Kapitel 27: Eine Nacht voll Licht

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Weit schwangen die Tore auf und diesmal betrat ich den Ballsaal mit Freude. Alle Blicke wendeten sich zu mir, als sie mich bemerkten.

Hunderte Augen musterten mich. Anerkennende Blicke, sich leicht neigende Köpfe.

Helle Meeresfarben strahlten um mich herum, denn es waren hauptsächlich Adelige aus Alayron anwesend.

Eigentlich wollte ich gleich zu Pyero eilen, aber es dauerte eine gute Stunde, bis ich zu ihm durch kam. Dutzende wollten mit mir reden, sich bei mir bedanken und ihre Anerkennung zeigen. Bei manchen war es ehrlich gemeint, doch ich war mir sicher, dass da auch so einige sich nur einschleimen wollten. Schließlich war ich nun die alleinige Erbin von Simaris, nachdem mein Bruder entmachtet war. Bald würde ich mich wieder in meine Heimat begeben und dort für Ordnung sorgen. Das Schloss wieder aufbauen, den Bauern und Bürgern helfen und die Rebellen, die das Land unrechtmäßig regierten, vertreiben.

Ich lächelte allen freundlich zu. Ich wollte höflich bleiben, auch wenn ich ihre Spielchen durchschaute.

Die meisten Gesichter waren mir unbekannt. Pyero hatte mir nur erklärt, dass viele seiner fernen Verwandten kommen würde und niedrigere Lords und Ladys aus der Umgebung. Alle, die es schaffen konnten in so kurzer Zeit das Schloss zu erreichen.

Endlich war ich durch mit allen Gästen. Es war anstrengender gewesen, als ich gedacht hätte. Mir war auch bewusst, dass solche Gespräche in Zukunft öfter auf mich zu kommen würden.

Ich war nicht länger die kleine Prinzessin, die sich vor ihrem Bruder versteckte.

Ich war eine Königin mit allen Pflichten und Rechten.

Und nun stand ich vor meinem freudestrahlenden König. Er unterhielt sich gerade mit Emis, die mich fest umarmte, als sie mich bemerkte.

"Ich wusste, dass du es schaffen würdest", begrüßte sie mich.

"Ich wäre so gerne bei deinem großen Moment dabei gewesen, aber man kann bekanntlich nicht alles haben. Vielleicht werde ich meinem lieben Neffen mal einen kleinen Besuch abstatten. Aber jetzt will ich euch nicht länger aufhalten. Na los Pyero schnapp sie dir und tanzt. Das habt ihr euch wirklich verdient."

Ich musste schmunzeln. Ja so war meine Tante.

Pyero ließ sich das nicht zwei Mal sagen. Er ergriff meine Hand und zog mich zwischen all die anderen tanzenden Menschen.

Die Musik war schnell und so wirbelte er mich gekonnt im Kreis herum. Wir lachten und hatten unglaublich viel Spaß. Es war so unbeschwert. Keine düsteren Gedanken hafteten auf mir und drückten meine Stimmung.

Stunde um Stunde verrann, doch das Fest wollte kein Ende nehmen. Bald war Mitternacht und es waren noch zu gut wie alle Gäste anwesend.

"die Feierlichkeiten werden mit Sicherheit Tage dauern", scherzte Pyero und ich gab ihm recht. Sie alle hatten auch genug Gründe, um ausgelassen zu sein.

Ich war hier die einzige, die in allem mehr als nur den Sieg über einen Tyrannen sah.

Es war mein Bruder gewesen. Doch alle Schuldgefühle, die ich anfangs empfunden hatte, waren wie weggeblasen bei dem Anblick, was durch mich nun möglich war.

Freiheit und Gerechtigkeit.

"Na komm, ich möchte dir etwas zeigen", flüsterte Pyero mir ins Ohr. Bereitwillig ließ ich mich von ihm aus dem Ballsaal ziehen. Die schweren Tore schlossen sich hinter uns und erstickten alle Geräusche. Angenehme Stille herrschte in den Gängen. Meine Ohren waren schon ganz taub von all der Musik.

"Wohin führst du mich?", fragte ich den Prinzen nach einigen Minuten.

"Das ist eine Überraschung."

Time to ReignWhere stories live. Discover now