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POV: Ray (Rachel)

Die Zeit verging nur schleppend. Sekunden fühlten sich wie Minuten und diese wie Stunden an. Ein paar Mal kamen Pfleger herein. Sie redeten mit mir oder versuchten es zumindest, aber ich ignorierte sie. Ich hatte keine Motivation, irgendetwas zu tun, saß den ganzen Tag nur rum und starrte die Wand an. Meine Gedanken machten mich fertig. Zumindest war ich morgen wieder auf Station 3, aber machte das eigentlich irgendeinen Unterschied? Mir ging es scheiße, egal wo ich war. Wenigstens würde ich Abby und Snow wiedersehen. Wollte ich das? Ich konnte ihre Fragen förmlich hören, ihre Blicke förmlich spüren. Mein dummer Ausraster hatte es nur noch komplizierter gemacht. Unbrauchbares Miststück! Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung war ,,Soooo ich würde sagen, es ist Zeit für die Besprechung.'' Mein breit grinsender Psychologe stand in der Tür. Konnte dieser Mann mal einen Moment aufhören, gute Laune zu schieben? Gleichgültig wartete ich darauf, was jetzt kommen würde.

,,Wir haben jetzt eine vermutete Diagnose." Seine Stimme wurde ernst, aber das Lächeln wich keines Falls. Warum brauchten Ärzte immer eine Scheiß Diagnose? ,,Ich kann dir deine genaue Diagnose leider immer noch nicht sagen, dafür kennen wir dich und deine Psyche zu wenig." Er nahm sein Klemmbrett in die Hand und fing an, mit dem Stift darauf herum zu tippen. Eine unangenehme Stille herrschte in der nur das tippen seines Stiftes auf dem Papier zu hören war. Wie das ticken einer Zeitbombe bevor sie hochging. Diese Bombe war ich. Ich hatte das Gefühl das ich jeden Moment explodieren würde, wenn er dieses scheiß getippe nicht lassen würde, es ging mir unglaublich auf die Nerven. Am liebsten hätte ich ihm in diesem Moment den Stift aus der Hand geschlagen, aber ich beherrschte mich. Nach einer gefühlten Ewigkeit in der ich ihn anstarrte und darauf wartete das er endlich aufhörte, fing er wieder an zu sprechen. ,,Deine vermutete Diagnose lautet: suizidgefährdet, Depressionen, Verdacht auf Borderline und Verdacht auf Essstörung." verkündet er mit ernster Stimme. Toll. Ich hatte so viele Probleme... Nein! ich hatte keine Probleme. Ich war das Problem!

,,Wir werden ein paar Maßnahmen unternehmen, wenn du wieder auf Station 3 bist, ich werde dich weiter im Auge behalten und wir werden noch ein paar Tests machen", redete er weiter. Ich schwieg. ,,Wir werden uns ein paar Tage dein essverhalten anschauen und dann entscheiden wie wir vorgehen." Es klang eher wie eine Drohung. ,,Wie gesagt, wir müssen dich erst beobachten, bevor wir etwas unternehmen können, deswegen bleibt die ersten Tage erstmal alles beim Alten.'' Er lächelte mich erwartungsvoll an. Erwartete er jetzt ernsthaft, dass ich mich freute? Ich schwieg weiterhin. Er musterte mich und merkte anscheinend, dass es keinen Sinn machte ein Gespräch mit mir führen zu wollen, denn er stand auf, um den Raum zu verlassen. An der Tür drehte er sich noch einmal um. ,,Ich will dir wirklich helfen, Rachel, aber du musst schon etwas offener sein und auf uns zugehen, sonst wird das nichts. Des Weiteren wünsche ich dir noch viel Glück auf Station 3" Dann verließ er endlich den Raum. Ich lehnte mich seufzend zurück. Das konnte ja lustig werden. Ich wollte gerade meine Augen schließen, als ich schon wieder gestört wurde. Dieses mal durch ein klopfen.

POV: Snow (Lilith)

Ich schaute aus den Augenwinkeln zu Abby. Sie war auffällig still, seit wir hier waren. Beruhigend legte ich ihr eine Hand auf die Schulter. ,,Hey, es ist ok. Du bist nicht mehr hier." Abby lächelte mich dankbar an, aber hinter ihrem Lächeln konnte ich den Schatten sehen, der sich durch ihre Seele zog. Wir gingen weiter den langen Gang entlang, bis wir vor einer Tür mit der Aufschrift ,,Station 4 geschlossen'' stand, Lisa öffnete diese und wir betraten einen weiteren Gang. Ich schaute mich interessiert um, ich war noch nie hier gewesen. Alles wirkte grau und trostlos. Die geschlossene Halt. Ich war froh, dass ich nie hierher musste. Abbys Zeit hier musste sie sehr geprägt haben, aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie ein Zittern ihren Körper durchfuhr. In diesem Moment öffnete sich eine Tür mit milchig weißem Glas zu unserer Rechten. Wir betraten den Raum dahinter. Auf dem Bett saß ein orange haariges Mädchen.

POV: Ray (Rachel)

Überrascht schaute ich auf. Abby und Snow standen in der Tür, Abby lächelte mich an. War das ein ehrliches Lächeln? Ich wusste es nicht. ,,Wir dachten uns du würdest dich freuen, wenn wir dich abholen. " Abby setzte sich neben mich auf das Bett und sah sich um. Etwas Trauriges lag in ihrem Blick. Ich stand auf, sammelte meine wenigen Klamotten ein und folgte den anderen durch die Tür. Ich war froh, dass ich wieder auf Station 3 durfte, Abby hatte recht gehabt, Station 4 war tausendmal schrecklicher.

Wir liefen Schweigend den langen Flur entlang. Vor meiner Zimmertür blieben wir stehen. ,,Ich denke ihr kommt ganz gut allein klar. Denkt bitte daran, dass es gleich Abendessen gibt." Lisa bedachte mich mit einem bedeutenden Blick, ehe sie davon ging. Als sie weg war standen wir nur unschlüssig herum. Als Abby schließlich anfing zu sprechen zuckte ich zusammen. ,,Du hast ja noch nicht einmal deinen Koffer ausgepackt" sie deutete auf meinen Koffer der immer noch Unaus gepackt vor dem Schrank lag. Ich nickte nur. War mir doch egal ob der ausgepackt oder Unaus gepackt war. Ich wusste nicht einmal was drin war, weil meine Mutter ihn gepackt hatte. Abby musterte mich und ohne ein weiteres Wort fing sie an meinen Koffer auszuräumen. Ich schaute desinteressiert an die Decke. Wir schwiegen bis Abby mit einem ,,-Und das war's" den Schrank schloss und sich neben mich auf das Bett fallen ließ. Ich starrte weiterhin an die Decke. Das Abby so nah war machte mir nichts aus, im Gegenteil irgendwie war es ein gutes Gefühl zu wissen das man nicht allein war. ,,Komm es gibt Essen wir kriegen sonst Ärger" Mit einem seufzen erhob ich mich, zog mir meine Kapuze noch etwas tiefer ins Gesicht und wir gingen gemeinsam zum Essensraum.

Unschlüssig stand ich vor der Theke, ich hatte wie immer keinen Hunger, also nahm ich nur ein Brot und eine Scheibe Käse. Dann setze ich mich an unseren Tisch. Abby und Snow unterhielten sich aber ich bemerkte wie Abby zwischendurch immer mal wieder zu mir rüber schielte. Plötzlich zog sie meinen Teller zu sich herüber und fing an mein Brot mit Butter zu beschmieren. ,,Was soll das denn werden?" Fragte ich etwas verwundert. ,,Wenn ich das nicht mache, sitzt du nur wieder davor und starrst Löcher hinein.'' Grinsend reichte sie mir meinen Teller zurück. ,,und jetzt iss endlich mal was! Wenn du so weiter machst zwingen die dich und das ist nicht lustig das kannst du mir glauben!" ,,Ich brauche niemanden, der mir sagt, was ich zu tun habe! Das is doch immer noch mein beschissenes Leben!" wütend stand ich auf und rannte in mein Zimmer.

Ihr könnt mich doch alle mal!

SuizidWhere stories live. Discover now