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«Ich hab den Schlüssel!», öffnete Kyran die Autotür und liess sich neben mir nieder, in den Fahrersitz.

Mein Seelengefährte startete den Motor und wir fuhren los, «Verrätst du mir jetzt, wo wir hinfahren?», fragte ich den Braunhaarigen erneut, als wir aus dem Haupttor hinausfuhren.

Er schüttelte den Kopf, sein Blick blieb konzentriert auf der Strasse, «Warum nicht?», drängte ich weiter.

«Es ist eine Überraschung, ok? Und jetzt sei still, ich kann mich sonst nicht konzentrieren», meinte er leicht streng, «Was ich ja eigentlich sowieso nicht so gut kann, wenn du so aufgebrezelt neben mir sitzt», fügte er in einem kaum hörbaren Ton hinzu.

Beinahe hätte ich erfreut und gleichzeitig überrascht nach Luft geschnappt, stattdessen sah ich jedoch, innerlich vor Freude schreiend, aus dem Fenster. Bäume zogen an uns vorbei, ich achtete nicht mehr darauf, wo Kyran uns hinfuhr und ehe ich es wusste, hatten er das Auto auf einem Parkplatz zum Stehen gebracht.
Aus meiner Trance gerissen sah ich mich um, wir waren an einem See und ein kleines, gemütliches Café stand am Ufer.

Kyran öffnete die Beifahrertür für mich, «Ihr Frühstück wird sogleich serviert, Prinzessin», er machte eine ausladende Handgeste.

Lachend legte ich meine Hand in seine ausgestreckte und stieg aus, «Herzlichen Dank mein Prinz!»

Der braunhaarige Lykaner führte mich zu dem Café und wir traten ein. Als erstes schlug mir eine warme Welle aus Luft entgegen, wenig später hüllte mich der Geruch von süssem, frisch aus dem Ofen geholten Gebäck und so fand ich mich bald an der Theke wieder und bestellte allerhand an Törtchen und Brötchen, eine heisse Tasse Grüntee war auch dabei.
Mein Mate hinter mir bestellte sich lediglich ein Croissant und einen schwarzen Kaffee.
Wer auch immer Kaffee mag, bittesehr. Aber ich nicht.
Mit leicht verzogener Miene musterte ich die imaginäre Tasse Kaffee, die erst noch zubereitet werden musste, auf dem Tresen.

Gemeinsam suchten wir uns einen Ecktisch aus, der direkt am Fenster war und bei einer Seite eine weiche Polsterbank hatte. Flink besetzte ich die Bank und Kyran hängte mit einem kleinen Schmunzeln seine Jacke über den gegenüberstehenden Stuhl am Tisch.
Auch ich zog meine Jacke aus und legte sie auf die Bank, bevor wir zusammen wieder zurück zur Theke gingen und unsere Bestellung abholten, um sie zu unserem Tischchen zu tragen.

«Hau rein Andrea, lass es dir schmecken», forderte mich Kyran auf und biss demonstrativ in sein Croissant.

So hungrig wie ich war, liess ich es mir nicht zweimal sagen und so assen wir gemeinsam unser Frühstück. Eine gute Stunde später waren wir auch schon fertig und redeten entspannt über alles mögliche, während wir unser jeweiliges Getränk tranken.

«Hobbies?», fragte ich und er machte einen überlegenden Gesichtsausdruck.

«Hm. Das wäre dann wohl das Reiten», meinte er und ich nickte anerkennend, ich selbst war in meiner frühen Kindheit viele Pferde geritten, doch seit meine Tante mich bei dem Waisenheim abgesetzt hatte, war ich nicht mehr auf ein Pferd gestiegen. Ganz einfach, weil ich keine Zeit dazu gefunden hatte.

«Und du?», stellte er meine Frage zurück und ich zeigte überrascht auf mich selbst, «Ich?», ich dachte kurz nach, «Naja, Nahkampf, wenn das als Hobby zählt. Ich hab's ja auch schon gemacht, als ich noch in dem Rudel meiner Väter war.»

