Kapitel 2: Schmerzliche Wahrheit

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Nicht nur die Schmiede war niedergebrannt. Auch viele andere Häuser in der Umgebung standen in Flammen.
Menschen schrien und weinten. Trauerten um den Verlust ihres Hab und Gutes und wahrscheinlich auch um einige Angehörige, die den Flammen nicht entkommen konnten.

Wie in Trance ritt ich zwischen den Menschen hindurch. Die Schreie kamen gedämpft an mein Ohr, alles schien in Zeitlupe abzulaufen.

Das alles war meine Schuld. Sie waren wegen mir gekommen und weil ich zu spät war, hatten sie alles in Schutt und Asche gelegt.
Die Menschen wussten gar nicht wie ihnen geschah. Sie konnten ja nicht wissen, dass ich Salira war, die Prinzessin, die um jeden Preis gefunden werden musste.

Endlich kam ich bei der Schmiede an. Ich glitt von Adoris Rücken und rannte in hinein. Flammen loderten mir schon am Eingang entgegen. Sie leckten an den Holzbalken, die sich schwarz färbten und bedrohlich knackten.
Ich musste Husten und konnte schon nach wenigen Augenblicken durch einen dichten Tränenschleier nichts mehr erkennen.
"Bey,...Maron", rief ich ins Feuer und Chaos.
Gerade als ich noch tiefer zwischen die umgefallenen Balken klettern wollte, zog mich eine Hand grob zurück. 
Es war mein Arbeitgeber. Trauer und Wut standen in seinem Gesicht geschrieben.
"Cora lass gut sein. Es ist zu spät. Du kannst sie nicht mehr retten". Seine Stimme klang heißer und trocken.
"Es ist meine Schuld. Alles meine Schuld. Ich muss es wieder gut machen. Ich muss wenigstens versuchen sie zu retten", brach es aus mir heraus. Mir war es nun egal, ob jemand mein gut behütetes Geheimnis erfuhr. Sie sollten wissen wer ihnen das alles angetan hatte.

Jonah legte mir seine großen Hände auf die Schultern und zwang mich so dazu vor ihm stehen zu bleiben.
"Was redest du da? Du musst einen Schutzengel gehabt haben, der dich dazu gebracht hat zu verschlafen.
Cora du hättest nichts tun können. Es waren Nevarys Ritter, die das hier zu verantworten haben. Gegen die kann niemand etwas ausrichten."
Ich wusste, dass er irgendwie recht hatte. Sie hätten das Dorf so oder so zerstört. Es machten den Schergen des Prinzen, meines Bruders großen Spaß anderen Schaden zuzufügen.

Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass sie nur wegen mir alleine gekommen waren. Ich hatte zwar nicht die leiseste Ahnung wie sie auf meine Spur gekommen waren, aber das war jetzt auch nicht wichtig.

"Ich hätte es verhindern müssen", murmelte ich und betrachtete mit tränenden Augen das Leid um mich herum.
Jonah blickte verwirrt auf mich herab. "Wie kommst du auf die Idee, dass du es hättest verhindern müssen? Sie sind hier wegen der Prinzessin Salira und nicht wegen eines Schmiedelehrlings."
Starr blickte ich ihm in die dunklen Augen. "Weil ich diese Prinzessin bin". brachte ich schließlich fast flüsternd hervor.
Jonahs Augen weiteten sich. Er ließ seine Hände sinken und trat unsicher einen Schritt zurück. In seinen Augen erkannte ich Erfurcht, Angst und Unglaube.
"Es tut mir ja so leid". Meine Stimme gab nach.
Plötzlich wurde sein Interesse von mir weggelenkt, auf die Ritter, die gerade aus dem Wald geritten kamen.
Menschen sprangen panisch zur Seite, um nicht einfach unter den Pferden begraben zu werden.
Panik brach in mir aus. Würde Jonah mich verraten? Sein Blick wanderte zwischen mir und den Schergen hin und her.
Ich wusste nicht was ich tun sollte. Mit jeder Sekunde kamen die Reiter näher, doch ich war wie festgewachsen, starrte meinen Chef an.
Dieser richtete seinen Blick wieder auf mich.
"Lauf und rette uns alle Salira. Mach diesen Dreckskerl fertig. Du bist unsere einzige Hoffnung."
Ich nickte ihm zu, formte mit meinen Lippen ein "Danke" und sprintete los, zu Adoris, der einige Meter weit entfernt stand.
Eilig schwang ich mich auf seinen Rücken und warf einen Blick zurück. 

