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«Kyran», meine Stimme hatte etwas dunkles an sich, dennoch einen fragenden Unterton und auch einen Hauch der wohligen Wiedererkennung.

Seine bernsteinfarbenen Augen waren auf meine gerichtet, hielten sich fest, hielten mich fest. Der Ausdruck in seinen Augen brachte mich fast zum zittern, es waren so unendlich viele Gefühle in ihnen zu lesen. Am grössten von allen Erleichterung. Keiner von uns sagte auch nur ein Wort, genauso wenig rührten wir uns von der Stelle. So standen wir in dem ansonsten leeren Thronsaal, gute 10 Meter voneinander entfernt und sahen einander an, als hätten wir den jeweils anderen sein Jahren, vielleicht sogar Jahrhunderten nicht mehr gesehen.

«Meine Königin», seine Stimme war sanft, als er sich langsam auf einem Knie niederliess, während er meinen Blick weiterhin festhielt.

«Ich komme um Euch zu erobern», es war nicht mehr als ein Flüstern, dennoch wusste er, dass ich ihn hören würde und gehört hatte.

«Wollt Ihr an meine Seite sein und mit mir zusammen diese beiden verfeindeten Königreiche regieren?», fragte er mit einem sanften Lächeln auf den Lippen und meine Augen wurden gross.

«Ich möchte Euch erobern, meine Königin, Euch allein. Euren Verstand, Eure Gedanken, Euer Volk und Euer Herz, meine Liebste.»

Ich war den Tränen nahe.
Er wollte mich nicht umbringen.
Er würde mich nicht umbringen.

«Ich bin für Euch hergekommen, wegen meiner Liebe und Zuneigung zu Euch», fuhr er fort, während ich nur wie versteinert vor ihm stehen konnte.

«Ich möchte an Eurer Seite bleiben, meine Königin, wenn Ihr mich annehmt», er breitete seine Arme aus, lächelte mich warm an und da es mir die Sprache verschlagen hatte, konnte ich darauf nur ungläubig nicken.

Immer noch war er auf einem Knie vor mir, hob seine eine Hand, lud mich ein, meine eigene in die seine zu legen, «Heirate mich, Reagan. Sei meine Frau, meine Erasthai, meine Königin, meine Braut, mein Gegenstück. Heirate mich», überglücklich legte ich meine Hand in seine und war überrascht, als er mir den Ring, der mit der geglaubten Kriegserklärung kam, entwendete.

«Willst du mich Heiraten? Mit mir bis ans Ende, an meiner Seite leben? Gemeinsam mit mir unsere Königreiche regieren?», fragte er, mein Herz schlug Purzelbäume.

«Würdest du mich denn heiraten? Wenn ich doch als Verräterin in deinem Land gelte?», stellte ich eine Gegenfrage, worauf mein Erasthai nur amüsiert den Kopf schütteln konnte.

«Ich frage doch dich hier grade! Natürlich würde ich dich heiraten!», er sah mich liebevoll an, «Heirate mich Reagan.»

Ich atmete zittrig ein und nickte, «Ich heirate dich. Ich bleibe bei dir, bis zum Ende an deiner Seite, will deine Erasthai und dein Gegenstück sein. Dein Fels in der Brandung, deine Ruhe im Sturm», inzwischen glitzerten beide unsere Augen.

Sanft lächelnd, zog er meine Hand etwas näher zu sich und hielt den Silberring mit dem wunderschönen Rubin daran hoch, bevor er ihn mir ansteckte.
Ein Verlobungsring. Es war die ganze Zeit ein Verlobungsring. Und ich dachte es sei eine Kriegserklärung.
Wie doof kann man bitte sein?
Beinahe treudoof sah er zu mir hinauf, bevor er dann aufstand und mich sachte an der Hand mit sich zog. Zur Tür hinaus, durch den kurzen Gang und zur grossen Flügeltür, hinter der sich der Empfangssaal befand.