«Vermisst du sie?», er brauchte mir nicht zu sagen, von wem er sprach.

«Ja. Aber ich komme schon klar, schliesslich kann ich sie ja immer noch anrufen», ich zuckte mit den Schultern und hielt geradezu demonstrativ mein Telefon in die Höhe.
Dass meine Väter für mich auch per Mind-Link zu erreichen waren, konnte ich ihn schliesslich schlecht sagen.

«Bist du unglücklich?», fragte er leise und dann noch leiser, «Hier?»

Dann ganz leise, so leise, dass ich es fast nicht gehört hätte, fragte er noch, «Bei mir?»

«Nein», ich schwenkte meinen Kopf, «Ich bin glücklich hier», meinte ich und fügte noch ganz leise an, «Bei dir.»

Ich wusste, dass er es gehört hatte, auch wenn ich es so leise gesagt hatte, dass selbst er es fast nicht hören konnte. Denn ein sanftes Lächeln stahl sich auf seine Lippen.

Er stand von seinem Platz auf und nahm meine Hand, «Na wenn du glücklich bist, dann wirst du dich sicher noch mehr freuen!», damit vergewisserte er sich erst, dass ich meine Tasse abgestellt hatte und rannte dann mit mir an der Hand aus dem Café.

«Einsteigen!», öffnete er mir die Tür, ich setzte mich flink hinein und er rannte beinahe zur Fahrerseite und stieg ein.

Voll Freude hetzte er durch die Strassen. Kein rotes Licht konnte und stoppen. Kyran erwischte eine grüne Ampel nach der anderen und ich konnte gar nicht schnell genug gucken, da trat er auch schon mit voller Wucht auf die Bremsen und parkte vor einer Schneiderei.
Zum Glück ist dieses Auto für übermütig fahrende Lykaner ausgestattet, sonst wären wir jetzt tot.
Etwas vorsichtig stieg ich aus, vor Aufregung zitterten meine Beine, und lief auf Kyran zu, der schon am Eingang stand.

«Bist du gestresst, oder freust du dich einfach so?», mein Atem stand in kleinen Wölkchen in der Luft. Es war eiskalt und leicht fröstelnd schlang ich meine Arme um meinen Oberkörper.

«Ich freue mich! Und ich hoffe wirklich wirklich wirklich, dass dir meine Überraschung gefällt», damit öffnete er mir die Eingangstür und ich trat mit einem kribbelnden Gefühl im Magen ein.

«Guten Tag», grüsste ich höflich und mit einem fröhlichen Unterton.

«Hallo!», kam es überschwänglich freundlich zurück, «Einen Moment bitte, ich bin gleich bei Ihnen! Bitte setzen Sie sich doch in der Zwischenzeit in den Wartebereich!», meine Füsse trugen mich wie von selbst zu dem gemütlichen Wartebereich.

«Hallo Misses Happythread!», rief mein Seelengefährte in den hinteren Teil der Schneiderei, von dem die Stimme herkam.

«Kyran!», rief die, wahrscheinlich ältere, Frau erfreut, «Ich habe dich hier lange nicht mehr gesehen. Wie geht es dir?», sie kam zu uns nach vorne, ihre Schuhe klackerten über den Boden und sie kam schliesslich vor mir zum Stehen.

«Mir geht es gut, danke. Und wie geht es dir?»

«Gut, gut. Wie es einem im Alter nun mal so geht», inzwischen stand sie vor mir, gerade Haltung und etwas grösser als ich, nur ihre grauen Haare und einzelne Fältchen verrieten, dass sie nicht mehr die Jüngste war.

«Aber heute geht es nicht um mich, sondern um dich, Schätzchen», sie reichte mir ihre Hand entgegen, «Georgia Happythread, nett dich kennenzulernen. Und ja, ich bin mit meiner Berufung meinem Nachnamen gefolgt.»

Lächelnd schüttelte ich ihre Hand, «Andrea Whitetree.»

Reagan -Little Ruler-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt