56

2.2K 121 5
                                    

POV Reagan

Ich liess mich fallen, die Wächter übernahmen ihren Teil der Arbeit, während ich mich von Kyrans Traurigkeit einhüllen lies.
Es ist ja schon süss, dass er nicht mit mir streiten wollte und nun traurig ist, dass er mich anschreien musste.
Um meinem Auftritt etwas Geschmack zu geben, fing ich an mich zu wehren und um mich zu schlagen.

«Lasst mich los, ihr Gauner!», schrie ich voller Wut, während die Wächter mich nun mit all ihrer Kraft halten mussten.

Glücklicherweise waren sie alle zusammen stärker als ich und so trugen sie mich die Treppe zu den Kerkern hinab, schmissen mich relativ unsanft in eine Zelle und knallten die eiserne Gittertür zu. Anschliessend hängten sie ein Schloss an den Eingang und schlossen dies natürlich auch. Danach verliessen alle die Kerkergewölbe und nur noch Erik, die zwei postierten Wächter und ich blieben im spärlich beleuchten Mauerwerk.

«Er hat dich also endlich verstossen», lachte Erik leise neben mir auf.

«Wie ironisch, dass es gerade von dir kommt», meinte ich bissig zurück.

«Ach, du weisst ja gar nicht, wie einfach du mir meinen Job gemacht hast. Er wird mir jedes Wort glauben, egal was ich ihm erzähle, und dich wird er vergessen wollen», mir traten Tränen in die Augen, denn obwohl alles nur gespielt war, so taten seine Worte dennoch höllisch weh.

«Wie soll Kyran denn regieren, ohne seine Worte zu Erasthai an seiner Seite?», fragte ich und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht, «Das ist ganz einfach, meine liebe Reagan, gar nicht.»

Ich schluckte, «Was?», Erik lachte bei meinem entgeisterten Gesicht, «Ich werde regieren, so wie es hätte sein sollen, wäre Calynn nicht auf den Thron gekommen. Ich hätte regieren sollen, ich!», wurde er lauter.

«Calynn?», fragte ich, nicht wissend, wen er meinte, «Und trotzdem! Nur weil du nicht auf den Thron gekommen bist, willst du jetzt Kyran manipulieren und durch ihn regieren? Das ist doch krank!», schrie ich ihn an.

«Krank? Vielleicht ist es das, aber vergiss nicht, dass auch du auf meiner Ebene stehst, schliesslich hast du deinen Erasthai betrogen, so wie ich ihn betrogen habe», er lachte beherzt auf und krümmte sich vor Belustigung.

«Ach ja? Ich bin auf deinem Niveau? Ich habe ihn nur ausspioniert, seine Kampftechniken gelernt und meine wahre Identität geheim gehalten. Du aber hast ihm seine wichtigste Person weggenommen, du hast ihm den Teppich unter den Füssen weggezogen und zwar in einem alles andere als romantischen Kontext.»

Seinem Grinsen zufolge amüsierte er sich prächtig, «Da haben wir es, du hast also aktiv nach einer Schwachstelle gesucht! Ich habe dich nur aus dem Weg geschafft, weil ich einerseits wusste, dass du unser Feind bist und jederzeit von innen alles zerstören könntest. Andererseits aber auch, damit Kyran am Boden zerstört ist und ich ihn bestens steuern kann. Also im Grunde genommen genau das Gleiche, was du versucht hast, nur mit einer anderen Methode. Einer Methode, die eine reichlich höhere Erfolgsserie hatte als deine», er lehte sich lässig an die steinerne Kerkerwand und liess seinen Kopf nach hinten fallen.

Siegessicher sah er in meine Richtung, «Du bist genauso geliefert, wie ich. Nur habe ich noch Ausreden und du nicht.»

POV Kyran

Ich wusste nicht, was sich unter mir abspielte und es brachte mich beinahe um. Zwar hatte ich zugesehen, dass überall Aufnahmegeräte waren, die Tonaufnahmegeräte an jeder Wache, bei den Fackeln und auch an Reagans Kleidung. Kameras in jeder Ecke waren sowieso schon da, jedoch ohne Ton und damit würden wir daher nichts beweisen können.
Hoffentlich geht es ihr einigermassen gut.

«Eure Majestät?», fragte Azrael vorsichtig, er war bei mir geblieben und meinte, er würde als Nachrichtenüberbringer dienen. Reagan konnte durch die gefälschten Fesseln weiterhin per Mind-Link kommunizieren, was Erik durch seine, durchaus echten, Fesseln nicht konnte.

«Würde es Ihnen helfen, wenn ich Ihnen das Dokument vorlesen würde? Es scheint mir, dass Sie den darauf stehenden Text nicht aufnehmen können, wenn Sie mir erlauben so dreist zu sein.»

Ich seufzte und schüttelte den Kopf, bevor ich aufstand, mich in einen bequemeren Sessel fallen liess und meinen Kopf hängen liess. Es machte mich wahnsinnig, dass Reagan unten bei Erik war und ich hier oben bleiben musste, damit sie ein anständiges Gespräch mit ihm führen konnte.

«Ich wünschte, ich könnte sie jetzt schon da raus holen», murmelte ich und Azrael klopfte mir tröstend auf den Rücken.

«Ich auch Mann, ich auch. Aber wir müssen ihr Zeit geben, nur so können wir ihn hinrichten, oder zumindest lebenslang einsperren», wir beide seufzten.

Müde fuhr ich mir mit der Hand übers Gesicht, «Hast du deine Erasthai eigentlich schon gefunden?», fragte ich, um auf andere Gedanken zu kommen.

Der Schwarzhaarige schwenkte den Kopf, «Bisher noch nicht. Aber dazu muss man auch sagen, dass ich noch nicht aktiv gesucht habe», er grinste mich schief an, «Ganz so viel Glück wie du, werde ich wohl kaum haben.»

«Du wirst dein Erasthai schon noch finden, darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen», aufmunternd klopfte ich ihm nun auf die Schulter.

❥︎ ❥ ❥︎

Stunden waren vergangen und ich lag hellwach in meinem Bett, dass sich nur noch einsamer und kälter anfühlte, als zuvor. Schliesslich hätte Reagan bis vor kurzem nicht bei mir schlafen können, doch nun hatten wir schon einmal ein Bett geteilt und ich wusste, dass sie im Schloss war.
All meine Gedanken machen es unerträglich in diesem Bett.
Ich seufzte. Der Mond schien zaghaft durchs Fenster und beleuchtete das Zimmer zwar so gut wie gar nicht, schliesslich war er keine Lampe oder so, aber er verbreitete eine tröstende Stimmung. Es fühlte sich wie eine Bestätigung an, dass ich nicht allein war und dass Reagan auf meiner Seite war, egal was auf uns zukommen würde, wir würden es bewältigen können.
Ich frage mich, ob ihr klar ist, dass wir – sobald sich alles geklärt hat – eine Hochzeit planen. Georgia wird sich auch freuen, wieder alles mögliche auspacken zu dürfen und meiner Erasthai beim aussuchen eines Hochzeitskleides zu helfen. Wir sollten sie einladen.
Zufrieden lächelte ich, es würde alles gut werden und schön noch dazu. Ich durfte den Thron besteigen, meine Erasthai war glücklich an meiner Seite und der Verräter meiner Familie würde bald für den Rest seiner Tage hinter Gittern sitzen.

Reagan -Little Ruler-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt