres Königs», er machte eine Pause, die Spannung stieg.

Ich sah nervös zu Kyran, der seinen Blick von mir immer noch nicht abgewendet hatte, und er vermittelte mir mit seinem Blick eine so tiefe Ruhe und Wärme, dass sich mein Herzschlag sofort beruhigte. Mein Seelengefährte und ich hätten inmitten eines Sturms stehen können, doch sobald er mich so ansah, war alles andere egal. Es spielte einfach keine Rolle mehr, was im uns herum geschah. Die Zeit blieb stehen. Die ohnehin schon den Atem abhaltende Menge rückte in den Hintergrund und die Luft um uns herum schien still zu stehen.
Wir schaffen das. Wir sind ein Team.
Das war es, was sein Blick mir sagte. Und so nickte ich innerlich, denn ich glaubte ihm.
Ich liess meinen Blick zum Eingang wandern und mit einem Schlag ging die Zeit weiter.

«Hiermit präsentieren wir ihnen Königin Alexandra Quietwater und deren Schwester Rina Quietwater von Rubinna!», schrie der Ankündiger.

Ich erstarrte.
Nein, das durfte nicht wahr sein.
In meinem Unglauben drehte ich meinen Kopf zu Kyran, der mich nur verwirrt ansah.

«Andrea Whitetree», fing Erik an und ich verstand die Welt nicht mehr, «oder sollte ich sagen, Reagan Quietwater von Rubinna? Ich hoffe dir gefällt mein kleines Geschenk», ich konnte Kyrans Grossvater nur fassungslos anstarren, wie er sich auf meine Mutter zubewegte.

«Eure Majestät, Königin Alexandra, wäre dieser Zufall nicht, hätte ich wohlmöglich nicht mehr so schnell das Vergnügen mit Ihnen gehabt», er verneigte sich vor meiner Mutter und sie sich vor ihm.

«So schnell wollte ich eigentlich auch keinen Fuss mehr in dieses Land setzen», meinte sie in einem höflichen Ton, ich sass inzwischen auf dem Boden, meine Beine hatten unter mir nachgegeben.

«Doch als Sie meinten, Sie hätten meine verlorene Tochter gefunden, war ich überaus überrascht. Weshalb haben Sie sie nicht als Geisel benutzt?», fragte sie und ich starrte die beiden an.

«Ach, wo liegt der Spass, wenn der Feind unwissend ins Territorium spaziert und ich meine Geisel nicht selbst aktiv entführen kann?», fragte er und meine Mutter machte eine verstehende Geste.

«Dann danke ich Ihnen von Herzen, so weit wie das bei verfeindeten nun einmal geht, und trete nun meine Rückreise an», sie verneigte sich noch einmal vor Erik und kam dann zu mir.

«Komm mein Kind», ich war wie weggetreten, mein Körper wollte sich nicht bewegen, «Oh je, die Arme, sie muss unter Schock stehen.»

Sie sah sich kurzerhand um und fixierte ihren Blick dann auf den schwarzhaarigen Spion und Agenten Rubinnas, «Azrael!», sofort stand mein Leibwächter neben mir und hob mich ohne Probleme hoch, sodass er mich in seinen Armen tragen konnte.

Kyran schenkte er noch einen entschuldigenden Blick, verneigte sich und verabschiedete sich, «Ich wünsche Ihnen noch eine unvergessliche Feier Eure Majestät. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Krönung, Sie werden ein guter König sein», damit drehte er sich auf dem Absatz um und folgte meiner Mutter und Tante, die beide den Saal beinahe schon verlassen hatten.

Mein Kopf kam nicht mehr mit der Situation klar. Leere herrschte in meinem Innern und einer Kälte breitete sich in mir aus, die dem Kerker sicher Konkurrenz machen konnte. Als Azrael mich in das Auto setzte und mich besorgt von der Seite betrachtete, konnte ich nicht reagieren. Auch den ganzen Weg zum Flughafen war ich wie gelähmt.

«Wir sind da Prinzessin, soll ich dich wieder tragen?», fragte der Schwarzhaarige vorsichtig und ich brachte es zustande ihm mit einem Nicken die Antwort auf seine Frage zu geben.

Wortlos und ohne sich zu beklagen hob er mich dementsprechend aus dem Auto und trug mich durch den Flughafen, bis hin zu meinem Sitz im Flugzeug. Meine Mutter war so nett gewesen und hatte uns zwei sitze nur für Azrael und mich gebucht, um uns etwas Raum für unsere Gedanken zu geben, wie sie es genannt hatte.

«Azrael», krächzte ich, sobald ich mich sicher genug fühlte und wir in der Luft waren.

An meiner Stimmlage merkte er sofort, was los war und gleich passieren würde, also schnallte er sich ab und drehte sich zu mir.
Gelassen liess er mich meinen Kopf in seinem Pullover, den er übergezogen hatte, vergraben und umarmte mich fest. Tränen rannen mir übers Gesicht und ein Schluchzen schüttelte meinen Körper durch. Bald fand ich mich auf Azraels Schoss wieder, mein Gesicht in seiner Schulter vergraben, ihn wie eine Ertrinkende umklammernd.
In den Märchen heisst es immer, dass der Prinz der Prinzessin nachrennt, aber dem ist nicht so. Kyran ist mir nicht nachgerannt, er hätte es ohne Probleme gekonnt. Er ist schliesslich der neue König und niemand würde sein Verhalten in Frage stellen. Aber er hat mich gehen lassen, hat zugesehen, wie ich weggetragen wurde und nichts getan.
Tiefe Trauer erfüllte mich und dort wo die Leere zuvor gelegen hatte, sammelten sich Trauer, Schmerz und Schwere.
Ich war nun auf dem Heimweg in ein Land, dass mein Erasthai als sein Feindesland bezeichnete.
Rubinna. Das Land in dem ich geboren war und aus dem meine Tante mich hatte verbannen wollen.
Das einzige auf das ich mich freuen konnte war, die Tatsache, dass ich meinen Cousin Felix wiedersehen würde. Nach 12 Jahren würde ich ihn endlich wiedersehen. Mit 6 von meiner Tante entführt und mit 18 wieder zurück, um höchstwahrscheinlich den Thron zu besteigen, schliesslich wollte Felix das noch nie machen.

Ich spürte noch, wie ich sachte rüber zu meinem Sitz geschoben wurde, auch der Pullover von Azrael wurde mir übergezogen, durch die Müdigkeit, die mich erfasste, liess ich alles geschehen, «Schlaf noch etwas Prinzessin, denn sobald wir in Rubinna sind, wird es anstrengend.»

Reagan -Little Ruler-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt