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Ich zuckte mit den Schultern und schwieg. ,,Es ist ok, wenn du das nicht weißt!" sagte Julien beruhigend und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. ,,Du musst dir nicht 100 Prozent sicher sein. Versuch einfach zu fühlen was dein Herz dir sagt." und ich fühlte. Ignorierte die Stimmen, die mir sagen wollten das das alles ganz falsch war und ich ignorierte das Chaos in meinem Kopf. Ich spürte, wie sich langsam eine Gewissheit in mir breitmachte. Trotz der Zweifel und der Verwirrung, die mich umgaben, konnte ich nicht leugnen, dass mein Herz jedes Mal einen Sprung machte, wenn ich Abby sah oder an sie dachte. Ihre bloße Anwesenheit ließ meinen Puls rasen und ich fühlte eine tiefe Verbindung zu ihr, die ich nicht ignorieren konnte. Bei ihr fühlte ich mich jedes Mal so...verstanden.

In dem Moment des Schweigens zwischen Julien und mir wurde mir klar, dass meine Gefühle für Abby mehr waren als nur Freundschaft. Ich musste mich eingestehen, dass ich verliebt war. All die Unsicherheit und Verwirrung lösten sich langsam auf und machten Platz für ein Gefühl der Klarheit.

Es war seltsam, ich war noch nie verliebt gewesen. Für liebe war kein Platz gewesen und außerdem, wer wollte mich schon lieben? Dieses Gefühl war mir immer fremd geblieben. Doch in Abbys Nähe fühlte ich mich plötzlich lebendig und okay... Ihre Augen strahlten so viel Wärme aus, dass ich mich sofort geborgen fühlte.

Merkst du nicht wie lächerlich das ist? Dich und lieben! Abby hat einen Fehler begangen den sie sicherlich schon bereut! Sie schert sich nicht um dich!

Ich sah Julien unsicher an aber er lächelte mir ermutigend zu. Seine Worte hatten mir geholfen, meine eigenen Gefühle zu verstehen und anzunehmen. Ich verstand das er Abby so viel bedeutete. ,,Hör mir zu, nicht deinem Kopf der dir etwas falsches sagt! R, ich war Jahre lang mit Abby befreundet, mit der kaputten Abby, die immer mehr zerbrochen ist. Sie hat mir oft erzählt was sie fühlt und denkt, außerdem kommen da ja noch meine..." er stockte und als er wieder zu sprechen anfing schien seine Stimme fast noch eine Oktave tiefer zu klingen ,,Geh zu Abby und rede mit ihr. Sag ihr was du fühlst, sag ihr was du denkst und vor allem lüg sie nicht an." Sein Blick sagte mir, dass er verstand, was ich durchmachte und dass er mich unterstützte.

Ich schwieg. Hatte er recht? Doch zuerst musste ich das Chaos in meinem Kopf ordnen und meine Ängste überwinden. Abby hatte mein Herz erobert und ich würde kämpfen, um ihr meines zu zeigen.

,,Danke! Es tat gut mit dir zu reden!" sagte ich und meinte es auch so. Er lächelte und ehe ich mich versah hatte ich meine Arme um ihn geschlungen und ihn an mich gedrückt. Julien lachte leise, mit seiner tiefen angenehmen Stimme dann flüsterte er: ,,Tu mir den gefallen und lebe. Lebe R!"

Ein Schatten legte sich über mein Herz und ich ließ ihn los. ,,I-ich weiß es nicht." Mit diesem Worten betrat ich wieder den Ort, der alles durch einander gebracht hatte.

Was wollte ich? Beziehungsweise; was wollte ich nicht?

Ich wollte versuchen irgendwie etwas aus meinem Leben zu machen. Zumindest gerade. Und gleichzeitig wollte ich mir etwas antun und sterben. Vielleicht waren die Gedanken daran gerade nicht so stark wie zuvor, aber sie waren da. Sie würden immer da sein. Aber sie standen im Konflikt.

Leben oder sterben?

Ich sah auf meine Unterarme, die von meinem Hoodie verdeckt wurden. Wie lange konnte ich all dem noch standhalten? Wie lange würde es dauern bis ich erneut zusammenbrach?

Ich kannte keine Freundschaft oder liebe, aber das, was ich bisher erlebt hatte, brauchte ich. Ich brauchte es, so sehr wie ich die Klinge brauchte. Allerdings würde ich nicht beides haben können. Ich musste mich entscheiden.

Leben oder sterben?

SuizidWhere stories live. Discover now