Jonah hatte sich einen Schmiedehammer geschnappt und war den Rittern in den Weg getreten. Diese kamen unaufhaltsam näher, doch trotz der drohenden Gefahr blieb er einfach stehen. Als nur noch wenige Meter zwischen ihm und den Reitern lagen nickte er mir über die Schulter hin zu und rannte auf den ersten Mann zu.
Sein Hammer traf den Schergen am Kopf und fegte ihn vom Pferderücken. Diese Tat ließ die anderen Reiter verdutzt anhalten. Sie waren es nicht gewohnt Widerstand zu erfahren. Alle Menschen gingen ihnen aus Angst aus dem Weg.
Jonah stürzte sich schon auf den nächsten, als ich mit ansehen musste, wie einer der Männer eine Armbrust anhob und auf ihn zielte.
"Jonah pass auf", schrie ich gegen den Lärm an, doch es war bereits zu spät. Der Pfeil durchbohrte ihn von hinten, traf ihn direkt ins Herz.
Er fiel auf die Knie. Ein Ritter trat vom Pferd aus ihm an den Kopf, wodurch er einfach zur Seite umkippte und regungslos im Dreck liegen blieb.

Er war für mich gestorben.
Dabei hatte er mich kaum gekannt.
Ich war fassungslos. Ich war nie ehrlich zu ihm gewesen. Hatte mich versteckt und dabei nur an mich und mein eigenes Leben gedacht.
Erst jetzt wurde mir bewusst was für eine Verantwortung ich eigentlich hatte. Die Menschen hofften auf mich. Darauf, dass ich sie vor meinem Bruder rettete.
Sie würden, wie ich gerade schmerzlich erfahren musste sogar für mich sterben.
Ich musste nun endlich zu meiner Herkunft stehen.

"Da, das muss sie sein." Ein Ritter deutete auf mich und alle setzten sich erneut in Bewegung.
Ziel: Ich.
Ohne noch länger zu zögern wendete ich Adoris und trieb ihn an.
Pfeile schossen surrend an mir vorbei. Ich duckte mich tief über den Pferderücken und lenkte meinen Hengst im Zickzack zwischen den Häusern hindurch.
Nach kurzer Zeit war ich aber schon außerhalb des Dorfes auf freiem Feld.
Ich betete, dass Adoris schneller war und die Pfeile ihr Ziel verfehlten.
Doch gerade in der Sekunde, als ich an ein Aufatmen dachte, traf ein Pfeil Adoris an der Flanke. Er stürzte, überschlug sich, krachte hart zu Boden.
Ich wurde in die Luft geschleudert.
Die Erde kam immer näher. Ich streckte meine Arme aus um den Sturz abzumildern. Mein linkes Handgelenk knickte zur Seite weg, als meine Hand auf den Boden traf. Es war eindeutig gebrochen.
Stöhnend rollte ich mich zur Seite und wollte mich wieder aufrappeln.
Doch einer der Ritter stand bereits über mir.
Grob stellte er einen seiner Stiefel auf meine Brust und nahm mir so die Luft zum atmen.
"Endlich haben wir dich... Salira. Dein Bruder wird äußert zufrieden sein."
Langsam nahm er seinen Helm ab und sah mich grinsend an.
Als ich erkannte, wen ich vor mir hatte, wurde mir schlecht.
"Dako", brachte ich hustend hervor.

"Schlaf schön meine Liebe", lachte er, bevor er mir seinen Absatz an den Kopf rammte und alles schwarz wurde. 

Time to ReignWhere stories live. Discover now