Kapitel 6: Über den Dächern Lumres'

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Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, wie viele Tage ich in den Kerkern Nevarys verbracht hatte und auch nicht wie lange meine Ohnmacht angedauert hatte.

Das einzige was ich wusste, als ich die Augen aufschlug war, dass nun alles gut werden würde.
Es dauerte einige Minuten bis ich mir meiner Umgebung bewusst wurde.
Ich befand mich in einem großen hellen Gemach. Licht durchflutete das prunkvoll eingerichtete Zimmer, welches in Silber und Hellblau gehalten war.
Es passte perfekt zu der majestätischen Frau. Es musste eines ihrer Privatgemächer sein.
Ich richtete mich langsam in dem gigantischen Himmelbett auf und musste erst einmal tief durchschnaufen.
Die Bauchwunde tat höllisch weh. Ich konnte also nicht allzu lange geschlafen haben, wenn sie noch nicht am verheilen war.

Vorsichtig stand ich auf und humpelte zu einem Waschtisch über dem ein großer runder Spiegel plaziert war.
Ich tunkte mein Gesicht in das eiskalte Nass, welches sich in einer Schüssel vor mir befand und versuchte so richtig wach zu werden.
Als nächstes betrachtete ich mich in Spiegel und war überrascht wie normal ich doch aussah. Meine dunkelbraunen Haare waren nur leicht verwuschelt und ich war lediglich etwas blass und hatte leichte Augenringe und meinen leuchtend blauen Augen.

Schließlich begab ich mich nach draußen auf den großen Balkon und betrachtete die Stadt zu meinen Füßen. Kleine weiße Häuser standen dicht an dicht und schmiegen sich an die felsigen Klippen des Meeres.
Das Wasser des Ozeans glitzerte in der Morgensonne. Ich atmete die frische Meeresluft ein.
Endlich wusste ich wohin Nevary mich verschleppt hatte. Ich befand mich in der Hauptstadt Lumres von Alayron, dem Küstenstaat. Das Land der Fischer und Seefahrer grenzte im Osten an meine Heimat Nuvyenne.
Früher war ich oft hier in die Stadt direkt an den Ozean von Myron gekommen, wenn mein Vater Handel mit der Königsfamilie aus Alayron getrieben hatte.
Es schmerzte noch immer, wenn ich zurück an glücklichere Tage dachte.

Langsam bekam ich eine Ahnung um wen es sich bei der majestätischen Frau handeln musste.
Und just in diesem Moment trat sie in einem langen hellblauen schimmernden Gewand neben mich. Ihr dichtes blondes Haar glänzte in der Sonne.
"Es freut mich euch wohl auf zu sehen, Salira. Ich dachte schon mein Ehemann habe euch zu schwer verletzen lassen. Ich bedaure sehr, was in den Höhlen von Kail geschehen ist. Wenn ich mich noch einmal richtig vorstellen darf - mein Name ist Skylar von Alayron."

Ich nickte ihr freundlich zu und wollte etwas erwidern, aber meine Gedanken hingen immer noch an den Worten "Mein" und "Ehemann".

"Ihr seid die Frau von meinem Bruder?!"
Die Königin antwortete mit einer sehr monotonen Stimme. Sie versuchte ihre Angst und Trauer zu verbergen. "Wir können, wie ihr sicherlich wisst unsere Partner nicht wählen. Nevary und ich sind verheiratet, damit mein Volk weiter in Frieden leben kann. Ich tue nur das was ich muss. Es ist ganz sicher keine Freude mit einem Tyrannen vermählt zu sein. Aber das muss ich euch ja bestimmt nicht sagen. Ihr habt als seine Schwester ein wohl sehr viel schlimmeres los gezogen."

Ich fand es erstaunlich wie offen Skylar über Nevary und ihre Gefühle redete. Normalerweise versteckten Adelige und hoch angesehe Personen ihre wahren gegangen hinter einer undurchsichtigen Fassade aus Hochnäsigkeit und Eleganz.
In Skylar konnte ich womöglich eine gute Freunden finden mit sehr ähnlichen Interessen.

"Wir aus Nuvyenne bedauern alle den Tag, der unser Leben so drastisch veränderte. Der Tag an dem Nevary an die Macht kam und das Land in Trauer, Angst und Sklaverei trieb.
Ich bin froh euch so stark zu sehen Skylar. Euer Auftritt im alten Thronsaal war wahrlich bemerkenswert. Meinem Bruder fällt es in eurer Gegenwart bestimmt nicht so leicht seine tyrannischen Launen durchzusetzen", antwortete ich und legte dabei etwas Bewunderung in meine Worte.

"Und er wird sich noch sehr viel mehr ärgern, wenn er erfährt, was ich mit euch vorhabe." Skylar grinste schelmisch bevor sie fortfuhr.
"Was würde euren Bruder wohl am meisten ärgern...?"
Sie stellte zwar eine Frage, erwartete aber keine Antwort und sprach sofort weiter.
"Ich werde euch als Hauptfrau in meine Leibgarde einberufen. Ich habe gesehen wie ihr kämpft und ich muss sagen, trotz eures Zustandes war es erstaunlich.
Als Ritter habt ihr zwar nicht den Rang, welcher euch als Prinzessin von Nuvyenne eigentlich zusteht, aber es ist eine Chance für euch am Hof zu bleiben. Zusammen können wir dann an einem Plan zu der Stürzung des Tyrannen austüfteln.
Ich habe schon eine Rüstung und Kleidung für euch anfertigen lassen." Erwartungsvoll blickte sie aus ihren meerblauen Augen in meine eisblauen.

Für so raffiniert hätte ich sie nicht gehalten. Es war ein Meisterplan, den sie sich da überlegt hatte.
Es war grausam und genial zugleich mich am Hof zu behalten. Nevary würde schäumen vor Wut. Ich wäre so nah bei ihm und doch unerreichbar für ihn. Er würde mir in der Stellung als Ritter nichts antun können. Ich freute mich insgeheim schon auf seinen Blick, wenn ihm das nächste Mal gegenüber stehen würde.
Auch wenn ich etwas Angst vor dem Moment hatte, ich würde es mir nicht entgehen lassen es meinem Bruder heimzuzahlen.

Deswegen willigte ich ohne Zögern ein und konnte sehen, wie die Anspannung aus Skylas Körper wich und Erleichterung sich breit machte.

"Es ist wunderbar eine so starke Frau am Hof zu haben. Wir werden uns gut verstehen, das weiß ich jetzt schon", meinte sie zum Abschluss.

Sie informierte mich noch darüber, dass in wenigen Minuten ein paar Dienerinnen mit Kleidung kommen würden und verschwand dann mit bester Laune aus meinem neuen Gemach.

Ich blieb zurück und wusste nun endgültig dass die Zeit des Versteckens und Fürchtens vorbei war.

"Jetzt bin ich am Zug liebster Bruder", flüsterte ich mit einem Grinsen in den Wind. Ich hatte meinen alten Willen meinem Reich den Frieden zu bringen wiedergefunden.

Hallo ihr Lieben,
Ich habe euch oben mal eine Karte eingefügt, die ich heute gemalt habe, damit ihr euch das Land und die Orte besser vorstellen könnt.
Time to Reign wird zwar nur in Lumres spielen, aber es werden auch Menschen aus anderen Teilen von Agäa vorkommen.
Oberhalb von Lumres habe ich auch Valam eingezeichnet, das Dorf in dem Salira als Schmiedelehrling gearbeitet hat.

Ich wünsche euch noch einen schönen Abend
Eure Crissi

Time to ReignWhere stories live. Discover now