«Augen zu», sein Flüstern war nicht mehr als ein Hauchen, ich folgte seiner Aufforderung.

Langsam, mit behutsamen Schritten, führte er mich in den Saal wohl wissend, dass ich langsamer und vorsichtiger laufen würde als er, zumal er sehen konnte und ich nicht.

POV Kyran

Unsicher ging sie einen Schritt nach dem anderen, nicht weil sie Angst hatte, sondern weil sie mich und auch sonst nichts sehen konnte. Ich wusste, dass sie es bald riechen müsste. Die hunderten von Rosen, die im ganzen Saal wie ein grosser, roter Teppich ausgebreitet waren. Kurz bevor sie in das erste Schaumgesteck mit den blutroten Blumen reingelaufen wäre, hielt ich sie mit meinem Arm zurück.

Mein Herz wurde warm, als ich zu ihr sah, wie sie immer noch ihre blauen Augen geschlossen hielt und auf meine weitere Aufforderungen wartete, «Du darfst die Augen öffnen», meinte ich sanft und beobachtete ihre Reaktion.

Erst verstand sie nicht, was sie vor sich hatte, doch der Moment in dem die Information bei ihr ankam, war deutlich in ihren Augen abzulesen.
Vor Überraschung weiteten sie sich und ein freudiges Glitzern war zu erkennen. Es sah so aus, als würde sie sich jeden Augenblick in das Rosenmeer werfen und in den Blüten schwimmen wollen. Allein die möglichen Dornen hielten sie noch davon ab.
Überglücklich sah sie zu mir, lächelte mich breit an, ein Strahlen lag in ihrem Blick und ich beschloss dort und dann, dass ich diese Freude mit allem was ich hatte beschützen würde.
Aber da ist ja dann noch die Sache mit Erik.
Den Gedanken beiseteschiebend legte ich meine Hand sanft auf Reagans unteren Rücken. Sie musste meine plötzliche Anspannung wohl gespürt haben, denn ihr aufmunternder und beruhigender Blick lag auf einmal auf mir.

Sachte nahm sie meine Hand von ihrem Rücken und drückte sie zuversichtlich, verflocht die ihre mit der meinen, «Das wird schon, wir schaffen das», ich lächelte bei ihren Worten, ein Glücksgefühl durchströmte mich.
Wir schaffen das.

«Na dann wollen wir, meine Liebste?», fragte ich nach einer Weile und hob unsere beiden Hände, sie nickte anmutig.

Gemeinsam schritten wir den kleinen Durchgang entlang, den wir mit den Rosen bildet hatten, an Haupteingang zum Schloss standen Azrael und Felix wie zwei Bodyguards. Nun, Azrael war einer, bei Felix war ich mir da nicht so sicher.
Als wir durchs Tor schritten und schliesslich vor den Hubschraubern standen, hatten sich alle Soldaten schon verteilt und auch Felix und Azrael hatten bereits den Hubschrauber, den wir ebenfalls gleich betreten würden, bestiegen.

«Bereit?», fragte ich und hielt ihr wieder meine Hand hin, die sie freudestrahlend ergriff.

«Bereit», damit begaben wir uns Hand in Hand in den Hubschrauber und verliessen mithilfe dessen Rubinna.
Wir waren nicht lange hier gewesen, doch gedachten wir zurückzukommen.

'Ist Erik immer noch in seiner Zelle?', fragte ich einen Wächter vor Ort über den Mind-Link.

'Ja, Sir!', kam die Antwort sofort, 'Gut, behaltet ihn im Auge', befahl ich, meinen Grossvater nannte ich Erik seit Reagans Enthüllung und meiner Krönung nicht mehr, denn was er begangen hatte, war in meinen Augen Hofverrat.
Ich werde mich um den Verräter kümmern, sobald wir zurück in Saphirna sind, und wer weiss? Vielleicht hat meine wundervolle Verlobte einige kreative Ideen zu seiner Behandlung.

Reagan -Little Ruler-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt