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POV: Ray (Rachel)

Abby strich mir liebevoll über meinen Kopf und ich öffnete meine Augen. ,,Es gibt gleich Mittagessen", sagte sie und hielt mir ihre Hand hin. ,,Ich will nichts essen", sagte ich fast automatisch. ,,Du musst. Wenn du nochmal nichts isst, zwingen die dich. Und glaub mir das ist sehr unschön", konterte Abby und griff nach meiner Hand. Seufzend ließ ich mich von ihr hochziehen. Ich vermisste jetzt schon die Wärme ihres Körpers.

,,Heute gibt es sogar Fischstäbchen", versuchte sie mich zu überzeugen. Toll. Als ob mich das interessieren würde. Wir betraten den Speiseraum und Abby schob mich sanft aber bestimmt zum Esstisch. Ich setzte mich und sah zu, wie Abby zu Snow ging, die schon an der Schlange vor der Essensausgabe stand. Sie begrüßten sich, dann kamen beide mit drei Tellern zu mir und stellten einen davon vor mir ab.

Ich musste zugeben, dass es wirklich ziemlich lecker aussah. Ich griff nach dem Besteck und merkte, dass mich Abby und Snow anstarrten. Abby nickte aufmunternd und auch Snow lächelte. Ich führte die Gabel zum Mund. Du verdienst das nicht!

Wirst du die Kontrolle erneut verlieren?
Du bist fett!
Willst du wieder zunehmen?
Du bist so armselig! Nicht einmal das kannst du kontrollieren!

Diese scheiß Gedanken machten mich so fertig! Aber sie hatten doch recht, oder? Würde ich die Kontrolle verlieren? Ich würde ich zulassen, dass ich meinen hässlichen Körper dann noch mehr hassen würde? Würde ich zulassen, dass ich noch mehr zunahm? Ich war fett!

Rabenschwarze Gedanken schrien weiter auf mich ein. Nichts zu fühlen ist doch sehr verlockend wenn, das was man fühlt scheiße ist.

Ich ließ die Gabel seufzend auf den Teller fallen und schob ihn dann von mir weg. Ich konnte nicht, ich konnte das einfach nicht. Eine Träne floss über meine Wange und tropfte auf meinen noch unberührten Teller. Halb wütend auf mich selbst wischte ich mir übers Gesicht. Ich war schwach geworden, seit ich hier war!

Abby stand schwungvoll auf und schlang ihre Arme um mich. Irgendwie war ich ihr dankbar. Auch Snow stand nun auf und umarmte mich. ,,Wir sind da. Wird sind für dich da!" Flüsterte Snow beruhigend. ,,Genau! Wir haben einander! Es ist okay Ray! Es ist okay. Du musst nicht Essen, wenn du nicht kannst" ich wusste das Abby log. Sie war es doch, die mich dazu drängte etwas zu Essen.

Ich lächelte gespielt ,,Alles gut Leute, macht euch nicht immer solche Sorgen.'' An Abbys Blick konnte ich erkennen, dass sie mir dieses Lächeln nicht abnahm. Ich biss mir auf die Unterlippe.

Da wurden wir von einer Pflegerin unterbrochen. ,,Rachel kommst du bitte mit?" Ich wurde augenblicklich nervös. Wohin mitkommen? Was würden Sie da mit mir machen? Meine Hände begannen zu zittern. Die Pflegerin musste dies bemerkt haben, denn sie legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter und sagte: ,,Nichts schlimmes, keine Angst! Nur ein paar Werte überprüfen und dich noch einmal wiegen." Wenn sie dachte, dass mich das beruhigte, hatte sie falsch gedacht. Im Gegenteil, es macht mich irgendwie sogar noch nervöser. Aber ich nickte nur. Eine Wahl hatte ich ja sowieso nicht. ,,Folge mir bitte", die Pflegerin ging schon den Flur hinunter.

Verzweifelt sah ich zu Snow und Abby. ,,Das ist nur Routine und überhaupt nicht schlimm!" versuchte Snow mich zu beruhigen, ich sah sie nur zweifelnd an, seufzte und folgte der Pflegerin.

Wir gingen an mehreren Türen vorbei, bis ans Ende des Ganges, wo sie eine Tür aufschloss. Dahinter waren mehrer Schränke, die vollgestopft waren mit Medikamenten. Außerdem gab es einen kleinen Schreibtisch mit Computer. Die Wände waren mit Tabellen behängt, die Körpergrößen und dazugehöriges Normal-, Unter- oder Übergewicht zeigten. Am hinteren Ende des Raumes stand eine wage und daneben eine Liege.

,,Ich bin übrigens Frau Valin. So, dann zieh dich bitte bis auf die Unterwäsche aus, fürs Wiegen." Sagte sie, drehte sich um und setzte sich an den Computer, um sich irgendwas zu notieren.

Zögernd zog ich mich aus und biss mir dann auf die Unterlippe. Nervös schlang ich meine Arme um meine Hüften. Ich fühlte mich mehr als unwohl, als sie sich wieder umdrehte und auf die Waage deutete. Schnell stellte ich mich darauf.

42, 4kg.

Frau Valin zog eine Augenbraue hoch und notierte sich das Gewicht. ,,Du bist stark Untergewichtig, Rachel. Das habe ich mir schon gedacht", sagte sie mit einem bedeutungsvollen Blick auf meinen Körper. Ich zog mich schnell wieder an und nickte nur. Warum musste mir jeder auf dieser verfickten Station sagen, dass ich untergewichtig war?!?

,,Das werde ich mit deiner Therapeutin besprechen" sagte sie und in meinen Ohren klang es wie eine Drohung. Sie deute auf die Liege, ,,Dann leg dich bitte einmal hin, damit ich dir Blut abnehmen kann." Ich zögerte kurz, dann legte ich mich hin. ,,Sicher das du mir hier nicht umkippst?", fragte sie besorgt. Ich nickte nur und verdrehte meine Augen. Als wenn ich kein Blut sehen kann. ,,Welcher Arm?", sie holte eine Nadel aus einem der Schränke. Ich zuckte nur mit den Schultern. Also schob sie meinen linken Ärmel hoch und besprühte ihn mit Desinfektionsmittel. Ich sah weg, aber die Narben waren mir dennoch ins Auge gestochen. Ich spürte einen kurzen Schmerz, als die Nadel unter die Haut ging. Aber ich schwieg. Das waren keine richtigen Schmerzen.

Leider.

SuizidWhere stories live. Discover now